Archiv der Kategorie: CILIP 114

Die Cyberpolizei (November 2017)

Grenzüberschreitendes Abhören – Die „Verfügbarkeit von Daten“ in der Europäischen Union

Eine Vielzahl von Institutionen und Gremien der EU befasst sich mit der Überwachung digitaler Kommunikation. Im Mittelpunkt ste­hen der­zeit die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, der Zugriff auf Daten in der Cloud und das Umgehen von Verschlüsselung. Viele der neuen Maßnahmen tragen die Handschrift des Bundeskriminalamts.

Das 2015 von Bundestag und Bundesrat beschlossene Gesetz zur „Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ sollte die überarbeitete EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung und Nutzung von Telekommunikationsdaten umsetzen.[1] Ab dem 1. Juli 2017 wären Telefon- und Internetdienstleister verpflichtet gewesen, Ver­kehrsdaten ihrer KundInnen für zehn Wochen zu speichern. Mittlerweile hat der Europäische Gerichtshof die Richtlinie gekippt, da sie gegen die Grundrechtecharta der Union verstößt. Grenzüberschreitendes Abhören – Die „Verfügbarkeit von Daten“ in der Europäischen Union weiterlesen

Staatliche Hackerfantasien helfen nicht – Das BfV und der Cyber-Angriff auf den Bundestag

Interview mit Petra Pau

Seit dem Angriff auf die IT-Systeme des Bundestags 2015 raunten Sicherheitsbehörden und konservative PolitikerInnen von aus Moskau gesteuerten Manipulationen der Wahlen im September 2016. Bundes­tags-Vizepräsidentin Petra Pau war in der letzten Legislaturperiode Vorsitzende der Kommission für Informations- und Kommunikationstechnik des Ältestenrates. Dirk Burczyk befragte sie zu dem Hackerangriff und zur Rolle des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) bei dessen Aufklärung.

Frau Pau, zunächst meinen Glückwunsch zur Wiederwahl in den Bundes­tag. Die Wahl ist sicherlich nicht so ausgegangen, wie viele erhofft haben, aber immerhin ohne Manipulationsversuche. Wenige Wochen vor der Wahl, am 20. Juni 2017, hatte der Tagesspiegel getitelt: „Hacker wählt mit“. In dem Artikel zeigte sich ein Abgeordneter des Bundestages sicher, die im Juni 2015 gehackten Daten würden vor der Wahl auftauchen, und die Entscheidung darüber falle in Moskau. Das deckt sich auch mit vielen Aussagen von BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen. Nun ist nichts passiert – sind Sie überrascht? Staatliche Hackerfantasien helfen nicht – Das BfV und der Cyber-Angriff auf den Bundestag weiterlesen

Der digitale Wilde Westen: Kleine Übersicht zur entgrenzten Überwachung

Die stets voranschreitende Digitalisierung und Auffächerung von Kommunikationswegen und ihrer Kontrolle hat eine Proliferation der Überwachungsmethoden in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht mit sich gebracht. Gleichzeitig werden die bestehenden Möglichkeiten immer häufiger und intensiver genutzt.

Eine der größten Ängste aller Sicherheitsbehörden und Ermittler ist es, nicht jedes der durch den technologischen Fortschritt ständig neu geschaffenen Kommunikationsmittel vollumfänglich kontrollieren zu können. Mit der Begründung, hier Schritt halten zu müssen, wird eine Ausweitung der Überwachungsbefugnisse auf alle erdenklichen Lebenssachverhalte betrieben, die von hektischen Gesetzgebungsmaßnahmen begleitet ist. Diese Entwicklung macht aber nicht bei der Einbeziehung moderner Kommunikationsformen in den herkömmlichen Surveillance-Apparat halt, sondern führt zur Entstehung gänzlich neuer Überwachungsmittel. Die technologischen Errungenschaften werden zur sicherheitstechnischen Erschließung bisher unangetasteter Sphären ge­nutzt, bevor die damit verbundenen Risiken abgeschätzt werden können. In diesem Wilden Westen der digitalen Überwachung toben sich behördliche DatensammlerInnen aus, ohne sich zur Rechenschaft verpflichtet zu fühlen. Der digitale Wilde Westen: Kleine Übersicht zur entgrenzten Überwachung weiterlesen

EU-Staatsanwaltschaft beschlossen

Am 12. Oktober 2017 wurde auf der Tagung der EU-Innen- und JustizministerInnen die Verordnung des Rates zur Schaffung einer europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) verabschiedet,[1] die als Option in Art. 86 AEUV vorgesehen ist. Über vier Jahre hatten sich die Verhandlungen hingezogen.[2] Nachdem im Frühjahr 2017 feststand, dass im Rat keine Einstimmigkeit über den Entwurf erreicht werden konnte, wurde im April entschieden, die Staatsanwaltschaft im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit zu etablieren. Die Verordnung wird nun von 20 Mitgliedstaaten getragen. Außen vor bleiben zunächst Dänemark, die Niederlande, Schweden, Polen, Ungarn, Irland und Malta. Trotz einiger Vorbehalte hatte auch das Europäische Parlament, das im Gesetzgebungsverfahren keine Möglichkeit hatte, Änderungsvorschläge einzubringen, am 5. Oktober mit großer Mehrheit für die Verordnung gestimmt. EU-Staatsanwaltschaft beschlossen weiterlesen

EU stärkt Netzwerk von Spezialeinheiten

Die EU will den sogenannten ATLAS-Verbund neu organisieren.[1] Der Zusammenschluss polizeilicher Spezialeinheiten soll ein dauerhaftes Sekretariat erhalten, das beim Anti-Terrorzentrum der Polizeiagentur Europol in Den Haag angesiedelt werden könnte. Auch das Verfahren für gegenseitige Hilfeersuchen soll angepasst werden. Schließlich werden auch Lösungen gesucht, um den grenzüberschreitenden Transport von Waffen und Einsatzausrüstung zu erleichtern. Der ATLAS-Verbund richtet allein in diesem Jahr 65 Übungen oder Treffen aus, zu denen die Spezialeinheiten aus verschiedenen Ländern anreisen. Vor dem Grenzübertritt müssen oft zeitraubende Genehmigungen beantragt werden. Dies betrifft insbesondere Übungen mit Gefahrenstoffen. EU stärkt Netzwerk von Spezialeinheiten weiterlesen

Schengenausnahme wird zur Regel

Die Bundesregierung wird die nach den Regeln der Schengener Grenzkodex ausnahmsweise mögliche Wiederdurchführung von Grenzkontrollen über den 11. November 2017 hinaus verlängern. Nach den derzeit geltenden Bestimmungen können Grenzkontrollen für bis zu sechs Monate und insgesamt zwei Jahre wieder durchgeführt werden. Diese zwei Jahre sind nun vorbei, weshalb die Kommission einer weiteren Verlängerung ursprünglich nicht zugestimmt hätte. Die Bundesregierung begründet die erneute Verlängerung statt mit der unerlaubten Einreise von Flüchtlingen nun mit der Gefahr terroristischer Anschläge. Frankreich begründet seine Grenzkontrollen damit schon länger. Neben der Bundesrepublik folgen dem nun auch Österreich, Dänemark und Norwegen. Schengenausnahme wird zur Regel weiterlesen