Chronologie Januar 2020

1. Januar: Leipziger Silvesternacht: Im Stadtteil Connewitz kommt es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Feiernden. In einer ersten Presseerklärung behauptet die Polizei, „eine Gruppe von Gewalttätern hat versucht, einen brennenden Einkaufwagen mitten in eine Einheit der Bereitschaftspolizei zu schieben.“ Ein Beamter sei so schwer verletzt worden, „dass er das Bewusstsein verlor und im Krankenhaus notoperiert werden musste.“ Die im November eingerichtete Soko Linx des Landeskriminalamts (LKA) Sachsen und die Staatsanwaltschaft ermitteln wegen Mordversuchs. Nach Medienrecherchen muss die Polizei am 3. Januar einräumen, dass es keine Notoperation gegeben hat und auch keine Lebensgefahr für den betroffenen Beamten bestanden hat. Auch die SPD-Ko-Vorsitzende Saskia Esken fordert nun eine öffentliche Aufklärung des Polizeieinsatzes und wird dafür heftig kritisiert. Am 6. Januar wird ein Video der betreffenden Szene öffentlich, aus dem hervorgeht, dass auch die Erklärung, dem Beamten sei der Helm vom Kopf gerissen worden, falsch war. Obwohl nun auch klar ist, dass es sich hier zwar um eine gewaltsame Aktion handelte, aber nicht um einen „orchestrierten Angriff“, hält die Staatsanwaltschaft an dem Vorwurf des Mordversuchs fest. Weitere Videos zeigen erhebliche Polizeigewalt gegen Unbeteiligte.

Von den zwölf Personen, die in der Nacht festgenommen wurden, sind die meisten bereits am Morgen des 1. Januars frei. Gegen vier Personen werden Haftbefehle erlassen. Davon bezieht sich keiner auf den angeblichen Mordversuch. Am 8. Januar findet ein erster Prozess gegen einen der in U-Haft sitzenden statt: Ein 27-Jähriger, der einem Polizisten ein Bein gestellt hat, wird im beschleunigten Verfahren zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Am 17. Januar tritt einer der Untersuchungsgefangenen in den Hungerstreik. Am 22. Januar wird er mit Meldeauflagen freigelassen.

Ebenfalls am 22. Januar wird bekannt, dass ein Twitter-Nutzer, den die Polizei in ihrer ersten Pressemitteilung namentlich genannt und beschuldigt hatte, schwerste Verletzungen von Polizist*innen zu rechtfertigen, vor dem Verwaltungsgericht Leipzig auf Richtigstellung klagt. Am selben Tag melden die Medien, dass sowohl jener Pressesprecher der Leipziger Polizei, der die Berichterstattung in der Silvesternacht zu verantworten hat und das Geschehen auch von seinem privaten Twitter-Account kommentiert hatte, als auch sein Kollege, der an diesem Abend nicht im Dienst war, entlassen werden.

1. Januar: Schusswaffengebrauch: Die Kripo Itzehoe ermittelt in einem Fall polizeilichen Schusswaffengebrauchs vom 31. Dezember in Elmshorn (Schleswig-Holstein). Laut Polizeimeldung haben Mitarbeiter der psychiatrischen Station eines Krankenhauses die Polizei zur Unterstützung im Umgang mit einem „zwangsweise untergebrachten, renitenten Patienten“ gerufen. Da der Mann die beiden Polizisten mit einem Messer bedroht, setzt einer der Beamten die Schusswaffe ein und schießt „dem aggressiven Gegenüber ins Bein“.

Am Abend des 5. Januar wird die Polizei in Geretsried (Bayern) gerufen, weil ein Mann in seiner Wohnung randaliere und laut Polizei mit einem Messer hantiere. Als in der Wohnung ein Feuer ausbricht, brechen die Beamt*innen laut Polizeimeldung die Tür auf. „Im Zusammenhang mit der Betretung kam es zu einem polizeilichen Schusswaffengebrauch gegen den 23-jährigen Tatverdächtigen.“ Der erleidet „mittelschwere Verletzungen“.

Am 10. Januar schießt ein Mann in Neubukow (MV) aus dem Fenster seiner Wohnung auf Passant*innen. Als er die Polizei im Umfeld der Wohnung wahrnimmt, kündigt er seinen Suizid an. Laut Polizeimeldung bedroht er die Beamten, die zu der Wohnung kommen, mit einem Messer. „Dieser Angriff wurde mit einem Schuss ins Bein des 35jährigen unterbunden.“

Am frühen Morgen des 11. Januar wird die Polizei in Bielefeld alarmiert, weil ein mit einem Messer bewaffneter Mann im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses randaliert. Laut Polizeimeldung schießt einer der eintreffenden Polizisten „aus noch näher aufzuklärenden Gründen“ den Mann ins Bein.

Am Abend des 13. Januar ruft eine 38-jährige Frau in Ebersbach (Baden-Württemberg) bei der Notrufzentrale der Polizei an und kündigt ihren Suizid an. Da die Frau den sofort alarmierten Streifenpolizisten nicht öffnet, wollen diese die Wohnungstür von der Feuerwehr öffnen lassen. Als die Frau die Tür doch plötzlich öffnet und die Polizisten mit einem Messer bedroht, machen diese von der Waffe Gebrauch und verletzen sie lebensgefährlich.

Am 18. Januar verfolgt die Polizei in Vaihingen an der Enz (Baden-Württemberg) einen 25-jährigen Autofahrer, der sich einer Kontrolle entzieht. Als der Mann eine Straßensperre umfährt, kann sich ein Polizist nur durch einen Sprung zur Seite retten und gibt dabei einen Schuss auf das Fahrzeug ab, was den Mann zunächst nicht an der Fortsetzung der Flucht hindert.

Am 23. Januar schießt die Polizei in Hermeskeil (Saarland) auf die Reifen eines Wagens, in dem zwei des Drogenhandels Beschuldigte fliehen wollen. Gegen einen dritten Mann setzen die Beamten den Taser ein.

