Bundespolizei als Exporthelfer für EADS in Saudi-Arabien

Etwa zwei Wochen, nachdem Saudi-Arabien 1.000 Soldaten zur Niederschlagung der Demokratiebewegung ins benachbarte Bahrain entsandt hatte, kam in Berlin ein seltsamer Versuch des „Rechtsstaatsexportes“ in die Golfregion ans Licht: Am 28. Mai 2009 hatte der damalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in der saudischen Hauptstadt Riad ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich unterzeichnet. Vereinbart wurden Informationsaustausch, Sicherheitstrainings und die gemeinsame Durchführung operativer Maßnahmen. Vergleichbare Abkommen waren zuvor bereits mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar geschlossen worden. Thema während Schäubles Besuch war auch die deutsche Unterstützung bei der Modernisierung der Grenzsicherung, in deren Rahmen bereits seit Anfang 2009 Bundespolizisten saudische Grenzschützer vor Ort trainierten.[1]

Recherchen des MDR-Magazins FAKT zeigen allerdings, dass der Bundespolizei-Einsatz nicht nur mit der Terrorbekämpfung zusammenhängt, sondern insbesondere mit einem Milliarden-Auftrag für die Rüstungssparte des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS.[2] Einen Monat nach Schäubles Saudi-Arabien-Besuch hatte EADS nach mehrjährigen Verhandlungen den Zuschlag für die Entwicklung eines Hightech-Systems zur Überwachung der 9.000 Kilometer langen Land- und Seegrenzen des Königreiches erhalten; nach Angaben von EADS-Rüstungschef Stefan Zoller der „weltweit wichtigste Auftrag für Sicherheitstechnik“.[3] Bedingung für den Zuschlag war laut FAKT das Training durch die Bundespolizei. Das Bundesinnenministerium (BMI), so der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder gegenüber dem zuständigen Bundestagsausschuss, sieht darin kein Problem. In vergleichbarer Weise seien bereits unter Minister Otto Schily integrierte Ausstattungs- und Ausbildungshilfen für Katar und Jemen vergeben worden. Auch keine Probleme sieht Schröder in der abenteuerlichen indirekten Finanzierung der auslandsbedingten Mehrkosten durch Saudi-Arabien. Diese werden vom Königreich an EADS gezahlt, vom Konzern an die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) weitergereicht und schließlich an die Bundespolizisten ausgezahlt. 14 deutsche Ausbilder sind ständig vor Ort. Bislang haben sie knapp 1.700 saudische Grenzschützer geschult. Auch wenn die Kooperation mit Diktaturen „problematisch“ sei, so Schröder, wäre aufgrund des „unmittelbaren Sicherheitsinteresses“ Deutschlands in Saudi-Arabein an ein Ende des Engagements derzeit nicht zu denken. Ziel solcher Zusammenarbeit sei es „immer auch, einen Rechtsstaatsprozess zu fördern“.[4]

Vorbereitet wurde der Deal von Markus Hellenthal (heute Thales Deutschland), dem zuvor schon der Verkauf von EADS-Grenzsiche­rungs­systemen an Rumänien und Katar gelang. Ob sich der Mann, der bis 2004 das BMI-Referat B3 (Grenzpolizei und Luftsicherheit) geleitet hatte, bei seinen Verhandlungen mit Saudi-Arabien ebenfalls Demokratie und Menschenrechten verpflichtet fühlte, bleibt indes eine offene Frage.[5] Und auch nur spekulieren kann man darüber, ob die Unternehmerreise, die das Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen seiner Exportoffensive Mitte Mai zum Thema „Sicherheitstechnik“ – Grenzsicherung und Terrorabwehr inklusive – nach Algerien führt, sich im „arabischen Frühling“ als Botschafter des deutschen Rechtsstaats versteht.[6]

(Eric Töpfer)

[1]      Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums (BMI) v. 28.5.2009
[2]     s. den Beitrag unter: www.youtube.com/watch?v=Xl8G1Wxz06o; http://pdf.zeit.de/poli
tik/ausland/2011-04/bundespolizei-grenzer.pdf
[3]     EADS: Pressemitteilung v. 30.6.2009; Handelsblatt v. 1.7.2009
[4]     Protokoll der 37. Sitzung des Bundestags-Innenausschusses v. 6.4.2011 (TOP 15)
[5]     www.ict.org.il/Biographies/DrMarkusHellenthal/tabid/183/Default.aspx
[6]     www.kompetenznetze.de/service/termine/2011/unternehmerreise-nach-algerien-zum-thema-sicherheitstechnik