Informations- und Kommunikationstech-nik in Brandenburg – neues Bundesland – neue Technik

Von der Informations- und Kommunikationstechnik der DDR wird das Land Brandenburg nur wenig übernehmen. Veraltetes Material, neue föderale Strukturen und der Anschluß an die Technik der alten Länder zwingen die Brandenburger Polizei ebenso wie die der übrigen Neu-Bundesländer zu einem weitgehenden Neuanfang. Bis Ende des Jahres werden rund 18,5 Mio. DM in die neue Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) des Landes geflossen sein.

In den alten Bundesländern stand bei der Einführung der EDV Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre der Aufbau großer Datenbanken im Zentrum. In-kompatible Techniken in den einzelnen Ländern führten zum Teil zu immensen Anpassungsausgaben, sowohl zu Beginn der Entwicklung, als auch bei den Zug um Zug erfolgten Modernisierungen der in rasendem Tempo veraltenden Technik.

Die neuen Bundesländer fangen nun – ausgestattet mit den Erfahrungen ihrer West-Berater – praktisch ganz neu an. Die Technik aus DDR-Zeiten ist zu einem großen Teil nicht mehr zu gebrauchen. Vieles entspricht nicht der neuen Verwaltungsstruktur, das meiste ist zu alt. Bestehende Netze für Telefon und Fernschreiber können nicht weiter genutzt werden. Zwar verfügte auch die DDR-Polizei über große Datenbanken, nicht aber über ein Datenübertragungsnetz. Der Austausch erfolgte über Disketten. Vom nunmehr aufgelösten Gemeinsamen Landeskriminalamt (GLKA) können die neuen Bundesländer zwar kriminaltechnische Untersuchungsgeräte, nicht aber Datenverarbeitungstechnik erben. Der erhebliche technische Rückstand könnte zumindest der brandenburgischen Polizei auf lange Sicht nun sogar zum Vorteil gereichen. Während die anderen Länder der Ex-DDR sich im wesentlichen den technischen Vorgaben ihrer Patenländer aus dem Westen anschließen und aufgrund ihrer desolaten Finanzlage die Technik nur stückweise erneuern wollen, hat sich der ‚Zentraldienst für Technik und Beschaffung‘ der brandenburgischen Polizei zu einem grundsätzlichen Neuanfang entschlossen. Im Vordergrund stehen dabei Kleinrechner und Kommunikationsnetze.

EDV

Ab Mitte März sollen die sechs Polizeipräsidien des Landes an das INPOL-System angeschlossen sein. Damit werden Direktanfragen im polizeilichen Fahndungssystem des Bundeskriminalamtes (BKA) möglich. Bis Ende des Jahres sollen auch die nachgeordneten Organisationseinheiten, die sog. Schutzbereiche, diese Möglichkeit erhalten. Gesteuert werden die Anfragen von einem Verteilrechner. Eigene größere Datenbanken sollen vorerst nicht aufgebaut werden. Statt dessen sollen Personalcomputer insbesondere da direkte Hilfen leisten, wo Beamte im täglichen Arbeitsablauf viel zu schreiben haben. Über die reine Textverarbeitung hinaus sollen bis Ende des Jahres auch die Verkehrsunfallstatistik, die Vorgangsbearbeitung (Tagebuch) und die Logistik (Erfassung von Beständen) auf Kleinrechnern betrieben werden.

Ob in Zukunft ein eigener Kriminalaktennachweis (KAN) und andere Bausteine eines INPOL-Land-Systems aufgebaut werden, hängt u.a. auch davon ab, wann Berlin und Brandenburg zu einem Bundesland vereint werden. Bis zu diesem Zeitpunkt werden Großrechner nicht für notwendig gehalten. Personendaten werden im Moment ohnehin noch nicht gespeichert, zuvor müssen die alten Datenbestände aus DDR-Zeiten bereinigt werden.