Am 31. Januar bedroht ein Mann in Viernheim (Hessen) mehrere Personen mit einem Beil. Als eine Polizeistreife ihn im benachbarten Baden-Württemberg findet, schlägt der Mann laut Polizeibericht mehrmals mit dem Beil auf den Streifenwagen ein. Erst nachdem einer der Polizeibeamten zwei Schüsse auf ihn abgibt, sei der Mann gestoppt worden.

2. Januar: PKK-Verbot: Am Fernbahnhof Flughafen Frankfurt wird Gökmen Ç. von Beamten der Bundespolizei verhaftet. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt ihn der Mitgliedschaft „in der ausländischen terroristischen Vereinigung ‚Arbeiterpartei Kurdistans (PKK)‘“. Er habe zwischen April 2018 und Juni 2019 in der Organisation Aufgaben als Gebiets- und Regionsverantwortlicher wahrgenommen.

Am 15. Januar verurteilt der 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart einen „Gebietsverantwortlichen“ der PKK zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren

Laut Medienberichten vom 23. Januar beruft sich ein Kronzeuge in einem Verfahren gegen fünf mutmaßliche Mitglieder der PKK, das bereits seit April 2019 vor dem OLG Stuttgart läuft, auf sein Zeugnisverweigerungsrecht. Der Mann hatte bisher behauptet, dass er als PKK-Aussteiger im April 2018 von den Angeklagten entführt, beraubt und von drei maskierten und bewaffneten Männern misshandelt worden sei.

3. Januar: Neues Bundespolizeigesetz: Medien berichten, dass der Entwurf aus dem Bundesinnenministerium (BMI) eine erhebliche Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei vorsieht. Geplant sei u.a. ein vorbeugender Gewahrsam sowie der Einsatz von Gesichtserkennungssystemen bei der Videoüberwachung von 135 Bahnhöfen. Am 24. Januar wird berichtet, dass das BMI mittlerweile von den Plänen für diese biometrische Videoüberwachung abgerückt sei.

Am 29. Januar veröffentlicht netzpolitik.org eine Passage zur „Abwehr von Cyberangriffen“ aus dem Entwurf. Danach sollte die Bundespolizei auch die Befugnis zum „Hackback“ erhalten. Dieser Paragraf sei ebenfalls gestrichen worden, heißt es noch am selben Tag.

3. Januar: Rechte Polizist*innen: Die Süddeutsche Zeitung berichtet über die Antwort des Bayerischen Innenministeriums auf eine SPD-Anfrage Im Landtag. Danach sind aus den Jahren 2016-2019 zehn Fälle bekannt, bei denen gegen bayerische Polizist*innen wegen einer Straftat aus rechter Gesinnung ermittelt wurde.

Am 6. Januar kündigt die Staatsanwaltschaft Schwerin an, dass sie gegen das Urteil im Nordkreuz-Prozess in Revision gehen wird. Das Landgericht (LG) Schwerin hatte im Dezember ein ehemaliges Mitglied des Spezialeinsatzkommandos der Polizei von Mecklenburg-Vorpommern wegen illegalen Waffenbesitzes zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Der Polizist hatte eine führende Rolle in der rechten Chatgruppe „Nordkreuz“ gehabt.

Ebenfalls am 6. Januar teilt die Berliner Polizei mit, dass der Staatsschutz des LKA gegen einen 29-jährigen Polizisten ermittelt, der in einem Messenger-Chat eine rechtsextreme Kurznachricht verschickt hat.

Im Innenausschuss des Landtags Brandenburg erklärt Innenminister Michael Stübgen am 8. Januar, dass gegen die Cottbusser Bereitschaftspolizisten, die im Dezember vor einem rechten Grafitto posiert hatten, kein Ermittlungsverfahren läuft.

Laut einem NDR-Bericht vom 14. Januar gab es bei den Polizeien der norddeutschen Bundesländer seit 2014 mindestens 53 Fälle rechtsextremer Polizist*innen (24 Schleswig-Holstein, 10 Hamburg, 10 Mecklenburg-Vorpommern, 8 Niedersachsen, 1 Bremen). Die Zahl sei ungenau, da leichte Vergehen bereits nach einem Jahr gelöscht werden.

Laut einer am 17. Januar veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP ermittelte der Militärische Abschirmdienst (MAD) vom 1. Januar 2016 bis zum 29. November 2019 gegen 1.173 Soldaten, darunter 208 Offiziere, sowie 83 Zivilbedienstete der Bundeswehr wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus. 34 dieser Offiziere mussten sich vor dem Wehrdisziplinargericht verantworten.

3. Januar: Demo-Prozesse: Das Amtsgericht Nürnberg verwarnt (Geldstrafe zur Bewährung ausgesetzt) die Anmelderin einer Demonstration, die am 27. Juli 2018 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stattfand. Sie habe gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, indem sie eine amtliche Anordnung nicht beachtet und nicht verhindert habe, dass Papierflieger mit politischen Forderungen über den Zaun des Bundesamtes flogen.

Am 6. Januar beginnt vor dem Amtsgericht Leipzig das Verfahren wegen schweren Landfriedensbruchs gegen zwei Männer, die laut Anklage bei den Protesten gegen die Abschiebung eines Syrers am 9. Juli 2019 Flaschen und Steine auf Polizist*innen geworfen haben sollen. Am Ende dieses ersten Verhandlungstages präsentiert die Verteidigung ein Foto, auf dem ein Polizeizeuge, der auch an der Festnahme des einen Beschuldigten beteiligt war, mit Mitgliedern des rechtsextremen Imperium-Fightclubs zu sehen ist. Das Verfahren soll sich bis März hinziehen.

