Chronologie

zusammengestellt von Norbert Pütter

Dezember 1991

02.12.: Heinz Fromm wird Direktor des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz.
03.12.: Der für die Koordination der Geheimdienste zuständige Staatsminister im Bundeskanzleramt, Lutz Stavenhagen, tritt von seinem Amt zurück. Grund: die vom Bundesnachrichtendienst (BND) ausgestellten Tarnpapiere für den ehemaligen DDR-Devisenbeschaffer Schalck-Golodkowski und der vom BND organisierte Waffenexport nach Israel. Am 5.12. wird der zuständige Abteilungsleiter im Kanzleramt, Hermann Jung, von seinem Amt suspenpendiert. Am 16.12. tritt der CDU-Abgeordnete und Parlamentarische Staatssekretär im Umweltministerium Bernd Schmidbauer die Nachfolge Stavenhagens an. Nachfolger Jungs soll der Mannheimer Völker- und Verfassungsrechtler Rudolf Dolzer werden.
Die Landesvorsitzende der GdP in Mecklenburg-Vorpommern wird als IM der STASI enttarnt. Sie tritt daraufhin von ihren Ämtern zurück.
In einer bundesweiten Aktion gegen Rechtsradikale durchsucht die Polizei in 32 Städten 114 Wohnungen.
04.12.: In Mannheim wird ein verdeckter Ermittler des baden-württembergischen Landeskriminalamtes bei einem Scheingeschäft von einem französischen Rauschgifthändler erschossen.
Die Polizei beendet eine Geiselnahme in der bayerischen Jugendvollzugsanstalt Ebrach. Etwa 100 Polizisten sind im Einsatz; einer der vier Geiselnehmer wird verletzt.
05.12.: Vor dem Berliner Landgericht wird das Hauptverfahren gegen Erich Mielke wegen der Ermordung zweier Polizisten im August 1931 eröffnet. Der Prozeß beginnt am 10.2.
Der Bundestag beschließt ein Verfahren zur Überprüfung von möglichen STASI-Verdachtsfällen gegen Bundestagsabgeordnete. Abgeordnete sollen beim Vorliegen konkreter Verdachtsmomente auch gegen ihren Willen überprüft werden können; Auskünfte von der Gauck-Behörde kann der Bundestag in diesen Fällen nur mit Zweidrittelmehrheit beschließen.
06.12.: Nach einem Beschluß des Berliner Landesarbeitsgerichts ist die frühere Beschäftigung bei der DDR-Staatssicherheit kein automatischer Kündigungsgrund für den öffentlichen Dienst.
07.12.: Ein Privatdetektiv erschießt einen Einbrecher in einem Münchener Kaufhaus.
08.12: Rund 8.000 Polizisten demonstrieren in Stuttgart für eine bessere Bezahlung und leistungsgerechtere Bewertung ihrer Arbeit.
11.12.: In Stuttgart wird der Prozeß gegen die ehemaligen RAF-Mitglieder Sigrid Sternebeck und Baptist Ralf Friedrich eröffnet. Beide waren im Sommer 1990 in der DDR festgenommen worden. Ihnen wird u.a. die Beteiligung an der Schleyer-Entführung und dem versuchten Haig-Attentat zur Last gelegt.
Nach Schätzungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz gibt es in der Bundesrepublik ca. 4.500 militante Rechtsextreme; die Zahl der organisierten Rechtsexetremisten betrage rund 40.000.
13.12.: In München stirbt ein verdeckter Ermittler des Bayerischen Landeskriminalamtes an einer Überdosis Heroin.
14.12.: In Senftenberg (Brandenburg) bewerfen 20-30 jugendliche Rechtsradikale die örtliche Polizeiwache mit Pflastersteinen und versuchen, in die Wache einzudringen. Nach zwei Warnschüssen flüchten die Jugendlichen.
