„Wer das Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus und zwar schnell,“ so der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder am 20. Juli 1997. Die Konstruktion des „Ausländers“ als kriminellen Kraftprotzes ist das ideale Unterfutter für eine populistische Wahlmobilisierung.
Der moderne Staat und die von ihm und in ihm zivilisierte Gesellschaft werden konstituiert durch Grenzen, durch soziale und politische Einschließungen/Eingrenzungen und Ausschließungen/Ausgrenzungen. Die Staatsbürger (ab dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert auch die Staatsbürgerinnen) werden von den Ausländerinnen und Ausländern oder Fremden abgegrenzt.
Aus- und Eingrenzungen hat es auch zuvor gegeben. Desgleichen diesbezügliche Vorurteile, Ängste, Aggressionen und Leid. Der moderne Nationalstaat zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass er zum einen von seinen ‚eigenen‘ BürgerInnen ein besonderes Ausmaß an Loyalität verlangt, die bis zum soldatischen Lebensopfer reicht. Zum anderen werden auch in den liberalen Verfassungsstaaten Fremde zu Personen minderen Rechts. Die Bürgerrechte gelten nur für die StaatsbürgerInnen, für die AusländerInnen bleiben nur die allgemeinen, in strittigen Fällen höchst unverbindlichen Menschenrechte. Der Nationalstaat pumpt die Loyalitäts- und Identifikationsanforderungen an die eigenen BürgerInnen auf. Er gewährt ihnen das Privileg eingegrenzt sicherer Existenz. Diejenigen, die nicht dazugehören, entbehren nicht nur des existentiellen Aufenthaltsrechts und der mit ihm verknüpften Rechtssicherheiten; diejenigen, die nicht dazugehören, werden darüber hinaus von den eingegrenzt Einheimischen als mehrfache Bedrohung und damit als mehrfacher Gegenstand der Projektion erfahren und benutzt. Diese Anderen bedrohen durch ihre Andersartigkeit, die zuallererst im verschiedenen Staats- oder Grenzstatus zum Ausdruck kommt. Eben als Ausländer. Sie werden mit allen möglichen zusätzlichen kulturellen Zuschreibungen überhäuft, denen sie anderwärts sozialisiert auch in verschiedenem Maße entsprechen. Doch entscheidend bleibt die Staats-Rechts-Status-Differenz. An ihr kristallisiert sich alles aus. Die Ausgegrenzten bedrohen zugleich dadurch, dass sie die eigenen prekären Sicherheiten aufzeigen, ohne diese in aller Regel konkret zu gefährden. Oft ist das Gegenteil der Fall. AusländerInnen tragen am Fuße der sozialen Pyramide dazu bei, dass die groben und die feinen Unterschiede zugunsten selbst noch der Unterklassen der ‚einheimischen‘ Bevölkerung ausfallen: Die Sicherheit des Arbeitsplatzes, des sozialen Status und nicht zuletzt die Sicherheit vor kriminellen Übergriffen aller Art. Die von Ängsten besetzten Vorstellungen, die um solche kriminellen Gefährdungen kreisen, bieten die nahe liegendsten Ansatzpunkte aller möglichen Projektionen. Und wie vorurteilsüblich fließen in solche Projektionen alle möglichen eigenen Süchte und Verleugnungen hinein, die sich in ’sex and crime‘, in ‚crime and drugs‘, in ‚property and crime‘ bündeln. Ausländer werden fast identisch mit allen möglichen Gefahren schlechthin.
Die hier angedeutete Konstruktionslogik, die den „Ausländer“ zu einer kriminalpolitischen Kategorie werden lässt, weist zuallererst und zentral auf die Einheimischen und ihre vor allem politisch und ökonomisch begründeten Umstände zurück. Der Mangel an eigenen Sicherheiten, der Mangel an demokratisch gegründetem Selbstbewusstsein findet sich verkehrt in der Projektion des ‚Ausländers‘ und der mit ihm allgemein und vorweg assoziierten Kriminalität wieder. Freilich: die AusländerInnen müssen die politisch-rechtlichen, die strafverfolgerischen, die ausländerfeindlichen Folgen solcher einheimischen Unsicherheiten erleiden. Die Einheimischen selbst genießen das (fragwürdige) Privileg einer Politik, die ihre alles andere als natürlichen Vorurteile im Sinne eines Akzeptanzmanagements, einer populistischen Politik der Wahlmobilisierung bestätigt und verstärkt. Dieser Vorgang kommt im symptomatischen Schröder-Ausspruch zum Ausdruck, dem die offizielle Politik davor wie danach entspricht. Die Doppelkonstruktion der Vorurteile gegenüber dem ‚Ausländer‘ – die männliche Form im Singular bringt die eigenartige Abstraktion des Vorurteils richtiger auf einen Nenner als die sonst angebrachte gendergleiche Form – und der Ausländerpolitik zeigt erst, wie umfangreich ihre grundrechtlich demokratischen Kosten anfallen. Und zwar auch und gerade für die „einheimische“, die staatsbürgerliche Bevölkerung und ihre Lebensqualitäten.