Am 10. Januar spricht das OLG Düsseldorf eine junge Frau frei, die bei Protesten im Hambacher Wald getrommelt hatte, als Böller gegen die Polizei geworfen worden waren. Das Amtsgericht Kerpen hatte die Frau, die ihren Namen gegenüber Polizei und Justiz nicht angab (deshalb: Unbekannte Person III, UP III), ursprünglich zu neun Monaten Haft ohne Bewährung wegen Beihilfe zur versuchten gefährlichen Körperverletzung verurteilt.

G20-Verfahren: Medien berichten über die Antwort des Hamburger Senats auf eine Anfrage der Linken. Danach wurden im Dezember 2019 bei der Hamburger Polizei 3.580 und bei der Staatsanwaltschaft 2.604 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel im Juli 2017 geführt. Durch die Öffentlichkeitsfahndung nach 413 Personen seien 135 Beschuldigte ermittelt worden.

Am Stichtag 8. Januar beläuft sich die Zahl der Ermittlungsverfahren gegen Polizist*innen im Zusammenhang mit dem Gipfel Anfang auf 169 Fälle. In 133 Fällen geht es um Körperverletzung im Amt.

Am 8. Januar beginnt vor dem Landgericht Hamburg der Prozess gegen die „drei von der Parkbank“: Zwei Männer und eine Frau waren am zweiten Jahrestag des Hamburger G20-Gipfels auf einer Bank in einem Hamburger Park mit vier Molotov-Cocktails im Gepäck festgenommen worden. Die beiden Männer blieben in U-Haft, die Frau erhielt Haftverschonung. Die Staatsanwaltschaft wirft den Dreien Verabredung zur schweren Brandstiftung vor. Am 21. Januar wird bekannt, dass einer der Angeklagten vor der Verhaftung über acht Monate hinweg observiert worden war, und dass auch die Frau seit der Festnahme am 8. Juli 2018 „die ganze Zeit“ überwacht wurde.

Beschwerden und Verfahren gegen Polizist*innen: Das NRW-Innenministerium präsentiert dem Innenausschuss des Landtags am 3. Januar den Bericht über die Beschwerden, die 2018 bei der Polizei eingegangen sind. Demnach gab es 4.149 Beschwerden (1,5 Prozent weniger als im Vorjahr). Nur sieben Prozent seien begründet gewesen. Drei Fälle haben zu disziplinarischen oder strafrechtlichen Konsequenzen geführt.

Vor dem Amtsgericht Harburg (Hamburg) beginnt am 8. Januar der Prozess wegen fahrlässiger Tötung gegen einen Polizisten, der im Mai 2018 bei einer Verfolgungsfahrt bei einer Geschwindigkeit von 125 km/h einen Fußgänger überfahren hatte.

Am 16. Januar erhebt die Staatsanwaltschaft Berlin Anklage wegen fahrlässiger Tötung und Gefährdung des Straßenverkehrs gegen einen 52-jährigen Polizisten, der am 29. Januar 2018 betrunken und mit hoher Geschwindigkeit mit seinem Streifenwagen einen Unfall verursachte, bei dem eine Frau starb.

Nachdem bereits das Strafverfahren gegen ihn eingestellt wurde, wird am 17. Januar der ehemalige Leiter der Sonderkommission Cold-Case der Hamburger Polizei auch im Disziplinarverfahren entlastet. Im Oktober 2018 war ein Angeklagter in einem Mordversuchsfall aus dem Jahre 1980 freigesprochen worden, weil die Ermittlungsgruppe Zeugen getäuscht bzw. mit einer Belohnung zur Aussage bewegt hatte. Ein Dienstvergehen sei nicht festgestellt worden.

Am 20. Januar reagiert die Bremer Polizei auf einen „Shitstorm“ auf Twitter: Sie entschuldigt sich bei einer Frau und eröffnet ein Disziplinarverfahren gegen einen Beamten, der die Anzeige der Frau, die eine Morddrohung im Internet gemeldet hatte, nicht ernstgenommen hatte.

Am 27. Januar teilt die Staatsanwaltschaft Erfurt mit, dass sie gegen zwei Gothaer Polizisten Anklage wegen gemeinschaftlichem sexuellen Missbrauch einer behördlich Verwahrten, sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung und gemeinschaftlicher Vergewaltigung im besonders schweren Fall erhoben hat. Die beiden Männer hätten am 28. September 2019 eine 32-jährige polnische Frau zunächst zur Identitätsfeststellung in Gewahrsam genommen und sie dann nach Hause gefahren, wo sie sie nacheinander vergewaltigt hätten. Gegen einen dritten Polizisten, der die beiden vor ihrer bevorstehenden Verhaftung gewarnt hatte, wird wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt.

Gefährder“: Laut Pressemeldungen vom 3. Januar hat ein im Innenministerium Baden-Württemberg angesiedelter Sonderstab in den zwei Jahren seiner Existenz die Abschiebung von 76 „gefährlichen Ausländern“ bewirkt. Es handele sich sowohl um Gefährder als auch um Intensiv- und Mehrfachtäter. Zusätzlich seien 24 Einreisen verhindert worden. Die Behörden gehen von rund 100 Gefährdern und 4000 Mehrfach- und Intensivtätern ausländischer Herkunft aus.

Das Bundesverwaltungsgericht hebt am 14. Januar die Abschiebeanordnung gegen einen in Deutschland geborenen 29-jährigen Mann mit türkischer Staatsangehörigkeit auf, den die niedersächsischen Behörden im April 2019 als Gefährder nach § 58a Aufenthaltsgesetz eingestuft hatten. Das niedersächsische Innenministerium will den Mann nun wegen seiner mehrfachen strafrechtlichen Verurteilungen ausweisen. Am 15. Januar wird der Mann erneut festgenommen, aber am Tag darauf wegen fehlender Fluchtgefahr wieder entlassen.

