Redaktionelle Vorbemerkung

von Otto Diederichs

Im letzten Heft des Jahrgangs 1995 mußten wir ankündigen, daß das weitere Erscheinen des Informationsdienstes Bürgerrechte & Polizei/CILIP in 1996 nicht mehr gesichert sei. Nun liegt die neue Ausgabe doch vor und mit sehr spitzem Bleistift gerechnet, konnte die finanzielle Decke bis in die zweite Jahreshälfte verlängert werden: Als gesichert dürfen auch die Herausgabe von Heft 54 (2/96) und Heft 55 (3/96) gelten. Damit wäre dann auch der Jahrgang 1996 komplett. Leben Totgeglaubte deshalb länger? Diese Frage kann derzeit noch nicht eindeutig beantwortet werden und hängt von einer Reihe verschiedenster Faktoren ab, insbesondere davon, daß es gelingt eine neue, dauerhafte Finanzierung zu finden. Das Jahr 1997 jedenfalls ist gegenwärtig noch völlig unklar.

Zum Schwerpunkt

Sicherlich kann davon ausgegangen werden, daß die in ihrer Errichtung un-terdessen weitgediehene europäische Polizeibehörde EUROPOL in der Bevölkerung mittlerweile bekannt ist. Über den bloßen Namen hinaus weiß jedoch auch eine interessierte und kritische Öffentlichkeit häufig eher wenig über diese Organisation. Noch augenfälliger ist solche Unkenntnis hinsichtlich der ‚Dritten Säule‘ der Europäischen Union (EU). Was dort im Rahmen der ge-meinsamen Innen- und Rechtspolitik vereinbart und umgesetzt wird, muß weithin als unbekannt gelten.

Nicht anders ist es beim Zoll, der seiner einstigen Rolle als kleiner Bruder der Polizei längst entwachsen ist. Dieser Mangel an Information ist kein Zufall; die Beratungen und Vereinbarungen im Bereich der Inneren Sicherheit der EU vollziehen sich nahezu von Anbeginn weitgehend unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Um dem bisherigen Mangel an Informationen zumindest in Teilen etwas ent-gegenzusetzen, veröffentlicht Bürgerrechte & Polizei/CILIP mit der vorlie-genden Ausgabe auszugsweise einige aktuelle, bisher unbekannte Dokumente zur Inneren Sicherheit in der EU. (Wichtige Vorarbeiten zu diesem Schwerpunktheft entstanden im Rahmen des Forschungsprojektes „Internationale Polizeikooperation am Beispiel Drogenhandel“ der ‚AG Bürgerrechte‘). Da in allen Bereichen die Informationstechnologie von besonderer Bedeutung ist, konzentrieren sich Dokumentenauswahl und Kommentartexte überwiegend auf die Datenverarbeitung, von der auch der hessische Datenschutzbeauftragte Winfried Hassemer sagt, die „ausufernden Befugnisse“ gingen weit über das in Deutschland Erlaubte hinaus. Die vollständigen Dokumente ebenso wie weitere Materialien, die aus Platzgründen nicht abgedruckt werden konnten, können Interessierte gegen Erstattung der Unkosten beim Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit e.V. (Adresse siehe Impressum) anfordern.

Die nächste Ausgabe von Bürgerrechte & Polizei/CILIP (erscheint Ende Juli) wird das Thema Öffentlichkeit und Transparenz von (Sicherheits)Behörden weiterführen und sich im seinem Schwerpunkt mit Aktenauskünften, Akteneinsichtsrechten und Fragen des Informationszuganges beschäftigen.

Otto Diederichs ist Redakteur und Mitherausgeber von Bürgerrechte & Polizei/CILIP