Archiv der Kategorie: CILIP 129

Mythos Clankriminalität (August 2022)

Rassistische Razzien – Wie Neuköllner Null-Toleranz Verdrängung fördert

von Melly Amira und Jorinde Schulz

Der aus rechter Ecke lancierte politische Kampfbegriff der „Clankriminalität“ befeuert eine rassistische Debatte, die rabiate und schikanöse Kontrolleinsätze von Polizei und anderen Behörden legitimiert. Für die Betroffenen hat das weitreichende Konsequenzen – ein Bericht aus Neukölln. Rassistische Razzien – Wie Neuköllner Null-Toleranz Verdrängung fördert weiterlesen

Transnationales Abschieberegime – Europäische Grenzexternalisierung und ihre Folgen

von Reta Barfuss und Charlotte Vöhl

Europa lagert nicht nur Grenzen, sondern auch Abschiebungen aus. Am Beispiel von Marokko und Algerien beleuchtet der folgende Artikel Abschiebepraktiken von Drittstaaten vor dem Hintergrund der Auslagerung europäischer Migrationskontrolle.

Europäische Migrationskontrolle erfolgt nicht nur an den europäischen Außengrenzen, sondern bereits weit vor dem Transnationales Abschieberegime – Europäische Grenzexternalisierung und ihre Folgen weiterlesen

Clankriminalität und Migrationsrecht – Eine Sache des Ermessens

von Karsten Lauber

Mit Restriktionen auf dem Arbeitsmarkt und für den Bildungszugang verdeutlichte die westdeutsche Verwaltung nicht wenigen der Geflüchteten die Perspektivlosigkeit ihres Lebens in Deutschland.

Die Clankriminalität bietet sich als idealtypisches Modell für eine Vielzahl kriminologischer Analysen an.[1] Auffällig ist jedoch bis Clankriminalität und Migrationsrecht – Eine Sache des Ermessens weiterlesen

Pauschaler Verdacht – Traditionslinien des Antiziganismus

von Guillermo Ruiz und Tobias von Borcke

Diskurs und polizeiliche Praxis der Bekämpfung von „Clankriminalität“ betreffen auch Sinti und Roma in besonderem Maße. Die mediale und polizeiliche Ethnisierung von Kriminalität und das Konstrukt „krimineller Großfamilien“ ist Ausdruck eines tiefsitzenden Antiziganismus in Polizei und Gesellschaft.

Sowohl in den Medien wie auch in Ermittlungspraxis und öffentlicher Kommunikation der Polizei werden Sinti und Roma oft Pauschaler Verdacht – Traditionslinien des Antiziganismus weiterlesen

Zwischen Alltagskriminalität und Feindstrafrecht – „Clankriminalität“ in der Praxis der Strafverfolgung

Interview mit Ulrich von Klinggräff

Der Berliner Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff ist seit Jahrzehnten als Strafverteidiger tätig und vertritt dabei immer wieder auch Mandanten, die von Justiz, Politik und Medien sog. „Clans“ zugerechnet werden. Das Interview führte Benjamin Derin. 

„Clankriminalität“ ist derzeit in aller Munde, und man könnte den Eindruck gewinnen, die Kriminalitätslandschaft in deutschen Großstädten bestünde nur noch aus diesem Bereich – welche Rolle spielt das Phänomen aus Einschätzung eines Strafverteidigers im Alltag tatsächlich? Zwischen Alltagskriminalität und Feindstrafrecht – „Clankriminalität“ in der Praxis der Strafverfolgung weiterlesen

Der administrative Ansatz – Behördliches Vorgehen gegen „Clankriminalität“

von Felix Rauls

Keine Woche vergeht ohne Razzien und „Verbundeinsätze“ in Shisha-Bars, Barber-Shops und Wettbüros, die in den Kontext zu „Clankriminalität“ gesetzt werden. Ihnen liegt der administrative Ansatz zugrunde, mit dem (Sicherheits-)Behörden gegen unliebsame Gruppierungen vorgehen.

In diesem Beitrag wird der Begriff „Clankriminalität“ in Anführungszeichen verwendet, da er einerseits nicht einheitlich Der administrative Ansatz – Behördliches Vorgehen gegen „Clankriminalität“ weiterlesen

Werte- und Menschenrechtsbildung für Polizist*innen? – Analyse der Handlungsempfehlung für die Polizei NRW

von Emanuel John und Nanina Marika Sturm

Rechtsextremes Gedankengut und Chatgruppen innerhalb der Polizei, in denen menschenfeindliche oder rassistische Parolen, Codes oder Symbole verbreitet werden, haben politisch Verantwortliche zum Handeln gezwungen. Das Innenministerium Nordrhein-Westfalens hat nun Handlungsempfehlungen vorgelegt, die sich auch auf die Polizeiausbildung erstrecken.

