EU plant Vorratsdatenspeicherung von Reisenden

Mit ihrem milliardenschweren „Maßnahmenpaket intelligente Grenzen“, für das sie am 28. Februar 2013 die Verordnungsentwürfe präsentierte, intendiert die EU-Kommission eine Vorratsdatenspeicherung aller jährlich ca. 269 Mio. Reisenden aus Nicht-EU-Staaten. Sie sollen beim Überschreiten einer Außengrenze in einem „Ein- und Ausreisesystem“ (EES) erfasst werden.[1] Ziel sei es, die Anzahl ausreisepflichtiger MigrantInnen genauer zu bestimmen. Gemäß Verordnungsentwurf geht es vor allem um „Overstayer“: legal eingereiste Personen, deren Visa abgelaufen sind.

Schon jetzt zeichnet sich allerdings ab, dass dieser Zweck nicht mehr im Vordergrund steht: Betont wird vielmehr der Nutzen der im EES zu speichernden Daten für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung. In einer Antwort auf eine Anfrage erklärt das Bundesinnenministerium (BMI), dass „bessere statistische Erkenntnisse zur Zahl der Overstayer allein die Einführung eines Ein-/Ausreisesystems nicht rechtfertigen können“.[2]

Gemäß dem Verordnungsentwurf der Kommission sollte erst zwei Jahre nach Inbetriebnahme des EES geprüft werden, wie das System „zur Bekämpfung terroristischer und anderer schwerer Straftaten beitragen“ sowie „ob und unter welchen Voraussetzungen“ ein Zugang zum Zweck der Strafverfolgung „gestattet werden könnte“ (Art. 46 Abs. 5). So lange wollen die Mitgliedstaaten nicht warten. Laut BMI habe sich eine Mehrheit „dafür ausgesprochen, von Anfang an einen Zugang zum EES zu Zwecken der Verhütung und Verfolgung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten vorzusehen.“ Schauplatz dieser Aussprache war die zuständige Ratsarbeitsgruppe, der „Strategische Ausschuss Einwanderung, Grenzen, Asyl“. Auf eine Umfrage der Präsidentschaft im Herbst 2013 antworteten zwanzig Mitgliedstaaten, die Strafverfolgung sei nach dem Vorbild des Visainformationssystems als ein „sekundärer Zweck“ des EES in der Verordnung zu verankern. Dafür plädiert auch die Berichterstatterin des Innenausschusses des EU-Parlaments, Renate Sommer (CDU): Das „teure System mit seiner riesigen Datenbank“ müsse von Beginn an effizient, sprich: polizeilich, genutzt werden.[3]

(Matthias Monroy)

[1]      KOM(2013) 95 endg. v. 28.2.2013; für „vertrauenswürdige Vielreisende“ ist ferner ein „Registered Traveller Programme“ vorgesehen, KOM(2013) 97 endg. v. 28.2.2013.

[2]     BT-Drs. 18/455 v. 6.2.2014

[3]     Ratsdok. 13617/13 v. 13.9.2013 und 14066/13 v. 1.10.2013