EU stärkt Netzwerk von Spezialeinheiten

Die EU will den sogenannten ATLAS-Verbund neu organisieren.[1] Der Zusammenschluss polizeilicher Spezialeinheiten soll ein dauerhaftes Sekretariat erhalten, das beim Anti-Terrorzentrum der Polizeiagentur Europol in Den Haag angesiedelt werden könnte. Auch das Verfahren für gegenseitige Hilfeersuchen soll angepasst werden. Schließlich werden auch Lösungen gesucht, um den grenzüberschreitenden Transport von Waffen und Einsatzausrüstung zu erleichtern. Der ATLAS-Verbund richtet allein in diesem Jahr 65 Übungen oder Treffen aus, zu denen die Spezialeinheiten aus verschiedenen Ländern anreisen. Vor dem Grenzübertritt müssen oft zeitraubende Genehmigungen beantragt werden. Dies betrifft insbesondere Übungen mit Gefahrenstoffen.

Im ATLAS-Verbund koordinieren sich 38 Spezialeinsatzkommandos aus 28 EU-Mitgliedstaaten sowie aus Norwegen, der Schweiz und Island. Das nach den Anschlägen des 11. September 2001 gegründete Netzwerk gehört seit 2008 zu den Strukturen der EU.[2] Offiziell bei der Kommission angesiedelt, wird es als eine der 18 „Expertengruppen“ der Ratsarbeitsgruppe Strafverfolgung geführt. Die EU will sich damit auf polizeiliche Großlagen vorbereiten, die eine Unterstützung anderer Mitgliedstaaten erfordern. Grundlage für solche Einsätze wäre die sogenannte Solidaritätsklausel, die als Artikel 222 im Vertrag von Lissabon festgeschrieben ist. Aus Deutschland beteiligt sich die GSG 9 am ATLAS-Verbund. Entscheidungen werden dort im „Commanders-Forum“ getroffen, das derzeit vom Leiter der Cobra aus Österreich geleitet wird.

Gewöhnlich werden Aktivitäten von ATLAS durch die jeweilige Ratspräsidentschaft koordiniert. Das feste Büro bei Europol soll nun dafür sorgen, dass langfristige Projekte bei dem halbjährlichen Wechsel der Verantwortung nicht aus den Augen verloren werden. Geplant ist unter anderem der Umstieg auf das gesicherte SIENA-Netzwerk bei Europol, über das auch als geheim eingestufte Nachrichten verschickt werden können. Nicht alle Spezialeinheiten von ATLAS sind jedoch auch an Europol beteiligt. Das könnte unter anderem bedeuten, dass sie von der gemeinsamen Kommunikation mit Europol ausgeschlossen bleiben. Ähnliche Stolpersteine würden sich bei der Finanzierung des neuen Sekretariates ergeben. Der ATLAS-Verbund könnte über den EU-Fonds für die Innere Sicherheit Teil des Europol-Budgets werden. Allerdings ist unklar, wie dann mit den Einheiten der Nicht-EU-Mitglieder Norwegen, Schweiz und Island verfahren würde. Womöglich müsste deshalb der ATLAS-Ratsbeschluss von 2008 geändert werden.

[1]   www.statewatch.org/news/2017/sep/eu-council-atlas-network-11828-17.pdf
[2]   Amtsblatt der EU L 210/73 v. 6.8.2008

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