Den Kriminalitätsprotz „Ausländer“ gibt es nicht
Nüchterne Einsichten erweisen diesen kriminellen Kraftprotz rasch als – freilich folgenreiche – Schöpfung aus dem Geist ihrerseits staats-rechtlich produzierter und am Leben gehaltener Vorurteile. „Dabei ist bereits der Begriff ‚Ausländer'“, so fasst Hans-Jörg Albrecht zusammen, „ebenso wie ‚ethnische Minderheit‘ sehr vage und deshalb für eine angemessene Analyse ungeeignet. Es handelt sich um kaum mehr als ‚Einkaufskorb-Begriffe‘: Sie beschreiben keine einheitliche Gruppe, sondern eine ganze Reihe von Einwanderungsgruppen und Minderheiten, die sich im Hinblick auf ihre Religion, Hautfarbe, Sprache und Nationalität sowie durch ihren kulturellen Hintergrund, ihre Gründe für die Einwanderung, ihre (ausländer-)rechtliche Stellung im Einwanderungsland und die Geschichte der Beziehungen zwischen Herkunftsland und Einwanderungsland unterscheiden.“ Diese mehrdimensionale Pluralität zwischen den AusländerInnen übertrifft bei weitem die Pluralität der InländerInnen. Diese Feststellung steht der terrible simplification des herrschenden, auch herrschend amtlichen Vorurteils „den Ausländer“ betreffend entgegen. „Es gibt heute keinen Zweifel mehr, dass das Merkmal ‚Staatsangehörigkeit‘ und ‚Rasse‘ für die Erklärung von Kriminalität bedeutungslos sind. Niemand behauptet ernsthaft, dass die Staatsangehörigkeit kriminelles Verhalten erklären könne.“ Wenn es den Ausländer und die spezifisch Personen als Ausländern zuschreibbare Kriminalität nicht gibt und – so Albrecht weiter – „gleichwohl die Kriminalitäts- und Justizstatistiken Deutschlands und anderer Länder Tatverdächtige, Verurteilte und Strafgefangene nach der Staatszugehörigkeit unterscheiden, dann ist nach den Gründen dafür zu fragen.“ [2]
Blättert man durch die wissenschaftlich aufgezäumten Artikel, die sich in aller Regel reichlich pauschal mit „Ausländerkriminalität“ oder der Kriminalität „der“ Türken, „der“ Kurden etc. befassen, dann fällt eine Lücke auf, die so groß geraten ist, dass sie geradezu schreien müsste. Der Kontext der ’normal-gewöhnlichen‘ Bundesrepublik (oder der USA oder Frankreichs usw.) und hier vor allem die etablierte Politik werden nicht als Bedingungsgeflecht des Verhaltens gerade der AusländerInnen bedacht. Die Bundesrepublik und ihre – einheimische – Gesellschaft werden vielmehr so behandelt, als handele es sich um unschuldige Opfer der ausländischen Täter. Und diese Täter werden zudem phantastisch groß geschrieben. Wenn die dauernd akuten Straftaten nicht aus der Ausländern ohnehin eigenen kriminellen Energie – sozusagen ausländerautomatisch – hervorgehen, dann sind diese Taten allenfalls von den jeweiligen Herkunftsländern verursacht, beispielsweise dem seinerseits pauschal disqualifizierten „Islamismus“. Da also jede Ursachen- bzw. Bedingungsanalyse unterlassen wird, und vor allem der unmittelbare bundesdeutsche Kontext draußen vor der analytischen Tür bleibt, versteht es sich, dass gegen das von außen kommende Böse mit allen strafverfolgerischen und präventiven Mitteln vorgegangen werden kann, ja muss. Wo (potentielle) Ausländerkriminalität gehobelt wird, da fallen unvermeidlich grund- und menschenrechtliche Späne.