15.12.: Nach Angaben des Innensenators Werner Hackmann wird sich der Hamburger Verfassungsschutz aus der aktiven Spionageabwehr zurückziehen. Die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich soll von 20 auf 5 reduziert werden.
16.12.: Das Urteil im Frankfurter Startbahnprozeß gegen Frank Hoffmann ist rechtskräftig; Bundesanwaltschaft und Verteidigung haben ihre Revisionsanträge zurückgezogen.
17.12.: Knud Wollenberger, Ehemann der DDR-Bürgerrechtlerin und heutigen Bundestagsabgeordneten Vera Wollenberger, gesteht seine Tätigkeit als IM für die STASI ein.
18.12.: In Berlin werden die ersten 275 ehemaligen Volkspolizisten zu Beamten auf Probe ernannt.
19.12.: Der Bundesrat billigt das STASI-Unterlagen-Gesetz (StUG).
Der Bundesrat beschließt die Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei auf den Bundesgrenzschutz; auf Antrag der jeweiligen Länder soll er auch zum Schutz von Flugplätzen eingesetzt werden können. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor kündigt Verfassungsklage gegen das Gesetz an.
In Potsdam scheitert der Kandidat des Bündnis ’90, Thilo Weichert, bei der Wahl zum ersten brandenburgischen Datenschutzbeauftragten. Am 10.2.92 benennt das Bündnis daraufhin mit Dietmar Bleyl einen neuen Kandidaten für das Amt.
Von der Polizei in Essen wird ein bewaffneter Geldräuber erschossen.
20.12.: Nach einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts muß die 48stündige Anmeldefrist für eilige Demonstrationen aus aktuellem Anlaß nicht eingehalten werden.
23.12.: Auf Beschluß der Landesregierung werden in Bayern Bewerber für den öffentlichen Dienst, die aus den neuen Bundesländern kommen, durch eine Regelanfrage bei der „Gauck-Behörde“ auf ihre Vergangenheit überprüft.

Januar 1992

01.01.: In Darmstadt wird ein Esel vorläufig festgenommen, der einen Streifenwagen der Polizei ordnungswidrig rechts überholt hatte.
Die Nachricht, daß mehrere Gerichte die vorzeitige Haftentlassung früherer Terroristen prüfen, löst eine kurze öffentliche Debatte aus. Am 8.1. ver-ständigen sich die Koalitionsfraktionen darauf, die verurteilten Terroristen zu behandeln wie alle anderen Inhaftierten. Am 21.2. wird als erste Claudia Wannersdorfer auf Bewährung vorzeitig aus der Haft entlassen.
03.01.: Nach Angaben von Innenminster Rudolf Seiters wurden 1991 in der Bundesrepublik 256.112 Asylanträge gestellt.
04.01.: Nach Verbüßung von zwei Dritteln seiner Strafe wird der wegen Mitgliedschaft in der RAF verurteilte Holger Deilke aus der Haft entlassen.
05.01.: Der Verdacht gegen den Schriftsteller Sascha Anderson, IM der STASI gewesen zu sein, wird bestätigt. Am 14.1. leitet der Generalbundesanwalt gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit ein.
08.01.: Vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht beginnt der Spionage-prozeß gegen den ehemaligen Regierungsoberamtsrat beim Bundesamt für Verfassungsschutz Klaus Kuron. Er wird am 7.2. zu 12 Jahren Haft verurteilt.
Im Prozeß gegen Inge Viett bestätigt ein ehemaliger STASI-Hauptmann, daß Mitglieder der RAF 1981 in der DDR Schießübungen mit Panzerfäusten ver-anstalteten.
09.01.: Nach der vom Bundesinnenministerium vorgelegten Rauschgiftbilanz sind 1990 in der Bundesrepublik 2.026 Drogentote registriert worden.
Das Bundeskabinett beschließt einen Gesetzentwurf, der die Justizverwaltungen berechtigt, die berufliche Vergangenheit ehemaliger DDR-Rechtsanwälte und -Notare zu überprüfen.
