Chronologie

zusammengestellt von Otto Diederichs

November 2014

01.11: Terrorismus als Zahlenkarussell: Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, schätzt das „islamistisch-terro­ristische Potential“ in der BRD auf etwa 1.000 Personen; 230 könnten „Straftaten von erheblichem Ausmaß begehen“. 420 einschlägige Ermittlungsverfahren gegen 650 Beschuldigte seien anhängig. Am 23.11. erklärt der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, in Syrien seien bisher 60 KämpferInnen des „Islamischen Staats“ (IS) aus Deutschland getötet worden, davon neun bei Selbstmordanschlägen. Am 30.11. gibt Bundesjustizminister Heiko Maas bekannt, gegen rund 300 mutmaßliche IS-SympathisantInnen werde ermittelt. Laut Presseberichten vom 18.01. beobachtet das BfV rund 100 Islamisten-Zellen in der BRD. Bis Ende 2014 seien 600 Personen nach Irak oder Syrien ausgereist.

Buback-Mord: Medien berichten, dass die Bundesanwaltschaft bereits am 13.10. neue Ermittlungen – gegen vier Männer und drei Frauen aus der ehemaligen RAF – wegen des Mordes an dem damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback im Jahre 1977 eingeleitet hat.

Hooligans gegen Salafisten (Hogesa): Nach Angaben der Berliner Polizei findet die für den 15.11. geplante Demonstration der Hogesa, die sich bereits an den rechten Ausschreitungen in Köln am 26.10. beteiligt hatten, nicht statt. Der angebliche Organisator habe mitgeteilt, dass er nicht Urheber der Anmeldung via Online-Formular gewesen sei. Die Anmeldung einer Demo für das gleiche Datum in Hamburg wird zurückgezogen. Am 06.11. lehnt die Polizei in Hannover den Anmelder einer ebenfalls für den 15. November geplanten Demonstration als Versammlungsleiter ab, weil er im Internet Inhalte veröffentlicht hat, die den Holocaust verherrlichen und gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt wird. Am 10.11. verbietet die Polizei den Hogesa-Aufmarsch, weil ein „dominierender Teilnehmerkreis die gewalttätige Auseinandersetzung“ suchen werde. Am 13.11. lehnt das Verwaltungsgericht (VG) Hannover ein vollständiges Verbot ab, lässt aber statt eines Zuges durch die Stadt nur eine Kundgebung hinter dem Bahnhof zu. Die Kundgebung am 15.11. wird vorzeitig abgebrochen, weil statt der erwarteten 5.000 nur 3.000 TeilnehmerInnen erscheinen, denen ebenso viele GegendemonstrantInnen und rund 5.000 PolizistInnen gegenüber stehen. Am 17.11. wird bekannt, dass die Polizei gegen unbekannte Gegendemons­trantInnen, die abziehende Hooligans angegriffen und vier von ihnen zum Teil schwer verletzt haben, wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Tötung ermittelt. Im Innenausschuss des nordrhein-westfä­lischen Landtages gibt die Polizei am 20.11. bekannt, dass sie in Zusammenhang mit den Kölner Krawallen vom 26.10. bislang 134 Ermittlungsverfahren eingeleitet hat; 78 Tatverdächtige seien identifiziert.

03.11.: Suizid nach rassistischem Angriff: Einer der drei Verdächtigen, die am 23.10 in Limburg (Hessen) einen aus Ruanda stammenden Mann aus rassistischen Gründen tot geprügelt hatten, nimmt sich in der U-Haft das Leben.

04.11.: Anklage wegen Schießerei: Die Staatsanwaltschaft Kempten (Bayern) erhebt Anklage wegen versuchten Mordes gegen den überlebenden 45-jährigen Täter einer Schießerei, die sich im März 2014 in einem Regionalzug abgespielt hatte. Auslöser war eine Kontrolle des Mannes und seines 20-jährigen Begleiters durch zwei Beamte der Bundespolizei (BPol). Dabei soll der Ältere einem Polizisten die Dienstwaffe entrissen haben. Die zwei Bundespolizisten sowie ein zufällig anwesender Beamter des Landeskriminalamts (LKA) wurden von den Schüssen verletzt. Die beiden Männer sprangen aus dem fahrenden Zug. Der Jüngere war sofort tot, der Ältere überlebte schwer verletzt.