Am 17. Januar vermeldet das NRW-Innenministerium, dass die Zahl der „Gefährder“ im Bundesland von 264 im Jahre 2018 auf 211 im Jahre 2019 zurückgegangen sei. Davon seien 187 islamistische, 17 rechte, ein linker und sechs Gefährder*innen mit „ausländischer Ideologie“. Hinzu kommen 227 „relevante Personen“ (176 Islamist*innen, 21 linke, 15 rechte und weitere 15 mit „ausländischer Ideologie“).

5. Januar: Polizeiliche Todesschüsse: In Gelsenkirchen erschießt ein 23-jähriger Kommissarsanwärter einen 37-jährigen Mann. Nach Darstellung der Polizei soll der Mann zunächst mit einem Knüppel auf das Dach eines vor einer Wache geparkten Streifenwagens geschlagen und sich danach mit dem Knüppel und einem Messer den Beamt*innen genähert habe. Weil er nicht angehalten habe, habe der Polizist vier Schüsse auf den Mann abgegeben, der noch vor Ort gestorben ist. Da er angeblich „Allahu akbar“ gerufen hat, bewertet die Polizei seinen Angriff zunächst als Anschlag. In späteren Erklärungen heißt es, dass die Ermittler von einer „psychischen Erkrankung“ ausgehen.

Am frühen Morgen des 24. Januar alarmiert ein Mann im Berliner Stadtteil Friedrichshain die Polizei, weil seine Mitbewohnerin ihn bedrohe. Als die eintreffenden Beamten das Zimmer der 33-jährigen Frau öffnen, sei sie ihnen laut Polizeimeldung mit einem Messer „entgegengetreten“, worauf einer der Beamten einen Schuss abgegeben habe, der die Frau tödlich in den Oberkörper traf. Am 27. Januar rechtfertigt Polizeipräsidentin Slowik vor dem Innenausschuss des Abgeordnetenhauses den tödlichen Schusswaffengebrauch. Die Frau sei „den Beamten mit einem Messer entgegengetreten auf einer sehr nahen Distanz“, nämlich von etwa sechs Metern.

6. Januar: Polizeistrukturreform Berlin: Im Zuge der Reform nimmt im Berliner LKA eine zweite Staatsschutzabteilung (LKA 8) „Islamistischer Extremismus und Terrorismus“ die Arbeit auf. Ebenfalls neu eingerichtet ist eine Brennpunkt- und Präsenzeinheit (BPE), die an „kriminalitätsbelasteten Orten“ Präsenz zeigen soll. Die neue Einheit umfasst zunächst 65 Beamt*innen und soll bis April auf 125 anwachsen.

Abschiebungen: Gemäß der am 6. Januar veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken sind von Januar bis Oktober 2019 insgesamt 6.052 Personen in Begleitung von Beamt*innen der Bundespolizei oder der Länderpolizeien abgeschoben worden. Die Zahl der Abgeschobenen war 2015 auf 10.787 und 2016 auf 12.912 angestiegen und seitdem wieder zurückgegangen.

Am Abend des 15. Januars werden 37 Afghanen in einer Sammelabschiebung nach Kabul gebracht. Es ist der 31. Flug seit Beginn der Abschiebungen nach Afghanistan im Dezember 2016. Die Zahl der Betroffenen liegt nunmehr bei 837.

Am 18. Januar gelingt drei Personen die Flucht aus dem Abschiebeknast in Dresden. Zwei Tage später kündigen die Behörden eine Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen. Man sei davon ausgegangen, dass der fünf Meter hohe Zaun mit Übersteigeschutz nicht überwindbar sei.

Am 22.Januar werden vom Flughafen Leipzig 18 abgelehnte Asylsuchende nach Tunesien abgeschoben. Es ist die 13. Sammelabschiebung in den Maghreb-Staat.

7. Januar: Ermittlungen, Festnahmen und Verfahren gegen Dschihadisten: Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage hin erklärt, waren ihr im November 2019 insgesamt 122 Personen, davon 81 mit deutscher Staatsangehörigkeit, bekannt, die aus Syrien oder dem Irak zurückgekehrt waren und sich dort zumindest zeitweise dem IS angeschlossen hatten. 67 Rückkehrer*innen seien im Irak oder in Syrien an Kampfhandlungen beteiligt gewesen oder hätten sich dazu ausbilden lassen.

Nach einem am 10. Januar veröffentlichten Beschluss des OLG Frankfurt/M. muss ein verurteilter Anhänger des IS aus der U-Haft entlassen werden. Das Landgericht, das den Mann zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt hatte, hatte sich mit dem Protokoll der Verhandlung fünf Monate Zeit gelassen, obwohl es für die Revision relevant gewesen war.

Am 13. Januar verkündet das OLG Stuttgart ein Urteil gegen vier Syrer wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland (Al Nusra Front), Kriegsverbrechen und Mordes. Einer der Angeklagten erhält eine lebenslange Freiheitsstrafe, die andern werden zu Strafen zwischen drei und acht Jahren verurteilt. Nach Meinung des Gerichts waren sie 2013 an einem Massaker auf einer Müllhalde nahe der Stadt Rakka beteiligt, bei dem 19 Gefangene getötet wurden.

Am 14. Januar finden in Berlin sowie in mehreren anderen Bundesländern Durchsuchungen bei Männern tschetschenischer Herkunft statt, denen vorgeworfen wird, Ziele für einen späteren Anschlag ausgespäht zu haben. In Presseberichten wird u.a. eine Berliner Synagoge als mögliches Objekt genannt. Die fünf festgenommenen Beschuldigten werden noch am gleichen Tag wieder freigelassen. Laut der Generalstaatsanwaltschaft Berlin haben die Voraussetzungen für den Erlass von Haftbefehlen nicht vorgelegen. „Die bisherigen Ermittlungen haben die bestehenden Verdachtsmomente bislang nicht zum dringenden Tatverdacht erhärtet.“

Am 15. Januar schiebt die Türkei eine 30-jährige Deutsche und ihre beiden drei- und vierjährigen Söhne nach Deutschland ab. Die Frau, die 2013 mit ihrem damaligen Mann nach Syrien ausgereist war, wird am Flughafen verhaftet. Die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft wirft ihr Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (IS) und Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz vor.