10.01.: Nach Einsicht in ihre STASI-Akte berichtet die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Barbe über die Beteiligung der STASI an der Gründung der Ost-SPD im Oktober 1989.
Die Akten der ehemaligen Bürgerrechtler Poppe und Bohley erhalten Hinweise darauf, daß der PDS-Vorsitzende Gregor Gysi für die STASI gearbeitet habe. Der Vorwurf der STASI-Tätigkeit wird am 10.2. auch von der Witwe Robert Havemanns gegen Gysi erhoben. Gysi bestreitet die Vorwürfe. Die Gauck-Behörde bestätigt, daß es einen „IM-Vorlauf“ unter dem Decknamen „Gregor“ gegeben habe.
11.01.: Nach Angaben des Bundesgrenzschutzes haben 1990 mindestens 15.406 Personen versucht, von Polen aus illegal in die Bundesrepublik ein-zureisen. Von diesen stellten 1.481 Personen einen Asylantrag; die anderen wurden an der Grenze zurückgewiesen oder abgeschoben.
12.01.: Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Vorwurfs der Nötigung und der persönlichen Bereicherung gegen den früheren Beauftragten der DDR-Regierung für humanitäre Fragen Rechtsanwalt Wolfgang Vogel.
Die Berliner Staatsanwaltschaft schätzt den Schaden der sog. Vereinigungs-kriminalität auf rund 6 Mrd. DM.
Es wird bekannt, daß der frühere Dresdener Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer IM war. Berghofer gibt am 29.1. vor dem Gericht, das gegen ihn wegen Wahlfälschung verhandelt, seine IM-Tätigkeit zu. Am 7.2. wird er wegen der Wahlfälschung zu einem Jahr auf Bewährung und einer Geldstrafe von 36.000 DM verurteilt.
13.01.: Vor dem Berliner Landgericht beginnt der Prozeß gegen zwei Männer, denen im Zusammenhang mit der Räumung der besetzten Häuser in der Ostberliner Mainzer Straße am 14.11.1990 schwerer Landfriedensbruch und Widerstand gegen Polizeibeamte vorgeworfen wird. Die Angeklagten werden zu Bewährungsstrafen verurteilt.
15.01.: Nach Angaben des Historikers W. Abramowski, früher Offizier der STASI, arbeiten rund 1.000 ehemalige STASI-Agenten beim Bundes-nachrichtendienst.
16.01.: Der Hamburger Datenschutzbeauftragte bestätigt, daß der Staatsschutz der Hamburger Polizei mehrere hundert Akten über Amnesty International (ai), Greenpeace, Robin Wood und andere Organisationen angelegt hat. Die Dokumente über ai seien mittlerweile vollständig, die anderen Akten zu einem Viertel vernichtet.
1991 wurden in der Bundesrepublik von Rechtsextremisten 2.368 Straftaten gegen Asylbewerber oder Ausländer verübt; dies ist eine Verzehnfachung im Vergleich zum Vorjahr.
19.01.: Die Gauck-Behörde teilt mit, daß entgegen der Rechtslage keiner der bundesdeutschen Geheimdienste STASI-Unterlagen an die Behörde herausgegeben hat. Im Frühjahr sollen rechtliche Schritte gegen die Ämter eingeleitet werden.
Der Bundestags-Innenausschuß bewilligt 1.500 zusätzliche Stellen für die Gauck-Behörde.
20.01.: Der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe schildert seine früheren engen Kontakte zur STASI, eine Tätigkeit als IM bestreitet er. Am 30.1. spricht ihm der brandenburgische Landtag mit großer Mehrheit das Vertrauen aus. Am 31.1. sieht Stolpe in der „Gauck-Behörde“ seine STASI-Akten ein. Am 12.2. setzt der Landtag einen Untersuchungsausschuß ein, der die Vorwürfe gegen Stolpe klären soll. Zwei Tage später wird unter Berufung auf einen ehemaligen STASI-Abteilungsleiter bekannt, daß Stolpe ohne sein Wissen als IM „Sekretär“ geführt worden sein soll.
