Archiv der Kategorie: CILIP 069

(2/2001) Polizei und Strafverfolgung in der EU

Summaries

The EU’s Police Policy Machinery after Amsterdam
by Heiner Busch
Within the European Union the machinery of justice and home affairs policies continues to operate completely devoid of any parliamentary control. The fixing of acquis‘ guarantees that all the decisions and institutions which have been created in the past can now only be further developed. There appears to be no democratic reverse gear. Summaries weiterlesen

Literatur

Zum Schwerpunkt

Europäisierung von Polizei, Justiz, Innerer Sicherheit – das waren in der Vergangenheit Schwerpunktthemen von CILIP, und sie werden es auch in der Zukunft bleiben. Wir geben im Folgenden nur einige Hinweise auf Veröffentlichungen aus den letzten beiden Jahren, die einige zentrale Aspekte beleuchten. Für ältere Veröffentlichungen verweisen wir auf eine von uns vor zehn Jahren erstellte Bibliographie und die Literaturhinweise in den CILIP-Schwerpunkten: Literatur weiterlesen

Chronologie

von Andrea Böhm

März 2001

02.03.: Zusammenarbeit bei der OK-Bekämpfung vereinbart: Bundesinnenminister Otto Schily und der slowenische Innenminister Rado Bohinc unterzeichnen ein bilaterales Abkommen zur Bekämpfung der „Organisierten Kriminalität“. Die Vereinbarung sichert eine engere Zusammenarbeit beider Staaten gegen Drogendelikte, Waffen- und Menschenhandel, Schleusung, Geldwäsche sowie Eigentumskriminalität.
Datenbank rechter Treffen eingerichtet: Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) kündigt den Aufbau einer zentralen Datenbank über Versammlungen von Rechtsextremen an. Darin sollen Informationen gesammelt werden, mit welchen Auflagen die Polizei Neonazi-Demonstrationen verhindern konnte und wie die Gerichte in aktuellen Entscheidungen ihre Spielräume nutzen.
MAEX-Einheiten werden aufgestockt: Der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns Gottfried Timm ordnet an, die Personalstärke der MAEX (Mobile Aufklärung Extremismus) in den Polizeidirektionen von fünf auf zehn zu verdoppeln.

07.03.: Polizeilicher Todesschuss in Köln: Ein 25-jähriger Türke bedroht an einer Ampel Polizisten einer Einsatzhundertschaft in ihrem Fahrzeug mit einer Gaspistole. Vier Beamte steigen aus und eröffnen das Feuer. Der Mann stirbt noch am Tatort. Laut Staatsanwaltschaft trafen drei der fünf Schüsse den Mann von vorne und zwei von hinten, darunter ein tödlicher Nackenschuss. Am 15.3. wird verlautbart, die Untersuchungen des Landeskriminalamts (LKA) Düsseldorf hätten ergeben, dass der tödliche Schuss den Mann von vorne traf. Chronologie weiterlesen

Das Hintertürchen des Nichtwissens – Was Regensburger BürgerInnen über die Videoüberwachung in ihrer Stadt wissen und denken

von Gabriele Klocke & Studiengruppe

Regensburg ist seit Juni 2000 Schauplatz eines Pilotprojekts. Sieben Plätze in der Innenstadt werden von der Polizei videoüberwacht. Eine PassantInnen-Befragung im Rahmen eines Studienprojekts brachte nun erstaunliche Ergebnisse: Die Interviewten wissen zwar kaum etwas über Standorte und polizeiliche Nutzungsweise der Kameras, sprechen sich aber trotzdem in großer Mehrheit für die Überwachung aus.

Auf sieben Plätzen der Regensburger Innenstadt findet sich seit dem 1. Juni letzten Jahres ein Schild mit der Aufschrift: „Sehr geehrte Bürger/-innen! Dieser Platz wird von der Polizei zu Ihrer Sicherheit mit einer Videokamera überwacht.“ Die zum Pilotprojekt gehörenden neun Kameras stehen da schon lange. Sie sind Teil des Überwachungssystems, das die Regensburger Verkehrsbetriebe (RVB) seit den 70er Jahren zur Beobachtung des Verkehrsaufkommens nutzen, und gehören diesen, wie ein RVB-Mitarbeiter am Telefon klarstellte, auch weiterhin. Die Polizei darf sie nur kostenlos mitbenutzen. Das Hintertürchen des Nichtwissens – Was Regensburger BürgerInnen über die Videoüberwachung in ihrer Stadt wissen und denken weiterlesen

Demonstrationsbeobachtungen – Politisch-polizeiliche Eskalation gegen Demonstrationen

von Elke Steven

Die Demonstrationsbeobachtungen des Komitees für Grundrechte und Demokratie begannen 1981 in Brokdorf. Seitdem hat das Komitee immer wieder das Geschehen bei Demonstrationen selbst sowie dessen Vorgeschichte und mediale Nachwehen dokumentiert. Auch 20 Jahre nach der Brokdorf-Demonstration wird die Versammlungsfreiheit eingeschränkt und ausgehebelt. Die vermeintlichen Gründe hierfür schaffen Politik und Polizei notfalls selbst – durch Gewaltprognosen ohne konkrete Anhaltspunkte und durch Polizeieinsätze, die gewaltsame Reaktionen erst hervorlocken.