Am 15. Januar beginnt vor dem OLG Frankfurt der Prozess gegen Mohamed A.G., dem die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt vorwirft, sich im Jahr 2013 in Syrien dem „Islamischen Staat“ angeschlossen und als sogenannter „Emir“ eine Einheit von mindestens 20 Kämpfern befehligt zu haben. Der Mann soll zudem „religionspolizeiliche Aufgaben“ wahrgenommen haben. 2015 kam er nach Deutschland zurück, seit November 2018 sitz er in U-Haft.

Am 17. Januar beantragen die beiden Verteidiger*innen im Prozess gegen Jennifer W. ihre Entpflichtung, weil gegen sie wegen Zitierens aus einer nicht-öffentlichen Verhandlung in einem anderen Verfahren ermittelt wird. Der Prozess, der seit April 2019 vor dem OLG München geführt wird, droht damit zu scheitern. Jennifer W., die sich dem IS in Syrien angeschlossen und einen IS-Kämpfer geheiratet hatte, ist des Mordes durch Unterlassung angeklagt. Das Paar soll ein fünfjähriges jesidisches Mädchen, das als Sklavin im Haus lebte, verdursten haben lassen.

Eine weitere von der Türkei abgeschobene IS-Anhängerin trifft am 17. Januar mit ihren beiden fünf bzw. zwei Jahre alten Kindern auf dem Flughafen Frankfurt ein, wo sie aufgrund eines Haftbefehls der rheinland-pfälzischen Generalstaatsanwaltschaft festgenommen wird. Die 29-Jährige war 2014 mit ihrem Ehemann nach Syrien ausgereist.

Am 24. Januar verurteilt das Kammergericht Berlin einen 32-jährigen Islamisten wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat zu fünf Jahren und vier Monaten Haft. Er soll 2016 gemeinsam mit anderen einen Anschlag auf ein Einkaufszentrum geplant, aber aus Angst von der Polizei entdeckt zu werden, die Pläne aufgegeben haben.

8. Januar: Lübcke-Mord: Im Falle der Erschießung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 2. Juni 2019 legt der Hauptverdächtige Stefan E. ein erneutes Geständnis ab, in dem er den 43-jährigen Neonazi Markus H. beschuldigt, unmittelbar an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Man habe Lübcke nicht ermorden, sondern mit der Waffe nur bedrohen wollen. Dabei habe sich aber ein Schuss gelöst. H. sitzt ebenfalls in U-Haft – und zwar wegen Beihilfe zum Mord. Am 15. Januar hebt der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof den Haftbefehl gegen Elmar J. auf, der die Tatwaffe besorgt haben soll. Am 27. Januar beschließt der BGH-Ermittlungsrichter die Verlängerung der U-Haft für Stefan E.

9. Januar: „Sturm auf Connewitz“: Auch im Januar werden die Prozesse wegen dem rechtsextremen Krawall vom 11. Februar 2016 fortgesetzt, bei dem Neonazis mit Eisenstangen, Knüppeln und Holzlatten Geschäfte, Bars und Wohnungen angegriffen und Autos demoliert hatten. Nachdem der suspendierte Justizbeamte Kersten H. am 9. Januar nicht zum Prozess erscheint, erlässt das Amtsgericht Leipzig einen Haftbefehl gegen den wegen eines besonders schweren Falls von Landfriedensbruch Angeklagten. H. hatte nach den Krawallen noch fast drei Jahre in der Justizvollzugsanstalt Leipzig gearbeitet und soll dabei u.a. Kontakt zu einem inhaftierten Mitglied der Gruppe Freital gehabt haben. Bei einer Verurteilung zu mehr als einem Jahr Haft droht ihm der Entzug des Beamtenstatus. Drei Wochen später wird der Haftbefehl wieder ausgesetzt.

Am 12. Januar schlagen Steve G. und Benjamin S. den von der Staatsanwaltschaft angebotenen Deal für ein Geständnis (15-20 Monate auf Bewährung) aus. Nach Anhörung von Zeugen bleibt das Amtsgericht Leipzig am Tag darauf dennoch bei Strafen von 17 bzw. 19 Monaten auf Bewährung.

Am 13. Januar urteilt das Landgericht in der Berufung im Fall von Jens E. Weil der Mann nun geständig sei und den Schuldspruch anerkenne, reduziert das Gericht die Strafe von 18 auf 16 Monate und setzt sie zur Bewährung aus.

11. Januar: „Clan-Kriminalität“: Mehrere Hundert Einsatzkräfte von Polizei und Bezirksämtern führen von 9.30 Uhr bis 1 Uhr in der Nacht einen „Schwerpunkteinsatz zur Bekämpfung krimineller Strukturen“ in den Berliner Bezirken Kreuzberg und Neukölln durch. Allein rund um das Kottbusser Tor werden 17 Lokale kontrolliert. Diverse gewerberechtliche Verstöße werden festgestellt. In Neukölln wird eine Shisha-Bar geschlossen. Zudem werden 158 Autos kontrolliert.

Im Rahmen der landesweiten „Null-Toleranz-Strategie gegen Clan-Kriminalität“ durchsuchen Polizei, Zoll und Ordnungsämter am 17. Januar diverse „Objekte“, u.a. Shisha-Bars, in Nordrhein-Westfalen. Insgesamt 41 Strafanzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten – unversteuerter Tabak und Kaffee, Verstöße gegen Rauchverbote etc. – werden gestellt. Eine per Haftbefehl gesuchte Person wird festgenommen.