Das Interesse an der heimatbewussten Herrschaftsreduktion „Ausländer“/“Ausländerkriminalität“ besteht also darin, die Einheimischen und ihr Gebaren kritisch unberührt zu lassen, den staatlichen und – dadurch lizenziert – auch den privaten Gewaltapparat ausbauen und einsetzen zu können und schließlich über die Bekämpfung „der“ Ausländerkriminalität Legitimationen aller Art einzuheimsen.
Konstruktionselemente der Ausländerkriminalität
Zum ersten, die offizielle Politik: Symptomatisch kann man die regierungsamtlich-volksparteiliche Konstruktion der Ausländerdiskriminierung vor dem dunklen Hintergrund der Ausländerkriminalität quer durch die Unions-europäischen Länder an der doppelmoralischen Reaktion auf das österreichische Haider-Phänomen illustrieren. Während auf der einen Seite Haiders ausländerfeindliche Äußerungen, seine Parole: „Österreich nur den Österreichern“ EU-offiziell von 14 Staatsmännern stark verurteilt wird – mit schlimmen Konsequenzen bis ins österreichisch-europäische Händeschütteln hinein – sind all diese Haider-feindlichen, europäisch zivilisierten Regierungsleute kräftig dabei, die gemeinsamen europäischen und die nach innen vermehrten einzelstaatlichen Grenzen gegenüber unerwünschten AusländerInnen so dicht wie irgend möglich zu machen und die jeweilige Abschiebetätigkeit fleißig zu betreiben. Weit über die Haider-Reaktionen hinaus, darum sind dieselben nur ein Symptömchen, muss geradezu von einer systematischen Diskriminierungspolitik gegenüber den AusländerInnen gesprochen werden. Diese Diskriminierungspolitik, der die Political Correctness des Anti-Diskriminierungsjargons korrespondiert, ist längst zu einer gemeinsamen europäischen Akte geworden. Zur ersten, zur Hauptsäule des europäisch unionistischen Gebäudes also.
Zum zweiten: Selbst wenn man dem „Labelling-Approach“ nicht gänzlich folgt, weiß doch jede und jeder, die sich auch nur ein wenig nachdenkend mit Phänomenen der Kriminalität befasst haben, dass abweichendes und schließlich mit Strafe belegtes Verhalten keine Natur-, sondern eine Kultur-Tatsache darstellt. Sprich: Das, was als Kriminalität bezeichnet und dann schon wieder in unterschiedlichen Maßen verfolgt wird, wird von der jeweiligen Normal-Gesellschaft, wird von der hauptsächlich normgebenden Instanz, dem Strafgesetze satzenden und Strafverfolgung organisierenden Staat bestimmt. Betrachtet man vor dem Hintergrund dieser banalen Einsicht das Norm- und strafverfolgerische Institutionengeflecht, dann wird klar und deutlich, warum AusländerInnen, schematisch auf den kriminogenen Ausländer reduziert, ungleich öfters mit den Gesetzen in Konflikt geraten und ungleich mehr von allen Instanzen der Strafverfolgung aufgegriffen, verurteilt und eingebuchtet werden. Eine Reihe von Gesetzen, die meist, wie beispielsweise das Ausländergesetz von 1991, den staatlichen Exekutiven einen rechtsstaatlich skandalösen Ermessensspielraum zu kasuistisch fast beliebigem Verhalten öffnen und damit die Rechtssicherheit für die ausländischen BürgerInnen drastisch verkürzen, sind faktisch, und geradezu demokratisch rechtsstaatswidrig, Spezialgesetze für AusländerInnen. Noch schärfer gilt diese Feststellung für die mit dem ausgelöschten Grundrecht auf Asyl, dem seit dem 1. Juli 1993 geltenden Art. 16a GG verbundenen Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes, des Asylbewerberleistungsgesetzes u.ä.m. Angesichts der darin formulierten Sicherungsvorkehrungen ist es für Asylsuchende aller Art schon nahezu unmöglich, ohne Gesetzesverstoß auch nur in die Bundesrepublik zu kommen. Unter anderem werden durch die bundesdeutsche (Anti-) Asylgesetzgebung die sog. Schleuserkriminalität und die mit ihr verbundenen Gesetzesverstöße der „Schmuggelware Mensch“ produziert. Umso doppelmoralischer und wahrhaft doppelgesetzlicher fallen dann Analysen aus, die vor dieser Kriminalität wie vor einer dunkel auf Europa zurückenden Wolkenwand mit der üblichen Flutmetaphorik warnen.[3]
