Verdeckte Ermittlerin in Hamburg enttarnt

Sieben Jahre lang hat eine Verdeckte Ermittlerin (VE) des Landeskriminalamts (LKA) Hamburg linke Strukturen unterwandert. Laut einer Recher­chegruppe, die auch den Klarnamen der Frau veröffentlichte, war sie von 2000 bis 2006 unter der Tarnidentität „Iris Schneider“ aktiv.[1] Wie der Hamburger Senat im November erklärte, sei die Frau zunächst als „nicht offen eingesetzten Polizeibeamtin“ für eine gefahrenabwehrende Maßnahme und dann für ein Verfahren der Bundesanwaltschaft eingesetzt gewesen.[2] Die Ermittlungen im Auftrag der Bundesanwaltschaft führte laut Bundesinnenministerium von 2002 bis 2004 das Bundeskriminalamt, danach habe das LKA Schleswig-Holstein das Verfahren übernommen. Eine weitere Klärung sei nicht möglich, da keine Verfahrensunterlagen mehr existierten.[3]

Wie sich auf der Sitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft am 9. Dezember 2014 herauskristallisierte, hatte die Hamburger Polizei den VE-Einsatz zunächst selbst angeordnet – nach § 12 Absatz 2 des Hamburger Polizeidatenverarbeitungsgesetzes wegen Gefahr im Verzuge. „Schnei­der“ arbeitete jedoch bis 2006 weiter für das LKA Hamburg – nicht mehr als VE, sondern als „Beobachterin zur Lageeinschätzung“. Eine Befugnis, Wohnungen zu betreten, hatte sie in dieser Rolle nicht. Hierfür nutzte sie offenbar ihren Status als VE der Bundesanwaltschaft, in deren Auftrag sie seit April 2002 unterwegs war.[4]

Die LKA-Beamtin war unter anderem im linken Zentrum „Rote Flora“, einem Bewegungsmagazin und dem bundesweit bekannten Freien Radio FSK tätig. Laut Senat sei eine Arbeit in journalistischen Strukturen in Ordnung, sofern damit nur die Aufrechterhaltung der Tarnidentität bezweckt sei. Die Recherchegruppe dokumentiert allerdings, dass in der fraglichen Zeit eine spektakuläre Durchsuchung des Radios stattfand. Weiter heißt es, „Iris Schneider“ habe in der linken Szene auch Liebesbeziehungen unterhalten. Ob dies Ziel- oder Kontaktpersonen betraf, bleibt bislang offen. 2010 war der britische Verdeckte Ermittler Mark Kennedy enttarnt worden, der ebenfalls Sexualität einsetzte und mehrere, teils langjährige Beziehungen unterhielt. Kennedy, der auch in Deutschland operierte, wird derzeit in Großbritannien von betroffenen Frauen verklagt. Der damalige BKA-Präsident Jörg Ziercke hatte 2011 zur Legalität solcher „taktischer Liebesbeziehungen“ im Innenausschuss des Bundestages erklärt, „das geht gar nicht“.[5] Laut dem Bundesinnenministerium seien dem BKA im Rahmen der Ermittlungsführung „keine Erkenntnisse über Liebesbeziehungen“ der nun aufgeflogenen LKA-Ermittlerin bekannt geworden.

[1]      vgl. http://verdeckteermittler.blogsport.eu
[2]     Hamburger Bürgerschaft Drs. 20/13573 v. 18.11.2014
[3]     Antwort auf die Schriftliche Frage des MdB Andrej Hunko, Monat November, Arbeitsnummer 11/151
[4]     Die Zeit v. 10.12.2014; Hamburger Abendblatt v. 13.12.2014
[5]     Taz v. 26.1.2011

Foto: Christian Ditsch