Im Berliner Stadtteil Wedding durchsuchen Polizist*innen am 18. Januar 14 Friseurläden. Drei Personen werden wegen unerlaubten Aufenthalts festgenommen, zwei Läden geschlossen. In zehn weiteren Läden werden Verstöße gegen das Steuerrecht, das Rauchverbot sowie gegen das Datenschutzgesetz festgestellt. Laut einem Polizeisprecher spiele auch eine Verbindung zum „Clan-Milieu“ eine Rolle.

Rechte Demos und Gegendemos: Das Bundesverfassungsgericht weist am 11. Januar einen Eilantrag der „Pegida München“ ab und stützt damit eine Entscheidung der Hamburger Versammlungsbehörde. Die extrem rechte Gruppierung hatte eine Kundgebung gegen die „Rote Flora“ in nur 20 Metern Entfernung des linken Zentrums durchführen wollen. Die Versammlungsbehörde hatte auf einem Abstand von einem Kilometer bestanden und dies mit einer Gegenmobilisierung der linken Szene und möglichen Gewalttätigkeiten begründet.

In Magdeburg folgen am 17. Januar 850 Menschen dem Aufruf von Fridays for future und des Bündnisses Solidarisches Magdeburg und demonstrieren gegen eine rechten „Gedenkmarsch“ anlässlich des Jahrestags der Bombardierung der Stadt im Jahre 1945. An dem Marsch nehmen laut Polizei 150 Personen teil.

Am 18. Januar demonstrieren in Marl rund 500 Personen gegen den Parteitag der nordrhein-westfälischen AfD.

Am 20. Januar untersagt das Kreisverwaltungsreferat München eine für den 24. Januar geplante Pegida-Demo vor der Münchner Synagoge. Die Demo gegen Beschneidungen darf nur in räumlicher Distanz stattfinden. Nach Protesten und einer angekündigten Menschenkette rund um das jüdische Zentrum sagt Pegida München zwei Tage vor dem geplanten Kundgebungstermin seine Versammlung ab. Am 24. Januar zeigen über 2000 Menschen mit einer Kundgebung vor der Synagoge ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde.

13. Januar: Analyse-Software: Das LKA Nordrhein-Westfalen entscheidet sich wie zuvor Hessen für ein System zur Datenbankübergreifenden Analyse und Recherche der US-Firma Palantir. Im 4. Quartal des Jahres soll der Testbetrieb und 2021 der Vollbetrieb starten.

Am 16. Januar präsentiert das LKA Niedersachsen eine von eigenen Spezialist*innen entwickelte Software, die mit Hilfe Künstlicher Intelligenz in großen sichergestellten Datenmengen kinderpornographisches Material selektieren soll. Die Software wird allen Polizeiinspektionen des Landes für eine einjährige Pilotphase zur Verfügung gestellt.

Verfassungsschutz: Die AfD reicht am 13. Januar beim Verwaltungsgericht Köln zwei Klagen gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ein, mit denen sie die Einstufung ihrer Jugendorganisation Junge Alternative sowie des „Flügels“ als „Verdachtsfall“ angreift. Die Partei lässt sich bei ihrer Klage von der Kölner Kanzlei Höcker vertreten, der sich auch der Ex-BfV-Chef Hans-Georg Maaßen angeschlossen hat.

Laut Medienberichten vom 15. Januar schätzt das BfV die Zahl der Salafisten in Deutschland auf 12.150. Im letztjährigen Verfassungsschutzbericht war das Amt noch von 11.300 ausgegangen.

Ebenfalls am 15. Januar verabschiedet die Hamburger Bürgerschaft mit den Stimmen von SPD, Grünen, CDU und AfD eine Änderung des Verfassungsschutzgesetzes. Sie enthält eine neue Formulierung der Regelung über V-Leute und Verdeckte Mitarbeiter*innen und ermöglicht ferner die Speicherung der Daten von Minderjährigen ab dem 12. Lebensjahr.

Laut den Antworten des Hamburger Senats vom 22. Januar auf eine Kleine Anfragen der CDU überwacht das Landesamt für Verfassungsschutz das schiitische Islamische Zentrum Hamburg, das eine Gedenkveranstaltung für den durch eine US-Drohne ermordeten iranischen General Ghassem Soleimani organisiert haben soll.

Am 24. Januar legt das NRW-Innenministerium dem Landtag seinen zweiten Lagebericht Salafismus. Jede*r vierte der 3.000 Salafist*innen des Landes sei „gewaltorientiert“. 2018 seien aber keine Dschihad-Ausreisen mehr registriert worden.

Angriffe auf Polizist*innen: Vor dem Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses erklärt Innensenator Andreas Geisel am 13. Januar, dass die Zahl der Angriffe auf Polizist*innen an Silvester gegenüber dem Vorjahr gesunken sei. Bei 47 Angriffen seien 24 Beamt*innen verletzt worden. Insgesamt sei die Zahl der Gewalttaten gegen Polizist*innen 2019 leicht auf rund 7000 gestiegen, sagt auch Polizeipräsidentin Barbara Slowik, das seien 19 Fälle pro Tag. Der Innensenator wiederholt die Darstellung am 16. Januar vor dem Plenum des Abgeordnetenhauses, wo er vom linken Koalitionspartner korrigiert wird. Tatsächlich ist die Zahl der erfassten Straftaten gegen Polizist*innen 2019 um 300 auf 6.650 gesunken. 5.500 beziehen sich dabei auf Widerstand und den 2017 neu eingeführten Straftatbestand des „tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte“.

In Berlin-Neukölln wird am 15. Januar ein Streifenwagen der Polizei von einem aus dem 6. Stock geworfenen Viertel Laib Käse beschädigt.

Wie das niedersächsische Innenministerium in einer am 22. Januar veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der AfD angibt, seien seit 2013 insgesamt 111 Messerangriffe auf Polizist*innen des Landes registriert worden.

