Schlagwort-Archive: Stadtpolitik

Herrschen mit Verdruss: Kommerzieller Wachschutz im ‚Unternehmen Dorf’

von Volker Eick

Ob unter Festival- oder Festungsgesichtspunkten[1] – in Sachen „Polizei und Stadt“[2] muss auch über das policing for profit gesprochen werden. Wie ist das kommerzielle Sicherheitsgewerbe nach Innen und Außen aufgestellt? Welche Rolle spielt es in der „Sicherheitsarchitektur“? Wer gibt ihm und was sind seine Aufgaben im (halb)öffentlich-kleinstädtischen Raum?

Der Status der deutschen Wach- und Sicherheitsunternehmen hat sich in den letzten zwanzig Jahren in Politik und Gesellschaft kaum verändert (dafür sorgt nicht zuletzt das Gewerbe regelmäßig selbst), ihr Einfluss ist beim Gesetzgeber nur punktuell gewachsen (dazu fehlt es ihren Lobby-Organisationen an strategischer Kompetenz), und gerade die jüngst übernommenen Tätigkeitsfelder (etwa das ‚Migrantenmanagement‘) zei­gen, dass Ambition und Fähigkeit regelmäßig auseinanderfallen. Das bedeutet aber nicht, das Gewerbe sei erfolglos bei der Profitmaximierung. Herrschen mit Verdruss: Kommerzieller Wachschutz im ‚Unternehmen Dorf’ weiterlesen

Verunsichern, verdrängen, wegsperren – Polizei und informelle Jugendtreffs

von Norbert Pütter

Eine Straßenkreuzung in Frankfurt-Sossenheim entwickelte sich in den 90er Jahren zu einem Treffpunkt für Jugendliche. Das Verhalten der Jugendlichen löste Beschwerden der AnwohnerInnen aus. Stadtbehörden und Polizei reagierten. Der Konflikt zeigt exemplarisch, wie weit polizeiliche Maßnahmen gegen störende Jugendliche reichen können.[1]

Die räumlichen Voraussetzungen des Treffs waren vor Jahren durch eine Änderung der Straßenführung entstanden. Um den Schulweg sicherer zu machen, war eine Art Verkehrsinsel geschaffen worden, die der vormaligen Kreuzung einen platzartigen Charakter verlieh. Durch das Wartehäuschen einer Bushaltestelle und den offenen Eingangsbereich einer Bankfiliale eignete sich der Platz als Treffpunkt. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre hatte er sich zu einem Ort entwickelt, an dem sich Jugendliche, die von ihrer ethnischen Herkunft keine Deutschen waren, am Abend versammelten. Die Jugendlichen wohnten in den Neubaugebieten des sozialen Wohnungsbaus, die in den 60er und 70er Jahren am Rande des alten Sossenheimer Ortskerns gebaut worden waren. Verunsichern, verdrängen, wegsperren – Polizei und informelle Jugendtreffs weiterlesen

„Ordnung muss sein“ – Ein Jahr „Kiezstreifen“ der Berliner Ordnungsämter

von Roland Otte

Im September 2004 traten die ersten Außendienstmitarbeiter der bezirklichen Ordnungsämter in Berlin ihren Dienst an. Vorangegangen war eine lange Debatte um Kompetenzen und Bewaffnung der „Kiezstreifen“. Für Bürgerinnen und Bürger bleibt undurchsichtig, was die nichtpolizeilichen Ordnungshüter eigentlich dürfen.

In Großstädten wie Berlin tun Menschen so einiges, was zwar nicht kriminell, aber nicht erlaubt ist: Abfall fallen lassen, falsch parken, auf Gehwegen Rad fahren, den Hund ohne Leine laufen lassen, ohne Genehmigung Straßenfeste feiern usw. Polizeibeamte haben in der Regel andere Dinge zu tun, als sich intensiv um Ordnungswidrigkeiten zu kümmern. Zwar wird die Polizei auch im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig, wenn dies durch eine andere Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint.[1] Eigentlich ist die Gefahrenabwehr jedoch Aufgabe der Ordnungsbehörden.[2] Die Ordnungsaufgaben sind auf eine Vielzahl von Fachbehörden verteilt, im Stadtstaat Berlin zudem differenziert nach Landesebene und Bezirksebene. Diese Gemengelage zu straffen und personelle Voraussetzungen für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zu verbessern, waren die Ziele des Senats bei der Einrichtung einheitlicher bezirklicher Ordnungsämter. „Ordnung muss sein“ – Ein Jahr „Kiezstreifen“ der Berliner Ordnungsämter weiterlesen

Kein Platz für Arme – Der Umgang mit Randgruppen in deutschen Städten

von Titus Simon

Die toleranten 70er und frühen 80er Jahre sind längst vorbei. Wer arm ist und auch so aussieht, soll das Stadtbild nicht stören. Nach diesem Motto wird in vielen deutschen Städten verfahren. MitarbeiterInnen der Sucht- und der Wohnungslosenhilfe kritisieren diese Vertreibungspolitik seit Jahren.

Wer unerwünschte Submilieus aus dem Stadtbild entfernen will, kann das auf verschiedenste Arten tun: mit architektonischen Konzepten, die den „falschen Gruppen“ ihren Aufenthalt unwirtlich machen, aber auch mit klassischen ordnungspolitischen Instrumenten. Rechtlich behalf man sich dabei ursprünglich mit kommunalen Sondernutzungssatzungen und Gefahrenabwehrverordnungen und schuf so eine Art von Privatstrafrecht, das allerdings oft in weiten Teilen schlicht illegal war.[1] Kein Platz für Arme – Der Umgang mit Randgruppen in deutschen Städten weiterlesen