Was kostet die Polizei? Eine vergleichende Analyse

von Uwe Höft

Was kostet die Polizei? Diese Frage wird in aller Regel unter den Teppich gekehrt, wenn es um die „Innere Sicherheit“ geht. Führt man jedoch eine Kosten-Analyse durch, anhand derer sich absehen läßt, wieviel Steuermittel die Polizei verbraucht, so dürften vermutlich selbst Konservative angesichts der Zahlen zurückhaltender werden beim Ruf nach immer mehr Polizei.

Im folgenden werden die Polizeihaushalte der Alt-Bundesländer bezogen auf das Haushaltsjahr 1990 verglichen. Um eine höhere Transparenz und einen besseren Vergleich der Länderhaushalte zu erreichen, sind als Ergänzung der absoluten Zahlen normierte Werte errechnet worden, d.h. eine Umrechnung auf den Wert „pro Kopf der Bevölkerung“. Grundlage dieser Berechnung bilden die Einwohnerzahlen zum Stichtag 31.12.1988. Natürlich ist es nicht ganz unproblematisch die Zahlen von Bundesland A denen von Bundesland B gegenüberzustellen, da es bekanntermaßen im Polizeibereich länderspezifische Eigenarten gibt. Dennoch bedeutet dies nicht, Äpfel mit Birnen zu ver-gleichen. Der Vergleich bietet sich auch deshalb an, weil die Systematik der Titelgruppen der einzelnen Haushalte identisch ist. Einbezogen in die Analyse wurden zudem die Aufwendungen des Bundes, da aus dem Bundeshaushalt u.a. das Bundeskriminalamt, der Bundesgrenzschutz sowie die sächliche Ausstattung der Bereitschaftspolizeien der Länder finanziert werden.

Strukturelle Besonderheiten

Zunächst gilt es jedoch strukturelle Besonderheiten der Länderpolizeien kurz darzulegen. Generell weisen alle Bundesländer mehr oder weniger die „klassische“ Gliederung in eine allgemeine Vollzugspolizei (incl. Wasser-schutzpolizei), Bereitschaftspolizei, Landeskriminalamt, Polizeischulen und allgemeine Polizeiverwaltung auf. Darüber hinaus verfügt Baden-Württemberg über einen Freiwilligen Polizeidienst (Stärke ca. 1.700 Mann). Als bayerische Spezialität ist die Grenzpolizei zu nennen. (Aufgrund der veränderten politischen Situation in Mitteleuropa ist jedoch geplant, diese in den nächsten Jahren stufenweise aufzulösen und die etwa 3.000 Bediensteten in die übrige bayerische Polizei zu integrieren.) Berlin weist, bedingt durch frühere alliierte Vorbehaltsrechte, eine extrem hohe Polizeidichte auf. Durch die „Erstreckung“ in den Ostteil der Stadt kommen zu den bisher ca. 22.500 Polizeibediensteten (Planstellen) im Westen (incl. Verwaltung, medizinischer Dienst, Lehrkräfte usw.) rund 10.000 weitere Ex-Vopo-Bedienstete für den Ostteil hinzu, so daß die hohe „Betreuungsdichte“ auch für Gesamt-Berlin zunächst erhalten bleibt. Weitere Besonderheit und Relikt aus dem Kalten Krieg ist die Freiwillige Polizeireserve (FPR). Schließlich gibt es in Berlin eine spezielle Wachpolizei. Haushaltstechnische Spezialität Hamburgs ist die Wasserschutzpolizeischule, die von den Bundesländern gemeinsam finanziert wird. Ähnliches gilt für Nordrhein-Westfalen mit der Polizeiführungsakademie Münster. Schließlich ist das Fehlen einer Wasserschutzpolizei eine Besonderheit des Saarlandes.

Absolute Kosten

In Tabelle 1 sind die absoluten Kosten für die Polizeien in der alten Bundes-republik aufgeführt, wobei Personalausgaben, sächliche Verwaltungsausgaben und die Investitionen einzeln ausgewiesen werden. Nicht aufgeführt werden die sog. Übertragungsausgaben, die vom Volumen eher unbedeutend sind, sowie Bauinvestitionen, die starken Schwankungen unterliegen. (Die Bauinvestitionen werden in manchen Ländern nicht direkt im Haushaltskapitel Polizei erfaßt, sondern mitunter in einem gesonderten Etat für Hochbaumaßnahmen.) Bei den Gesamtausgaben Polizei sind diese Ausgaben hier jedoch enthalten. Ferner muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß ein generelles Problem der Datenerfassung der unterschiedliche Detailierungs- und Informationsgrad der einzelnen Haushaltpläne darstellte. Informationsdefizite konnten allerdings durch Nachfragen bei den Innenministerien weitgehend beseitigt werden. In einigen Fällen mußten die Daten der Länderpolizeihaushalte, die teilweise in bis zu sieben Einzelkapitel aufgesplittet waren, erst addiert werden, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Insgesamt wurden in der alten Bundesrepublik 1990 demnach 13,68 Mrd. DM für Polizei incl. BGS ausgegeben. Erwartungsgemäß bildet die Hauptausgabengruppe der Tabelle 1 die Position Personalkosten. Diese betragen allein in den Ländern knapp 10 Mrd. DM.

