Dokumentation

ANTRAG1
für die Sitzung des Innenausschusses am 15.1.1992

zu TOP 7: Gauck-Behörde/Stasi-Unterlagen

Der Ausschuß möge beschließen:

Der Bundestags-Innenausschuß

1. dankt Herrn Gauck und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für ihren Arbeitseinsatz und ihr Bemühen, die Fülle von Auskunfts- und Einsichtsanträgen ab Inkrafttreten des „StUG“ angemessen zu bewältigen.

2. bittet den Bundesinnenminister des Innern sowie Herrn Gauck, dafür Sorge zu tragen, daß die technischen Voraussetzungen bzw. Begleitumstände für Auskunft, Einsichtnahme und Kopiermöglichkeiten von Unterlagen so schnell wie möglich noch verbessert werden, indem
a) größere Räume für die Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden;
b) deren Ausstattung mit größeren Tischen, bequemen Stühlen und ausreichend Fotokopierern sichergestellt wird;
c) die Möglichkeit zum Kopieren auch umfangreicherer Akten über Betroffene oder Dritte dadurch gewährleistet wird, daß hierfür keine Gebühren erhoben werden oder in der vom BMI gemäß   34 Abs. 2 zu erlassenen Rechtsverordnung die Gebührensätze zumindest gering angesetzt und Verzichts-Tatbestände vorgesehen werden.

3. hält bis zur Verabschiedung einer Benutzungsordnung unter Mitwirkung des Beirats gemäß    37 Abs. 2, 39 Abs. 2 StUG folgende praktische Anwendung des StUG für angemessen:
a) Betroffenen und Dritten soll gestattet werden, sich zur Einsichtnahme in ihre Unterlagen von einer Person ihres Vertrauens begleiten zu lassen, welcher nicht Rechtsanwalt oder -beistand sein muß (  13 Abs. 7, 3), wenn sie selbst eine diesbezügliche Einwilligungserklärung vorlegen (  12 Abs. 4 Nr. 1 analog).

b) Mehrere Betroffene oder Dritte sollen gemeinsam sie betreffende Unterlagen (z.B. ZOV’s) einsehen können (Regelfall des   12 Abs. 4 Nr. 2) oder jedenfalls soweit sie wechselseitige Einwilligungserklärungen einreichen (  12 Abs. 4 Nr. 1).

c) Bei der Einsichtnahme in Unterlagen, die auch Angaben über andere Be-troffene oder Dritte enthalten, soll vor einer Einschränkung der Einsicht
aa) den Antragstellern Gelegenheit und Hilfestellung gegeben werden, die für eine Einwilligung dieser Personen gemäß   12 Abs. 4 Nr. 1 notwendigen Adressen zu ermitteln;
bb) die nach   12 Abs. 4 Nr. 2 maßgebliche Frage, ob „schutzwürdige Belange“ dieses Personenkreises an der Geheimhaltung überwiegen, regelmäßig verneint werden, wenn es sich handelt um
aaa) offenkundige Informationen, etwa Medienberichte, oder
bbb) Informationen über Personen der Zeitgeschichte, sofern nicht deren Privatsphäre berührt ist.

d) Sind vor der Herausgabe von Duplikaten gemäß   13 Abs. 4 Angaben über an-dere Betroffene oder Dritte zu anonymisieren, soll – trotz des augenblickli-chen „Massengeschäfts“ – jeweils
aa) mit besonderer Sorgfalt die Abgrenzung gegenüber Angaben über ehemalige MfS-Mitarbeiter und Begünstigte geprüft und gewährleistet werden;
bb) im Wege „teleologischer Reduktion“ der Vorschrift (im Hinblick auf   12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1,   43 Abs. 2 StUG in Verbindung mit   4 Abs. 1 BDSG) eine Anonymisierung unterbleiben, wenn
aaa) der andere Betroffene oder Dritte einwilligt; oder
bbb) das Unterbleiben der Anonymisierung offensichtlich im Interesse der anderen Person liegt; oder
ccc) kein Anlaß zu der Annahme besteht, daß die andere Person dem Unterbleiben einer Anonymisierung verweigern würde.

e) Herr Gauck und seine Mitarbeiter werden gebeten, Personen, die bei der Einsichtnahme auf Angaben über Schädiger stoßen, denen gegenüber sie Rechtsansprüche verfolgen wollen, aufgrund ihrer Angaben aus   37 Abs. 1 Nr. 7 Hinweise zu geben über die Möglichkeiten zur Ermittlung von Adressen z.B. bei den Meldeämtern, über strafprozessuale Handlungsalternativen sowie über die Befugnisse aus    27, 28.

Gruppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag

1 an den Innenausschuß des Deutschen Bundestages; wurde als sog. Initiativ-Antrag nicht formell behandelt