Illegale „Hooligan“-Datei?

Sie wächst und wächst. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl der in der Datei „Gewalttäter Sport“ (GWS) gespeicherten Personen um etwa 1.000 Einträge: Am 30. Januar 2009 waren es 10.771.[1] Unklarheit herrscht weiterhin über die Rechtsgrundlage der im Auftrag des BKA von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) geführten Verbunddatei. Im Dezember 2008 hatte das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Hannover bestätigt, in dem das Fehlen einer Rechtsverordnung zur Einrichtung der Datei moniert worden war.[2] Die beklagte Polizeidirektion Hannover geht nun in Revision vor das Bundesverwaltungsgericht. Im  Bundestag brachte die FDP im Januar einen Entschließungsantrag zur Schaffung einer Rechtsgrundlage und „klarer Regelungen für die Voraussetzungen der Aufnahme in die Datei“ ein.[3] Auf Anfrage der Bündnisgrünen erklärte die Bundesregierung, den Erlass einer Verordnung und die Möglichkeit einer Benachrichtigungspflicht gegenüber Betroffenen zu prüfen. Gleichzeitig beharrt sie auf dem Standpunkt, dass auch die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens aufgrund der „prognostischen Relevanz“ der polizeilichen Sicht der Dinge kein hinreichender Grund für die Löschung von Daten sei.[4] Folgen eines Eintrages für die Betroffenen können polizeiliche Meldeauflagen, Hausbesuche oder Ausreiseverbote, aber auch die verdeckte Registrierung von Reisebewegungen sein. Verbindliche Löschungsfristen sind bisher nicht vorgeschrieben, nur eine „Aussonderungsprüfung“ nach fünf Jahren. Nach Einschätzung des Bundesdatenschutzbeauftragten wird die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes  „Auswirkungen auf alle Rahmen von Inpol geführten Verbunddateien haben“,[5] also auch auf die 2000 nach dem Vorbild der GWS eingerichteten Dateien LIMO, REMO und AUMO über „politisch motivierte Gewalttäter“. Dass eine Rechtsverordnung über die Einrichtung der GWS die erhoffte Normenklarheit bringen könnte, scheint angesichts der Präventivlogik der Datei allerdings zweifelhaft.

(Eric Töpfer)

[1]      BT-Drs. 16/11727 v. 12.2.2009
[2]     OVG Lüneburg Az. 11 LC 229/08; zum Urteil des VG Hannover vgl. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 90 (2/2008), S. 79 f.
[3]     BT-Drs. 16/11752 v. 28.1.2009
[4]     BT-Drs. 16/11727 v. 12.2.2009
[5]     BfDI: 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008, S. 58