CILIP 39 Höft Tabelle 1

Pro-Kopf-Ausgaben

1990 wurden je Bundesbürger 223,70 DM für Polizei ausgegeben (vgl. Tab. 2). Die „billigste“ Polizei hat demnach NRW mit Ausgaben von 163,60 DM je Einwohner, aber auch in den übrigen Flächenstaaten liegt der Durch-schnittswert bei unter 200 DM. Die Ausnahme ist das Saarland mit 220,20 DM. Bei den Stadtstaaten belaufen sich die Bremer Aufwendungen auf 254,50 DM. In Hamburg liegt der Wert bei 338,20 DM. Am höchsten sind die Pro-Kopf-Ausgaben in (West)Berlin mit 559,40 DM. Auch im Berliner Nachtragshaushalt 1991 mit einem Volumen von ca. 1,58 Mrd. DM bleibt Gesamtberlin mit 465,70 DM je Einw. Spitzenreiter. Hinzuzurechnen zu den jeweiligen Länderwerten ist der Bundesanteil von 26,90 DM

CILIP 39 Höft Tabelle 2

Aufgelistet in Tabelle 2 sind ferner die normierten Ausgaben in den Hauptausgabenbereichen, wobei die Zahlen für Übertragungsausgaben und Bauinvestitionen nicht aufgenommen wurden. Im Personalbereich liegt dem-zufolge (West)Berlin um den Faktor 3 über dem Bundesdurchschnitt. Gleiches gilt für die sächlichen Verwaltungsausgaben. Lediglich bei den sonstigen Investitionen (z.B. Fahrzeuge, kriminaltechnisches Gerät, Funk- und Fernmeldegerät, EDV) bleibt Berlin im Rahmen des üblichen.

CILIP 39 Höft Tabelle 3

Polizeidichte

Tabelle 3 führt die Planstellen im Polizeibereich auf. Bundesweit liegt die Soll-Zahl aller Beamten im Polizeibereich bei ca. 193.500. Die Zahl der Ist-Stellen liegt in der Regel etwas niedriger. Rechnet man alle Planstellen zusammen, so kommt man auf knapp 250.000 Polizei-Beschäftigte. Im Verhältnis zur Bevölkerung ergibt sich somit eine durchschnittliche Dichte von 1:355 (d.h. ein Polizeibeamter auf 355 Einwohner). Addiert man BKA und BGS hinzu, so erhöht sich das Verhältnis auf 1:316. Unabhängig von der Tatsache, daß in Ballungsräumen die Polizeidichte naturgemäß höher sein muß, fällt Berlin auch hier mit seiner Polizeidichte von 1:144 deutlich aus dem Rahmen. Zum Vergleich: Hamburg 1:187; Bremen 1:237; Saarland 1:310; Bayern 1:389; Hessen 1:370; Niedersachsen 1:408; NRW 1:424. Die Konferenz der Innenminister hatte 1972 einen Schlüssel von 1:400 vorge-geben.

Zum Schluß dieser statistischen Betrachtung sei darauf hingewiesen, daß weder die Höhe der Ausgaben noch die Zahl der Uniformierten etwas über die Qualität und Leistungsfähigkeit der polizeilichen Arbeit bzw. deren Effektivität aussagt. Umgekehrt gilt dies ebenso für die polizeiliche Kriminalstatistik, die zwar einen großen Teil der begangenen Straftaten registriert und Aufklärungsquoten ausweist, über die tatsächliche „Sicherheitslage“ in der Gesellschaft jedoch keine klare Auskunft gibt.

Quellen: Haushaltspläne der Länder für 1990 bzw. 1991; Bundeshaushaltsplan 1990; BGS-Bericht 1989; Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland, 1990; Auskünfte div. Innenministerien

Uwe Höft ist Polizeiexperte der GRÜNEN/AL in Berlin