Am 22. Januar trifft sich die Spitze der Gewerkschaft der Polizei mit den neuen SPD-Vorsitzenden und übergibt dabei ein Papier, in dem von einer um 40 Prozent gestiegenen Zahl der Fälle von Widerstand und tätlichen Angriffen auf Polizist*innen die Rede ist. Tags darauf muss die GdP per Twitter einräumen, dass ihre Darstellung falsch ist.

Am 23. Januar erklärt die Bremer Innenbehörde, dass es in dem Bundesland 2019 insgesamt 945 Straftaten (inkl. Beleidigung) gegen Polizei- und Rettungskräfte (2018: 776) gegeben habe. Die Steigerung sei u.a. der gewachsenen Anzeigebereitschaft und der 2017 ausgeweiteten Strafbarkeit geschuldet.

Ebenfalls am 23. Januar verurteilt das Amtsgericht Senftenberg (Brandenburg) einen Mann wegen Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zu drei Jahren Haft. Beim Senftenberger Hafenfest im August 2019 hatte er einem Polizisten, der einen Streit schlichten wollte, mehrere Zähne teilweise ausgeschlagen

Bei einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt werden Polizeibeamte in der Nacht auf den 23. Januar in Neunkirchen/Saar von einem alkoholisierten 38-jährigen Mann mit einer Pistole beschossen, bleiben aber unverletzt. Der Mann kann nach kurzer Flucht festgenommen werden.

14. Januar: Amri-Ausschuss: In einem Schreiben an den Bundestagsuntersuchungsausschusses zur Aufklärung des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 räumt die Bundesregierung ein, dass ein Beamter des BfV regelmäßig als Regierungsvertreter an den Ausschusssitzungen teilnimmt, obwohl er selbst als Zeuge benannt werden könnte. Er war mit mehreren Kontaktpersonen von Anis Amri befasst. Am 16. Januar befasst sich der Ausschuss erneut mit der Kontroverse zwischen dem BKA und dem nordrhein-westfälischen LKA über die Glaubwürdigkeit des V-Mannes des LKA, der immer wieder vor Anis Amri gewarnt hatte. Am 30. Januar sagt zum einen die ehemalige Leiterin der Staatsschutzabteilung des Berliner LKA aus, aus heutiger Sicht sei sie der Meinung, dass ihre Behörde sich im Umgang mit Amri falsch verhalten habe. Zum andern berichten zwei Bundespolizistinnen über den gescheiterten Ausreiseversuch von Anis Amri im Sommer 2016.

DNA-Massentest: Nach einer ersten DNA-Reihenuntersuchung, an der im Juli rund 300 Männer teilnahmen, bietet die Polizei am 14. Januar erneut rund 700 Männer aus Parchim (MV) zum Speicheltest auf, um die Vergewaltigung einer Frau im Februar 2019 aufzuklären

BVerfG-Verhandlung über den BND: Am 14. und 15. Januar findet vor dem Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts die Verhandlung über das BND-Gesetz, genauer: die sogenannte Ausland-Ausland-Aufklärung durch den Auslandsgeheimdienst statt. Geklagt hat ein Bündnis aus Journalist*innen- und Bürgerrechtsorganisationen. Zur Debatte steht u.a. die Frage, ob der BND die (deutschen) Grundrechte auch im Ausland beachten muss und ob diese auch für Nicht-Deutsche gelten.

16. Januar: Linksunten: Rund zweieinhalb Jahre nach dem Verbot durch den damaligen Bundesinnenminister De Maiziere und kurz vor Beginn des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht stellen Unbekannte die bis zum Verbot der Internet-Plattform Linkunten.indymedia.org erschienen Artikel wieder ins Netz.

Bei einer Demonstration gegen das Verbot der Internet-Plattform und für die Verteidigung der Pressefreiheit kommt es am 25. Januar in Leipzig zu Auseinandersetzungen eines Teils der Demonstrierenden mit der Polizei. Am 27. Januar teilt die Polizei mit, dass alle sechs festgenommenen wieder frei seien. Gegen sie werde aber weiter u.a. wegen Landfriedensbruchs, Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt.

Am 29. Januar weist das Bundesverwaltungsgericht die Klage der fünf Freiburger ab, denen das Bundesinnenministerium 2017 die vereinsrechtliche Verbotsverfügung gegen die Linksunten-Plattform zugestellt hatte und deren Wohnungen damals durchsucht wurden. Während die Kläger argumentieren, dass Linksunten kein Verein sei und sie auch nicht dessen Mitglieder, entscheidet das Gericht, dass es sich bei der Plattform um einen Verein im Sinne des Vereinsgesetzes handele. Die Gründe für das Verbot überprüft das Gericht jedoch nicht, weil dazu nur dessen Vertreter des Vereins klageberechtigt seien. Die Anwält*innen der Kläger kündigten eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht an. Die Plattform bleibt damit weiter verboten.

17. Januar: Cybergrooming: Der Bundestag beschließt eine Strafrechtsänderung, mit der das Ansprechen im Internet zur Anbahnung sexueller Kontakte auch dann strafbar ist, wenn am anderen Ende nicht ein Kind, sondern ein*e verdeckte*r Ermittler*in der Polizei sitzt. Ferner wird den Ermittler*innen erlaubt, künstlich hergestelltes kinderpornographisches Material bei verdeckten Aktionen auf Tauschbörsen im Internet anzubieten.

129b-Verfahren gegen Tamil Tigers: Vor dem OLG Stuttgart beginnt ein Verfahren gegen 66-jährigen Tamilen, dem die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vorwirft, Mitglied in einer terroristischen Auslandsvereinigung, nämlich der „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) zu sein.

In einem anderen Verfahren verurteilt das OLG Stuttgart am 20. Januar einen 40-jährigen Tamilen wegen Beihilfe zum Mord und Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung zu sechs Jahren und zehn Monaten Haft. Er sei 15 Jahre lang Mitglied der Tamil Tigers (LTTE) gewesen und habe den Attentätern entscheidende Hinweise für den Anschlag auf den damaligen Außenminister Sri Lankas im Jahre 2005 gegeben.