Zum dritten: die politischen, die rechtlichen, die ökonomischen, die sozialen und die kulturellen Bedingungen, die AusländerInnen in der BRD (oder in anderen hochzivilisierten Ländern, selbstredend immer im Westen) vorfinden und die sie bestenfalls in den Formen repressiver Toleranz erfahren, sorgen dafür, dass zum einen abweichendes Verhalten geradezu normiert und normalisiert wird und dass zum anderen dort, wo abweichendes Verhalten vorkommt, selbiges in besonderem Maße inkriminiert wird. Obwohl die Mehrheit der AusländerInnen in ihrer Arbeit überausgebeutet wird, für sie die schlechten Wohnungen und die schlechte Bildung reserviert sind, sie also von den Wohlfahrtsversprechen ausgeschlossen werden, die für die einheimische Normalbevölkerung trotz Krise immer noch eher vorgesehen sind, erwartet nicht nur das Ausländergesetz von ihnen ein besonderes Wohlverhalten. Zuwiderhandlungen sind nicht nur mit Strafe bedroht, sondern auch mit Abschiebung. Die Delikte, die ihnen offen stehen, sind die „präventablen“ und damit für die Polizei leicht kontrollierbaren. U-Haft wird leichter verhängt, weil Fluchtgefahr eher zu erwarten ist. Haftstrafen werden häufiger ganz abgesessen, weil statt einer Resozialisierung eine Abschiebung ansteht. AusländerInnen sind also nicht nur sozial und rechtlich marginalisiert, sondern zudem eher kriminalisierbar und schneller kriminalisiert.
Zum vierten: die Statistik. Seit langem ist zureichend von allen möglichen Seiten nachgewiesen worden, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) zu allem möglichen taugt, nur nicht dazu, „objektiv“ kriminelles Verhalten zu messen, auch wenn man davon absieht, dass solche statistischen Messungen immer dadurch bestenfalls Teilrichtigkeiten liefern, weil sie über die Genesis, die Produktion der statistischen Größen schweigen. Die PKS-Daten entbehren nicht nur eines angemessenen, analytisch fundierten und in seinen Urteilskriterien überzeugend begründbaren Konzepts. Sie sind darüber hinaus ganz und gar unzuverlässig. Und doch wird mit diesen Daten fortdauernd kriminalpolitisch Schindluder getrieben. Diese Feststellung gilt selbst für viele derjenigen, die sich der engen Aussagegrenzen der PKS bewusst sind und dennoch damit argumentieren, also Vorstellungen, Ängste und Praktiken prägen bzw. rechtfertigen. Insgesamt ist immer erneut erstaunlich, wie auf den Feldern der Kriminalpolitik und der argumentativen Kriminalverfolgung, auf denen äußerste Sorgfalt Not täte, geschlampt, mit vagen Begriffen gearbeitet, von ungeprüften Voraussetzungen ausgegangen und im Modus des Indikativs spekuliert wird. So beispielsweise Rupprechts noch vergleichsweise differenzierter Artikel: „Danach bildet die Immigration, je mehr sie das Fassungsvermögen und die Toleranzgrenze der Gesellschaft übersteigt, selbst eine objektive Ursache fremdenfeindlicher Kriminalität. Wir sehen also ein dreidimensionales Beziehungsgeflecht zwischen Immigration und Innerer Sicherheit: Immigration als Ursache, Immigranten als Täter und Opfer.“[4]