Die Urteile gegen die Geiselnehmer von Gladbeck sind rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionsanträge der Verurteilten als unbegründet zurückgewiesen.
Im ersten „Mauerschützenprozeß“ werden zwei der vier angeklagten Grenzsoldaten zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten bzw. zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Am 5.2. endet ein weiterer „Mauerschüt-zenprozeß“ mit einer Verurteilung zu 21 Monaten Freiheitsstrafe bzw. 18 Monaten Jugendstrafe.
In Stuttgart beginnt der Prozeß gegen die RAF-Aussteigerin Monika Helbing; sie wird zu sieben Jahren Haft verurteilt. Die Bundesanwaltschaft legt gegen das Urteil Revision ein. Am 12.2. berichtet der ehemalige Terrorist Werner Lotze vor Gericht von Plänen der RAF aus dem Jahr 1978, Polizisten in Tretminenfallen zu locken.
21.01.: Der Generalbundesanwalt gibt bekannt, daß sich im Sommer 1991 ein Mann an das hessische Landesamt für Verfassungsschutz gewandt und seine Beteiligung am Attentat auf Alfred Herrhausen im November 1989 gestanden hat. Über die Nicht-Information des BKA entsteht in den nächsten Wochen eine öffentliche Kontroverse zwischen BKA und Generalbundesanwalt. Am 21.2. wird gemeldet, daß der Zeuge vor dem Ermittlungsrichter angegeben hat, er habe den hessischen Verfassungsschutz bereits eine Woche vor dem Attentat gewarnt. Er soll daraufhin einer psychologisch-psychiatrischen Untersuchung unterzogen werden.
Der frühere DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin räumt Kontakte mit der STASI zwischen 1972 und 1975 ein.
22.01.: Von den 1.050 überprüften Paßkontrolleuren des BGS-Ost ist 680 wegen politischer Belastung oder mangelnder Eignung gekündigt worden. 552 der Entlassenen klagen auf Weiterbeschäftigung.
23.01.: Der Bundestag beschließt mit den Stimmen der Koalition die Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Strafprozeßordnung. U.a. wird das Zollkriminalamt zu Eingriffen in das Fernmelde- und Briefgeheimnis ermächtigt.
24.01.: Der Berliner Innensenator Dieter Heckelmann teilt mit, daß das Landesamt für Verfassungsschutz weiterhin Erkenntnisse über Personen sowie Auskünfte aus dem Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NA-DIS) an die Geheimdienste der Westalliierten weitergibt.
25.01.: Der Stürmer des Fußballbundesliga-Vereins Dynamo Dresden, Torsten Gütschow, gibt zu, acht Jahre für die STASI gearbeitet zu haben. Es folgen weitere IM-Enthüllungen im Sport.
26.01.: Der ehemalige Terrorist und spätere taz-Redakteur Till Meyer gibt seine Tätigkeit als IM von 1987 bis 1989 zu. Wegen des Verdachts geheimdienstlicher Agententätigkeit leitet der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren ein.
27.01.: Aufgrund der Aussagen von RAF-Aussteigern ermittelt die Bundesanwaltschaft erneut gegen die ehemalige Terroristin Angelika Speitel. Frau Speitel war 1990 begnadigt worden.
31.01.: Nach einem Urteil des Bonner Landgerichts war der Fahnenflucht-Aufruf der GRÜNEN während des Golf-Krieges keine Anstiftung zu einer Straftat, sondern Teil der politischen Auseinandersetzung. Die angeklagten GRÜNEN wurden freigesprochen.

Februar 1992

03.02.: Es wird bekannt, daß mehrere IMs an der Gründung der GRÜNEN in der DDR beteiligt waren. Am 5.2. tritt eines der Gründungsmitglieder, Henry Schramm, aus der Partei aus.
Nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums hat das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt eine ‚Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS)‘ eingerichtet, die bundesweit alle Polizeibehörden über Fußballrowdies informieren soll.
Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Münch, kündigt an, alle Mitglieder des Kabinetts bei der Gauck-Behörde auf STASI-Mitarbeit überprüfen zu lassen.
05.02.: Nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks sind in der DDR bis 1981 mindestens 47 Menschen hingerichtet worden, denen Tätigkeit für oder Kontaktaufnahme mit westlichen Geheimdiensten vorgeworfen wurde.
Vertreter der ehemaligen DDR-Opposition wollen in Leipzig ein „Forum der Aufklärung“ gründen, das zur Aufarbeitung der DDR- und insbesondere der STASI-Geschichte beitragen soll.
Die Enquete-Kommission des Bundestages zur Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit soll spätestens bis Ende März ihre Arbeit aufnehmen.
Anläßlich der Vorstellung des brandenburgischen Landeskriminalamtes betont Innenminister Alwin Ziel, die Neuorganisation der Polizei des Landes sei abgeschlossen. Am 6.2. konstituiert sich der Potsdamer Polizeibeirat.
Wegen der Zunahme der „Alltagskriminalität“ fordert der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion eine kräftige Personalverstärkung der Polizei. Der Bund müsse den Ländern bei dieser Aufgabe finanziell helfen.
08.02.: Ca. 450 brandenburgische Polizisten demonstrieren in Cottbus gegen die „schleppende Eingruppierung“ ihrer Gehälter und gegen „unzumut-bare Dienstbedingungen“.
09.02.: Nach Presseberichten bietet das Bundesamt für Verfassungsschutz früheren STASI-Offizieren hohe Geldsummen, um deren Schweigen zu brechen. Unter Berufung auf einen internen Bericht des Bundeskriminalamts wird gemeldet, daß der Verfassungsschutz (ohne gesetzliche Grundlage) seit der Vereinigung STASI-Akten ausgewertet habe. Dies habe zur Festnahme von 159 Agenten und der Identifizierung von 140 Führungsoffizieren geführt. Am 15.2. teilt Generalbundesanwalt v. Stahl mit, aufgrund der systematischen Auswertung der STASI-Akten seien allein in den ersten beiden Februarwochen 200 neue Verfahren gegen ehemalige Westspione der DDR eingeleitet worden. Am 10.2. fordert der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz erneut Straffreiheit für die Mitarbeiter der früheren Hauptverwaltung Aufklärung der STASI, wenn diese als Gegenleistung ihr Wissen offenbarten.
11.02.: Es wird bekannt, daß der Bundesgerichtshof bereits Ende Januar der Beschwerde Alexander Schubarts gegen das letzte Urteil des Frankfurter Oberlandesgerichts stattgegeben hat. Schubart, einer der Wortführer der Startbahn West-Gegner, war im Mai 1991 wegen „Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall“ verurteilt worden. Der Prozeß muß neu aufgerollt werden.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Schnoor untersagt den Po-lizeibeamten des Landes den Gebrauch sogenannter „Säufer-Listen“. Wie vorher bekanntgeworden war, waren diese  Listen, die Namen und persönliche Angaben von Alkoholsündern im Straßenverkehr enthielten, als Hilfen für gezielte Streifentätigkeit angelegt worden.
Nach Presseberichten soll der Schriftsteller Günter Wallraff mit der STASI zusammengearbeitet haben. Wallraff bestreitet dies und kündigt rechtliche Schritte gegen die „Verleumdungskampagne“ an. Nach eigenen Angaben liegen der Gauck-Behörde „keine Erkenntnisse“ in dieser Angelegenheit vor.
13.02.: Das Amtsgericht Hamburg weist fünf Räumungsklagen der städtischen ‚Verwaltungsgesellschaft Hafenrand‘ gegen Bewohner der Hafenstraße in erster Instanz ab; die Gesellschaft kündigt Revision an. Weitere Räumungsprozesse stehen bevor.
