Drei Jahre nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm hat das Verwaltungsgericht Schwerin in zahlreichen Urteilen die Ingewahrsamnahmen und die Haftbedingungen in den „Käfigen“ für rechtswidrig erklärt.[1] An der polizeilichen Praxis dürfte das wenig ändern. Massenfestnahmen gelten nicht nur in der BRD als „präventive“ Maßnahme. So rät etwa ein aus dem EU-Sicherheitsforschungsprogramm EU-SEC hervorgegangenes Handbuch, bei Protesten gegen „Major Events“ hohe Festnahmequoten zu erzielen.[2] Im September haben Teilnehmer des Noborder Camps in Brüssel Erfahrungen mit solch vorausschauender Repression gesammelt.[3] „Wir haben 148 Demonstranten präventiv festgenommen … 96 Anarchisten wurden verhaftet, als sie an der Demonstration teilnehmen wollten“, meldete der Polizeisprecher nach der gleichzeitig stattfinden Großdemonstration der Gewerkschaften gegen das Treffen der EU-Finanzminister. Insgesamt landeten rund 500 Personen in Gewahrsam.
Schlimmer traf es sechs Aktivisten am Rande einer anderen Demo. Die Polizei hatte den Aufzug zuvor untersagt und angekündigt, jede Versammlung über fünf Personen aufzulösen. Wieder wurden Dutzende verhaftet. Als kurz darauf Scheiben eines nahe gelegenen Polizeireviers zu Bruch gingen, fotografierte die in Belgien lebende US-Akademikerin Marianne Maeckelbergh mehrere brutale Polizeiübergriffe – bis sie selbst ohne Vorwarnung vom Leiter des angegriffenen Reviers festgenommen wurde. „Ich wurde geschlagen, bespuckt, wiederholt als ‚dreckige Hure’ beschimpft und bis vier Uhr morgens an einen Heizkörper gekettet.“ Laut Maeckelbergh musste ein Mann aus Italien zudem die „ungezügelte Wut“ von Polizisten ertragen. Der Revierleiter habe die stundenlange Misshandlung des Festgenommenen durch die offene Bürotür beobachtet. Maeckelbergh droht jetzt eine Anzeige wegen Verleumdung.
(Matthias Monroy)