Redaktionelle Vorbemerkung

von Otto Diederichs

Während sich die LeserInnen von Bürgerrechte & Polizei/CILIP an diversen Stränden oder in Straßencafés langweilten, haben wir uns bemüht, recht-zeitig zum Ende der Urlaubssaison das neue Schwerpunktheft in die Briefkästen zu bekommen. Damit zieht sich die Redaktion nun auch in den Urlaub zurück.

Zum Schwerpunkt:

Am 24. Juli hat sich das Bonner Kabinett über die bis dahin noch strittigen Punkte des „Gesetzes zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität“ (OrgKG) geeinigt. Die Stellungnahme ist unterdessen an den Bundesrat übersandt worden, so daß das Gesetz in nicht allzu ferner Zukunft in Kraft gesetzt werden dürfte. Damit zieht die Bundesregierung einen vorläufigen Schlußstrich unter eine Debatte, die mittlerweile bereits in das dritte Jahrzehnt geht: Gibt es in der Bundesrepublik organisierte Kriminalität?
Blickt man in die Tagespresse, muß man diesen Eindruck wohl gewinnen. Kaum ein Tag vergeht noch, ohne daß von irgendwelchen Verbrechen, Schiebereien oder sonstigen Vorgängen berichtet wird, die ohne viel Federlesens der „Organisierten Kriminalität“ zugeordnet werden. Dringt man allerdings etwas tiefer in die Materie ein, so wird man feststellen, daß die Meinungen darüber, was unter „Organisierter Kriminalität“ zu verstehen ist, recht vielfältig sind – was u.a. auch die Dauer des Streites erklärt. Im wesentlichen scheint die Einordnung von Kriminalität in die Kategorie „organisiert“ eine Frage des eigenen Standortes und Blickwinkels zu sein. So ist denn auch dieses Schwerpunktheft ein recht kontroverses geworden.

Zum anderen handelt es sich bei „Organisierter Kriminalität“ in hohem Maße auch um einen politischen Kampfbegriff. Lauscht man so manchem Politiker, wenn er über organisiertes Verbrechen schwadroniert, so kann man sich des Eindrucks schwer erwehren, daß es einzig darum geht, die Ängste von Menschen zu instrumentalisieren, um darauf ein politisches Süppchen zu kochen.
Dieses Schwerpunktheft soll deshalb einen Beitrag zur weiteren Debatte um die „Organisierte Kriminalität“ leisten, denn zu Ende ist sie mit dem OrgKG sicherlich noch nicht – sie hat nur ihren vorläufigen Abschluß gefunden.

Im Februar 1992 will auch die Bundesrepublik das sog. Schengener Abkommen endgültig ratifizieren. Den Schwerpunkt der nächsten Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP (erscheint Mitte Dezember) wird deshalb das zukünftige Europa bilden: Europa ohne Grenzen oder Festung Europa?

Otto Diederichs ist Redakteur und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.