Schlagwort-Archive: Niederlande

In der „Terroristenabteilung“ Deradikalisierung in Haft – niederländische Versuche

von Willem de Haan

Damit sie andere Gefangene nicht beeinflussen, werden in den Niederlanden Terror­verdächtige oder wegen „terroristischer Straf­ta­ten“ Verurteilte seit 2006 in Sonderabteilungen der Haftanstal­ten „de Schie“ (Rotterdam) und Vught untergebracht. Rund 30 Men­schen sitzen derzeit dort ein. Deradikalisierung ist nicht das offi­zi­el­le Ziel der Haft; die Gefängnis-MitarbeiterInnen haben auch kaum Erfahrung damit. Der Autor war 2016 als erster Pres­se­ver­tre­ter einige Tage in der „Terroristenabteilung“ in Vught unterwegs.[1]

Im „Wohnzimmer“ der Unterabteilung „9F“ der „Terroristenabteilung“ der Haftanstalt Vught, sagt einer der einsitzenden „Terroristen“: „Wir haben radikale Gedanken und das ist nicht in Ordnung. Aber wir müssen als ungefährliche Menschen wieder nach draußen kommen können; das ist aber nicht vorgesehen.” In der „Terroristenabteilung“ Deradikalisierung in Haft – niederländische Versuche weiterlesen

Europäische Passagierdatensammlung bald auch für Fähren, Busse und Bahnen?

Die belgische Regierung wirbt in Nachbarländern dafür, die Passagiere von Fähren, Bussen und Bahnen vor jedem Fahrtantritt identifizieren zu lassen und mit einschlägigen Datenbanken abzugleichen. Belgien sei hierzu im Gespräch mit den Niederlanden, Frankreich und Deutschland.

Mit der Maßnahme könnten dem belgischen Innenminister Jan Jambon zufolge die Suche nach Terrorverdächtigen erleichtert werden. So habe laut dem Politiker der rechtskonservativen Neuen Flämischen Allianz die Flucht des tunesischen Staatsangehörigen und Terrorverdächtigen Anis Amri gezeigt, dass dieser ohne Probleme mehrere Grenzen passieren konnte. Amri war nach dem Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz mutmaßlich mit dem Unternehmen FlixBus bis Amsterdam gereist und dann mit der Bahn über Paris nach Lyon weitergefahren. Europäische Passagierdatensammlung bald auch für Fähren, Busse und Bahnen? weiterlesen

Folgen einer Organisationsreform: Wer kontrolliert eigentlich die niederländische Polizei?

von Rick van Amersfoort

An Aufsichtsorganen scheint es der niederländischen Polizei nicht zu mangeln. Mit ihrer Verstaatlichung verliert aber der Gemeinderat – jene Instanz, die am ehesten zu einer politischen Kontrolle in der Lage war – vollends seine Macht

Das niederländische Polizeiwesen steht vor einschneidenden Veränderungen. Zum 1. Januar 2012 wird die Polizei verstaatlicht und dem Sicherheits- und Justizministerium unterstellt. „Verstaatlichung“ bedeutet keineswegs, dass die Polizei zuvor eine private Angelegenheit gewesen sei. Vielmehr geht es darum, dass sie völlig aus dem Zusammenhang der gemeindlichen Selbstverwaltung herausgelöst und ihre Leitung von der lokalen Ebene auf die nationale verschoben wird. Folgen einer Organisationsreform: Wer kontrolliert eigentlich die niederländische Polizei? weiterlesen

Geheimdienstlicher Asylmissbrauch – Anwerbepraktiken des niederländischen Geheimdienstes

von Wil van der Schans

Der niederländische Inlandsgeheimdienst, der Allgemeine Nachrichten- und Sicherheitsdienst (AIVD), verspricht Flüchtlingen, eine Tätigkeit als Informant würde sich positiv auf ihr Asylverfahren auswirken. Ein Bericht des Büros Jansen & Janssen von Ende 2003 zeigt, wie der Dienst die unsichere Lage der Flüchtlinge und ihre Unkenntnis ausnutzt.

Die Anwerbung von Informanten unter Asylsuchenden ist eine der wenigen Aufgaben des AIVD, zu der es klare Regeln gibt. Die Mitarbeit von Flüchtlingen und Migranten darf immer nur freiwillig geschehen. Im November 2003 hat das Büro „Jansen & Janssen“, das die Arbeit von Polizei und Geheimdiensten kritisch verfolgt, in einem Bericht dargelegt, dass der AIVD diese Regeln immer wieder verletzt.[1] Geheimdienstlicher Asylmissbrauch – Anwerbepraktiken des niederländischen Geheimdienstes weiterlesen

Fußballfans in der Falle – Die Konstruktion als gefährliche Gruppe

von Michael Gabriel

Internationale Fußballturniere sind nicht nur sportliche, sondern auch polizeiliche Großereignisse. Ein Rückblick auf die von Belgien und den Niederlanden ausgerichtete Europameisterschaft 2000 gibt einen Vorgeschmack auf das, was Fans und Fan-Projekte bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland erwarten könnte.[1]

„Wir werden das Image der niederländischen Polizei – wir seien zu liberal, zu zögerlich, zu weich – korrigieren … Wir werden schon bei bloßem Verdacht Einzelne oder ganze Gruppen in Arrest nehmen … Unsere Toleranzgrenze ist nicht verhandelbar.“ Gnadenloses Vorgehen – „no mercy“ – hatte Theo Brekelmans, Sicherheitschef für den niederländischen Teil der Fußballeuropameisterschaft 2000, kurz vor dem Turnier angekündigt.[2] Schon Jahre vor dem Eröffnungsspiel der „Euro“ war die Sicherheit zum zentralen Thema der medialen Vorbereitung avanciert. Phantasievoll wurden Gefährdungsszenarien beschrieben, die der lustvollen Gewaltspirale beständig neue Energie zuführten. Die „Hitze im Sicherheitskessel“ konnte nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeit der Fan-BetreuerInnen bleiben. Fußballfans in der Falle – Die Konstruktion als gefährliche Gruppe weiterlesen