Fernsprechsondernetz auf ISDN-Basis

Das Renommierstück Brandenburgs auf dem Gebiet der Kommunikationstechnologie soll das Fernsprechsondernetz der Polizei werden. Bisher bedient sich die brandenburgische Polizei – ebenso wie ihre Kollegen in den anderen neuen Ländern – eines Netzes der früheren Nationalen Volksarmee (NVA), das nach der Vereinigung in den Besitz der Bundeswehr überging. Die Polizei muß demnächst aus diesem Netz weichen. Während die anderen Länder auf die weitere Verfügbarkeit dieses sog. S1-Netzes gesetzt hatten, begannen die Brandenburger bereits vorher mit eigenen Plänen und haben sich damit nun eine Menge Sonderausgaben erspart. Das neue System soll den Polizeidienststellen ab Mitte August dieses Jahres zur Verfügung stehen. Es wird – nach Aussagen des aus dem Partnerland Nordrhein-Westfalen delegierten Chefs des Zentraldienstes Bodo Schmidt – das modernste polizeiliche Fernsprechnetz der BRD werden.

Vom Fernschreiber zur elektronischen Post

Nicht länger gedacht wird dabei an eine Integration von Telephonnetz, Daten- und Textkommunikation, wie dies Anfang der 80er Jahre unter dem Begriff DISPOL diskutiert worden war. Zwar muß man auch das Telexnetz grundsätzlich renovieren, denn die aus DDR-Zeiten übernommenen Geräte sind völlig überaltert. An die Stelle der alten Geräte und Netze soll anschließend ein ‚electronic mail-system‘ treten, das für die Benutzer erhebliche Vorteile bietet: Texte können auf einem PC fertig redigiert und in den elektronischen Briefkasten eines anderen Rechners überspielt werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß auch die Bürokommunikation erleichtert wird. Bis zum Abschluß der polizeilichen Ermittlungen könnten so z.B. alle anfallenden Dokumente von Stufe zu Stufe an die jeweiligen PCs der BearbeiterInnen weitergegeben werden. Die Zeitersparnis ist enorm.

Über ‚electronic mail‘ und einen Vermittlungsrechner können die Beamten dann an alle Polizeidienststellen innerhalb und außerhalb des Landes herantreten. Eine direkte Anfrage im Datensystem eines Nachbarlandes ist dadurch allerdings nicht möglich. Dort landet das Fernschreiben als „hard copy“, d.h. als Papierausdruck.

Funknetz

Völlig erneuert werden muß auch das Funknetz der Landespolizei. Jedes Po-lizeipräsidium soll im Laufe der nächsten Jahre ein neues Funknetz erhalten. Bis dahin muß die Polizei die alten Frequenzen im 2m-Band verlassen. Damit verbunden ist auch die Anschaffung neuer Funkstreifenwagen. Mit 100 Wagen hat Nordrhein-Westfalen den Brandenburgern vergangenes Jahr unter die Arme gegriffen, sie selbst wollen in diesem Jahr 150 neue Fahrzeuge anschaffen. In etwa zwei Jahren sollen sämtliche der rund 500 Funkstreifenwagen über die neue Technik verfügen.

Gebildet wurde auch eine Arbeitsgruppe, die die Gestaltung von Einsatzleit-stellen planen soll. Die Notrufe ‚110‘ laufen derzeit noch dezentral auf den einzelnen Polizeidienststellen an, in Zukunft soll dies zentralisiert werden. Zwar beträfen die meisten Anrufe lokale Ereignisse, so Schmidt, aber das schnelle Herbeirufen von Unterstützung oder die schnelle Organisation von Kontrollstellen seien nur durch eine Zentralisierung zu gewährleisten. Den Anfang will man mit einem Statusrechner bei den Einsatzleitstellen machen, der automatisch die Einsatzbereitschaft des jeweiligen Fahrzeuges signalisiert.

Fazit

Die Anfänge der neuen IuK-Technologie in Brandenburg setzen damit kleinere und schnell realisierbare Lösungen, wobei sie sich nicht nur an den neuesten Standards der Europäischen Gemeinschaft orientieren, sondern sich zugleich auch die Möglichkeiten weiterer technischer Lösungen offenhalten. Ob es auf diese Weise gelingt, frühere westdeutsche Fehler zu vermeiden, wird sich in den nächsten Jahren zeigen müssen; zumindest jedoch wird das Land damit Ausgaben ersparen.