Am 28. Januar gibt das OLG Stuttgart die Eröffnung eines weiteren Verfahrens wegen LTTE-Mitgliedschaft gegen einen 50-jährigen Tamilen bekannt.

Rechtsextremistische Vereinigungen: Nach 115 Verhandlungstagen verurteilt das Landgericht Dresden am 17. Januar sechs Mitglieder der „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, schwerem Landfriedensbruch u.a.m. zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und zehn Monaten und sechs Jahren. Nach Überzeugung der Anklage haben sich die Frau und die fünf Männer im August 2015 an Krawallen vor einer Flüchtlingsunterkunft in Heidenau und an weiteren Angriffen auf Ausländer*innen beteiligt. In bisherigen Prozessen wurden bereits fünf Mitglieder der FKD verurteilt, ein weiteres Verfahren gegen drei Unterstützer läuft seit 2018.

Am 23. Januar sagt der Präsident des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz Gordian Meyer-Plath als Zeuge vor dem OLG Dresden aus. Acht Mitglieder der „Revolution Chemnitz“ werden der Bildung einer terroristischen Vereinigung beschuldigt. Meyer-Plath bestätigt, dass der Anführer der Gruppe, Christian K., sich aus der Haft heraus als V-Mann angeboten habe, aber als „unzuverlässig“ abgelehnt worden sei. K. habe sich bereits 2006 kurzzeitig an einem Aussteigerprogramm des Landesamtes beteiligt. Meyer-Plath verweigert die Antwort auf die Frage, ob K. oder die Mitangeklagten abgehört worden seien.

Am 23. Januar verbietet das Bundesinnenministerium die Gruppe „Combat 18“. In Thüringen, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz durchsuchen 200 Polizist*innen vor allem Wohnungen von Vertretern der Organisation.

19. Januar: Libyen-Konferenz: Zum Schutz der Libyen-Konferenz, an der auch der türkische Präsident Recep Erdoǧan teilnimmt, hat die Berliner Polizei 4.600 Polizist*innen im Einsatz

21. Januar: Videoüberwachung: Der Dortmunder Polizeipräsident ordnet die Überwachung eines von vielen Neonazis bewohnten Straßenzugs im Stadtteil Dorstfeld an. Nach dem Landespolizeigesetz darf die Polizei eine Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten einrichten.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (Lüneburg) berät ebenfalls am 21. Januar über die Rechtmäßigkeit von Überwachungskameras in Hannover. Das Verwaltungsgericht hatte 2016 in der ersten Instanz die Abschaltung von 56 der damals 78 Kameras der Polizeidirektion verlangt. Acht dieser Kameras will die Polizei weiter einsetzen. Das Verfahren soll an einem weiteren Termin fortgesetzt werden.

22. Januar: Telekommunikationsüberwachung: Das Bundesamt für Justiz veröffentlicht die Statistik der Telekommunikationsüberwachung für 2018. Überwachungsmaßnahmen gab es in 5.104 Verfahren (9 Prozent weniger als im Vorjahr). Insgesamt ergingen 19.474 Überwachungsanordnungen, davon 15.787 Erstanordnungen und 3.687 Verlängerungen. Von den 22.514 Anlassstraftaten waren 7.846 Delikte nach dem Betäubungsmittelgesetz. Ebenfalls vorgelegt wird die Statistik der Erhebung von Verkehrsdaten, in der aber die Angaben aus Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen fehlen. In den anderen elf Bundesländern und seitens der Bundesanwaltschaft ergingen 2018 in 7.447 Verfahren 8.282 Erst- und 27 Verlängerungsanordnungen für Funkzellenabfragen (§ 100g Abs. 3 StPO).

Räumung: Nachdem die Argenta AG aus München Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt hat, räumt die Polizei am 22. Januar, sechs Tage nach der Besetzung, drei Häuser in Dresden-Neustadt. Sechs der 21 Besetzer*innen werden vorläufig festgenommen, weil sie ihre Identität nicht offenlegen wollen. Demonstrant*innen dürfen sich am Nachmittag nur auf dem Trottoir auf der anderen Straßenseite aufhalten. Am Abend kommt es erneut zu einer Spontandemo, gegen die die Polizei Tränengas einsetzt.

Präventive Grossrazzia im Ankerzentrum: 300 Polizist*innen aus ganz Unterfranken sowie aus der Bayerischen Bereitschaftspolizei sind am 22. Januar an einer „präventiven Kontrollaktion … zur Verhütung von Straftaten und Ordnungsstörungen“ im Ankerzentrum in Geldersheim bei Schweinfurt beteiligt, in dem derzeit rund 600 Asylsuchende untergebracht sind. Die Polizei stellt mehrere Verstöße gegen die Hausordnung fest. Sie zeigt zwei Personen, die sich „unrechtmäßig“ in dem Zentrum aufhalten, wegen Hausfriedensbruchs und zwei weitere wegen geringer Mengen Drogen an. Drei Personen werden aufgrund bestehender Haftbefehle verhaftet.

24. Januar: Polizeihilfe für Saudi-Arabien: Medien berichten, dass die Bundespolizei die nach der Ermordung des Journalisten Jamal Kashoggi unterbrochene Ausbildungshilfe für den saudischen Grenzschutz noch im Januar mit acht Trainern wieder aufnimmt. Fünf weitere Bundespolizisten koordinieren den Einsatz von einem Büro in Riad aus.

30. Januar: Nationalität von Verdächtigen: Nachdem bereits die Nachbarländer Hamburg und Brandenburg in Pressemitteilungen regelmäßig die Staatsangehörigkeit der Verdächtigen nennen, ändert auch die Polizei Mecklenburg-Vorpommerns ihre Pressepolitik.

Beitragsbild: Die Bundespolizei bei der Tetris Challenge (Bundespolizei).

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