Der Kommissarische Leiter der Bremer Datenschutzbehörde teilt der Öffent-lichkeit mit, daß entgegen früherer Zusagen von Polizei und Innenbehörde die Daten von 30 Palästinensern, die während des Golf-Krieges zur Bremer Polizei vorgeladen worden waren, weiterhin in der Staatsschutzdatei APIS gespeichert sind. Der Bremer Staatsschutz mache andere Stellen für die Speicherung verantwortlich.
Der Haushaltsausschuß des Bundestags bewilligt 1.200 neue Stellen für die Gauck-Behörde.
Der Bielefelder Polizeipräsident spricht sich für Straffreiheit von Drogenbesitz zum Eigenverbrauch aus. Am 26.02. ruft eine Strafkammer des Landgerichts Lübeck das Bundesverfassungsgericht an, um die Frage prüfen zu lassen, ob das Haschisch- und Cannabis-Verbot gegen das Grundgesetz verstößt.
14.02.: Mehrheitlich lehnt der Bundesrat den Antrag Baden-Württembergs ab, den Artikel 16 des Grundgesetzes (Asylrecht) zu ändern.
Die PDS-Gruppe im Bundestag teilt mit, daß drei ihrer 16 Abgeordneten mit der STASI zusammengearbeitet haben. Einer der Genannten, Gerhard Riege, erhängt sich am 15.02. Am 19.02. erklärt Jutta Braband, ihr Bundestagsmandat niederlegen zu wollen.
19.02.: Von den 340 Richtern und Staatsanwälten in Thüringen, die zum Zeitpunkt der deutschen Vereinigung im Amt waren, sind 171 im Über-prüfungsverfahren in ihren Ämtern bestätigt worden. Nur 18% der nicht Be-stätigten wurden von den Überprüfungsausschüssen abgelehnt; die anderen Kandidaten hatten während des Verfahrens ihre Bewerbung zurückgezogen.
Nach 106 Tagen geht die Besetzung der Schalom-Kirche in Norderstedt friedlich zu Ende. Die verbliebenen 13 Asylbewerber verlassen die Kirche in der Nacht unbemerkt, nachdem die Kirchengemeinde am Vortag Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt hatte.
20.02.: Die STASI, so wird bekannt, erstellte in den 70er und 80er Jah-ren Maßnahmepläne für den Fall, daß West-Berlin unter die Hoheit der DDR gerate.
21.02.: Mehr als fünfzig Inder können sich im niedersächsichen Schneverdingen aus einem luftdicht abgeschlossenen Container befreien, in dem sie illegal nach Kanada einreisen sollten. Am 27.2. wird gegen den vermeintlichen Drahtzieher des Menschenschmuggels ein Haftbefehl wegen versuchten Mordes erlassen.
23.02.: Nach dem Ausbruch zweier Strafgefangener in Stralsund wird einer der Flüchtenden von Polizisten erschossen.
Es wird bekannt, daß der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF jahrelang Arbeitnehmerdaten an das örtliche Polizeipräsidium zum Abgleich mit poli-zeilichen Dateien weitergeleitet hat. Die Staatsanwaltschaft hat bereits Er-mittlungen aufgenommen. In welchem Ausmaß Polizeidaten an die Firma BASF weitergegeben wurden, ist noch offen. Presseberichten vom 28.2. zufolge hat auch ein Datenaustausch mit dem Verfassungsschutz stattgefunden.
28.02.: Es wird bekannt, daß Brigitte Heinrich von 1982 bis zu ihrem Tod 1987 als IM für die STASI gearbeitet hat. B. Heinrich war in den 70er Jahren in Terrorismusverfahren angeklagt gewesen; später war sie Abgeordnete des Europaparlaments und Mitarbeiterin der taz.

Norbert Pütter ist Redaktionsmitglied und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.

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