Dienstherren und Öffentlichkeit erwarten von Polizist*innen eine Einstellung, die der freiheitlichen demokratischen Grundordnung Werte- und Menschenrechtsbildung für Polizist*innen? – Analyse der Handlungsempfehlung für die Polizei NRW weiterlesen

Redaktionsmitteilung

Wer dieser Tage in die Zeitung schaut, könnte meinen, das Abendland sei wieder am Untergehen. In NRW behauptet die Justizministerin, kriminelle Clans stünden „über dem Recht“. In Essen seien nach einer Schlägerei von ein „paar hundert Arabern“ die „Anwohner angewidert“ und der „deutsche Staat“ machtlos, weiß die WELT. Weil dies die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetze, verfolgt der Innenminister von NRW eine „Null-Toleranz-Strategie“. Auch der Bundesinnenministerin machen Clans „viel Sorge“, denn sie störten „Familien mit Kindern“ (keine Clans) bei ihren Freibadbesuchen. Redaktionsmitteilung weiterlesen

Mythos „Clankriminalität“: Die Ethnisierung von Kriminalität

von Tom Jennissen und Louisa Zech

„Clankriminalität“ bestimmt die aktuellen öffentlichen Debatten um Kriminalität. Die gesonderte Erfassung bestimmter Bevölkerungsgruppen durch die Behörden führt zur Ethnisierung von Kriminalität und geht mit rassistischen Kontrollpraktiken sowie der Auf­weichung rechtsstaatlicher Grundsätze einher.

Seit dem Jahr 2018 ist die sog. „Clankriminalität“ ein vielbeachtetes Thema. In Medienberichten wird teils in martialischer Sprache etwa vom „Schlag gegen die Schattenwelt der Clans“[1] und Großrazzien in Shisha-Bars, Cafés, Barber-Shops u. a. berichtet. Für die Politik ist es ein Thema, mit dem sich Wahlkampf betreiben lässt: So stellte Nordrhein-Westfalens (NRW) Innenminister Herbert Reul das Lagebild Clankriminalität für sein Bundesland in diesem Jahr nicht wie üblich im August vor, sondern bereits im April – pünktlich vor der Landtagswahl in NRW am 15. Mai 2022.[2] Der damalige Kanzlerkandidat Armin Laschet warb kurz vor der Bundestagswahl im September 2021 in einem Besuch in Berlin-Neukölln für die Bekämpfung von „Clankriminalität.“[3] Aber auch Berliner Lokalpolitiker*innen lassen es sich nicht nehmen, sich über das Thema immer wieder in Szene zu setzen. Dies gilt insbesondere für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und den Neuköllner Stadtrat Falko Liecke (CDU). Mythos „Clankriminalität“: Die Ethnisierung von Kriminalität weiterlesen

„Clankriminalität“ in Lagebildern – Unklare Definitionen, eindeutiger Rassismus

von Michèle Winkler und Levi Sauer

Mit großem Tamtam werden seit einigen Jahren polizeiliche Lagebilder zur sogenannten „Clankriminalität“ präsentiert. Darin genannte Zahlen bestimmen die Headlines der Boulevardblätter. Wie die Zahlen zustande kommen und was noch in den Berichten steht, findet kaum Beachtung. Dabei wäre das bitter nötig.

„Als Clan-Kriminalität wird eine Form der organisierten Kriminalität […] bezeichnet“. So beginnt der deutschsprachige Wikipedia-Eintrag mit der Überschrift „Clan-Kriminalität“ und benennt damit eine verbreitete Vorstellung zum Thema. Auch die großen deutschen Tageszeitungen und Boulevardblätter nutzen die Begriffe „Clankriminalität“ und Organisierte Kriminalität (OK) nahezu synonym. Gleiches gilt für Innenminister*innen in Pressemitteilungen und Interviews. Als Bezugsgrößen für diese Gleichsetzungen halten oft die polizeilichen Lagebilder her. Doch die Polizei selbst fasst den Begriff viel weiter. „Clankriminalität“ in Lagebildern – Unklare Definitionen, eindeutiger Rassismus weiterlesen