Die Versammlungsfreiheit, die grundrechtlich geschützte kollektive Einmischung, stellt einen Stachel im sonst ungestörten, vom politischen Establishment bestimmten Entscheidungs- und Handlungsablauf dar. Kein Wunder, dass die Versuche, das störende Grundrecht gesetzlich einzuschränken, in den vergangenen Jahrzehnten nie abgerissen sind. Demonstrationsbeobachtungen – Politisch-polizeiliche Eskalation gegen Demonstrationen weiterlesen

Pfefferspray „gefährdet die Gesundheit“ – Vermarktung, Einsatz und gesundheitliche Risiken

von Steve Wright

In den 90er Jahren haben mehrere europäische Staaten – u.a. Belgien, Luxemburg und die Schweiz – den Reizstoff Oleoresin Capsicum (OC) zur Polizeiwaffe erkoren. Herstellerfirmen preisen den aus scharfem Pfeffer gewonnenen Stoff – daher Pfefferspray – als „ideale nicht-tödliche Waffe“. Seit kurzem ist sie auch in deutschen Polizeiarsenalen zu finden.

Temporäre Blindheit bis zu 30 Minuten; ein brennendes Gefühl auf der Haut, das bis zu einer Stunde anhalten kann; Krämpfe im Oberkörper, die die Betroffenen zwingen, sich nach vorne zu krümmen; unkontrollierbarer Husten; Sprech- und Atemschwierigkeiten bis zu einer Viertelstunde – die Wirkungen von OC sind erheblich stärker als die anderer sogenannter Tränengase. Als pflanzliches Gift ist OC zwar durch das Abkommen über biologische Waffen von 1972 für den Kriegseinsatz verboten, nicht jedoch für den Einsatz im Inneren. Pfefferspray „gefährdet die Gesundheit“ – Vermarktung, Einsatz und gesundheitliche Risiken weiterlesen

Nach Göteborg und Genua – Weder Reisefreiheit noch Demonstrationsrecht in der EU?

von Olaf Griebenow und Heiner Busch

Übermittlung ungesicherter Daten über „Risikogruppen“, strenge Kontrollen im Inland und an den Grenzen, Ein- und Ausreiseverbote, vorbeugende Festnahmen – derartige Maßnahmen schienen im grenzenlosen Europa bisher nur für Fußball-Hooligans vorgesehen. Nun werden sie auch gegen internationale Demonstrationen genutzt.

Die Befürchtungen haben sich bestätigt. Bei zwei internationalen Demonstrationen – gegen den EU-Gipfel in Göteborg und gegen den G8-Gipfel in Genua – hat die Polizei gezielt auf Protestierende geschossen. In Genua wurde ein Demonstrant getötet. Hunderte wurden zum Teil schwer verletzt – bei den harten Polizeieinsätzen während der Demonstrationen selbst, aber auch bei der Räumung jener Schule, in der das Genua Social Forum untergebracht war. Die Eskalationsstrategie der italienischen Regierung, der die EU-Partner im Vorfeld heftig applaudiert haben, die krampfhafte Verteidigung demonstrationsfreier Zonen gegen die Grundrechte von Hunderttausenden hat ihre Wirkung getan. Nach Göteborg und Genua – Weder Reisefreiheit noch Demonstrationsrecht in der EU? weiterlesen

Spaniens elektronische Mauer – Immigration zwischen Vertuschung und Kriminalisierung

von Gerhard Piper

Täglich versuchen Menschen aus Marokko oder Schwarzafrika in kleinen Fischerbooten die Straße von Gibraltar zu überqueren. Genau 12,964 Kilometer trennen hier den reichsten vom ärmsten Kontinent.[1] Nun will der Schengen-Staat Spanien die Abschottung seiner Südgrenze durch ein neues Überwachungssystem verstärken. Bis Juli 2001 soll der erste Bauabschnitt des Sistema Integrado de Vigilancia Exterior (SIVE) fertiggestellt sein.

Im ersten Quartal dieses Jahres nahmen die spanischen Polizeien rund 3.000 Personen fest, die die Meerenge, den Estrecho, ohne die notwendigen Papiere überquert hatten.[2] Wie viele Menschen insgesamt jedes Jahr, getrieben von wirtschaftlicher Not, Bürgerkriegen oder Verfolgung, diesen gefährlichen Versuch unternehmen, ist nicht bekannt. Wo das Mittelmeer in den Atlantik fließt, kentern viele kleine Boote durch den Seegang oder die Bugwellen großer Frachtschiffe und Öltanker. Fluchthelfer haben die Boote so voll Menschen gestopft, dass nicht einmal mehr Platz zum Schöpfen bleibt, wenn Meerwasser über die Bootskante schwappt. Gerät ein Flüchtlingsboot in Seenot, können die Einwanderer niemanden zu Hilfe rufen.[3] Eine zivile Seenotrettungsorganisation, wie sie an den deutschen Küsten schon seit hundert Jahren tätig ist, gibt es in Spanien nicht.[4] Obwohl sie nur gegen die Visa-Bestimmungen verstoßen haben, werden die „Papierlosen“ häufig mit Kriminellen und Drogendealern gleichgesetzt.[5] Spaniens elektronische Mauer – Immigration zwischen Vertuschung und Kriminalisierung weiterlesen