Zum fünften, Strafverfolgung, Strafgerichtsbarkeit und Strafvollzug: Auf deren ungleich einheimische und ausländische Personen und Kollektive sortierendes, aufgreifendes, aburteilendes und verwahrendes oder abschiebendes Verfahren weise ich hier nur noch pauschal hin. Strafverfolgung und -vollzug arbeiten nicht nur mit sozial höchst ungleich löchrigen Sieben, deren Maschen für Ausländerinnen und Ausländer besonders fein gespannt sind. Auch all ihre meist mehr als minder invasiven Maßnahmen und die ihnen geltenden Rechtfertigungsmuster sind vor allem auf „die“ Ausländer ausgerichtet. Am Exempel Organisierte Kriminalität oder Drogenkriminalität lässt sich nicht nur die Kriminalitätskonstruktion besonders gut demonstrieren, sondern auch zeigen, wie die Strafverfolgungsbehörden und ihre kriminalpolitischen Mundschenke ihre verschwörungstheoretisch aufgeblasenen Konstruktionen dazu gebrauchen, um die Aushöhlung eines grund- und menschenrechtlich vertäuten Rechtsstaats zu legitimieren.[5]
Stoßseufzer
Würden doch endlich Folgerungen gezogen, die der Sicherheit der Bevölkerung, einschließlich aller AusländerInnen dienten und einer wirklichkeitswissenschaftlich begründeten Kriminologie entsprächen, die nicht dauernd mit vagen Begriffen und interessierten Spekulationen arbeitete! Ich vermag an dieser Stelle nicht viel mehr, als diesen Stoßseufzer zu artikulieren. Es ist geradezu grotesk, wie aufwendig alle möglichen ExpertInnen vom Verfassungsschutz[6] über die Strafverfolgungsbehörden bis zur Wissenschaft ihrem Beruf gemäß Expertisen von sich geben, die all das versäumen, was genetisch und funktional für eine demokratisch rechtsstaatliche Kriminalpolitik vonnöten wäre. Was ließe sich an „wissenschaftlichem“ Aufwand sparen, wenn die damit befassten WissenschaftlerInnen endlich das tun würden, was als Modeausdruck heute durch die internationale Literatur pilgert: die „embeddedness“, die Einbettung aller sozialen Sachverhalte, insbesondere der kriminogenen zur Kenntnis zu nehmen. Entsprechend müssten die Untersuchungen anders angestellt werden und die Folgerungen anders lauten. Klar und eindeutig ist jedenfalls: Würden den Einheimischen und den Ausländischen gegenüber demokratische Verfahren gewährt, würde eine grund- und menschenrechtlich gegründete rechtsstaatliche Praxis beachtet, dann hörte das Reden vom „schwarzen“ ausländischen Mann auf, ebenso das heimatliche Gruseln; dann könnte daran gegangen werden, die sozialen Bedingungen zu schaffen, die es unwahrscheinlicher machen, dass InländerInnen und AusländerInnen sich wechselseitig gefährden und tatsächlich verletzen. Und sei es nur in der projektiven Gewaltphantasie.
Wolf-Dieter Narr lehrt Politologie an der FU Berlin und ist Redaktionsmitglied von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.
[1] so der Titel des Buches von Parin, P.; Morgenthaler, F.; Parin-Matthèy, G.: Psychoanalyse und Gesellschaft am Modell der Agni in Westafrika, Frankfurt/M. 1971
[2] Albrecht, H.-J.: Die neue Angst vorm schwarzen Mann, in: Überblick 1998, H. 1, S. 13-16 (13)
[3] z.B. Thamm, B.G.: Schmuggelware Mensch. Schleuserkriminalität als profitabler Wirtschaftszweig, in: Deutsche Polizei 1998, H. 1, S. 6-15
[4] z.B. Rupprecht, R.: Zuwanderung und Innere Sicherheit, in: Angenendt, S. (Hg.): Migration und Flucht, Bonn 1997, S. 87-95 (92)
[5] vgl. Pütter, N.: Der OK-Komplex, Münster 1998, Busch, H.: Polizeiliche Drogenbekämpfung, Münster 1999
[6] s. Marr, M.: Bedrohung durch Aktivitäten terroristischer bzw. extremistischer Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland – Aktuelles Lagebild, in: Polizei-Führungsakademie (Hg.): Strategie und Taktik zur Bewältigung von Großlagen (PFA-Schlussbericht, Nr. 23/1998), Münster 1998, S. 213-233
Bibliographische Angaben: Narr, Wolf-Dieter: Kriminalpolitische Kategorie: Ausländer. „Fürchte deinen Nächsten wie dich selbst“, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 65 (1/2000), S. 6-13