Bespitzelt: Eine Recherchegruppe enttarnt eine Beamtin des Hamburger Staatsschutzes, die von 2000 bis 2006 unter dem Namen „Iris Schneider“ verdeckt in der linken Szene und im Umfeld des Autonomen Zentrums „Rote Flora“ ermittelte.

Rocker: In Berlin beginnt der Prozess gegen elf Hells Angels wegen Mordes bzw. Anstiftung. Sie sollen im Januar 2014 in einem Wettcafé einen Mann mit sechs Schüssen getötet haben. Einer der Beteiligten tritt als Kronzeuge auf. In Hessen und Bayern führt die Polizei am 07.11. mit über 300 BeamtInnen eine Razzia gegen den Gremium MC durch, bei der Waffen und Munition sichergestellt werden. Zu Festnahmen kommt es nicht. Am 28.01. weist das Bundesverwaltungsgericht die Klage zweier Bandidos ab und entscheidet, dass Mitglieder von Rockerbanden als „waffenrechtlich unzuverlässig“ einzustufen und ihnen grundsätzlich Waffenbesitzscheine zu verwehren seien.

05.11.: Drogenring ausgehoben: Deutsche und tschechische Ermitt­ler­Innen durchsuchen in einer gemeinsamen Aktion in beiden Ländern 19 Gebäude und konfiszieren dabei rund 2,3 Tonnen Chlorephedrin (Grundstoff von Crystal Meth), rund 600.000 Euro Bargeld, Munition und gestohlene Ausweise; sieben Personen werden festgenommen.

NSU-Komplex: Die Landtage Nordrhein-Westfalens (NRW) und Baden-Württembergs setzen NSU-Untersuchungsausschüsse ein. Im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht (OLG) München sagt am 11.11. zum dritten Mal ein früherer V-Leute-Führer des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Thüringen über seine Kontakte zu dem rechtsradikalen V-Mann Tino Brandt aus, den er von 1998 bis 2001 führte. Dabei wird klar, dass das Amt seinerzeit via Brandt sehr dicht an dem NSU-Trio war, allerdings die Informationen nur zu den Akten nahm. Am 12.11. sagt Kai D., Ex-V-Mann des bayerischen LfV, Brandt habe sich innerhalb des „Thüringer Heimatschutzes“ (THS) „extrem für Gewaltaktionen“ eingesetzt. Am 03.12. wird der frühere V-Mann „Piatto“ des LfV Brandenburg vernommen. Da der Mann heute in einem Zeugenschutzprogramm lebt und der Antrag des LfV auf Ausschluss der Öffentlichkeit abgelehnt wurde, erscheint „Piatto“ vermummt und in Begleitung von Personenschützern, kann aber wegen „Erinnerungslücken“ zur weiteren Aufklärung nichts beitragen. Am 18.12. verurteilt das Landgericht (LG) Gera Tino Brandt zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in 66 Fällen. Ab dem 12.01. wird vor dem OLG München über den Nagelbombenanschlag vom 09.06.2004 in der Kölner Keupstraße verhandelt, bei dem 22 Menschen zum Teil schwer verletzt worden waren. Vom 20.01. an sagen die Opfer des Anschlags aus und berichten, dass die Polizei sie zunächst selbst als mögliche Verdächtige eingestuft hatte. Am 27.01. erklären zwei Zeugen, Uwe Böhnhardt als Transporteur der Nagelbombe identifizieren zu können. Sie seien seinerzeit von der Polizei nicht ernst genommen worden.

Aktionen gegen mutmaßliche Dschihadisten: In Berlin durchsucht die Polizei am 05.11. die Wohnungen von vier Männern, die für den IS „erhebliche Vermögenswerte“ gesammelt haben sollen. In NRW findet eine Razzia gegen rund 30 mutmaßliche Dschihad-UnterstützerInnen statt, acht werden festgenommen. Am 20.11. nimmt ein Spezialeinsatzkommando (SEK) einen Deutsch-Tunesier fest, der sich in Syrien dem IS angeschlossen haben soll. Am 17.12. gibt Generalbundesanwalt (GBA) Harald Range bekannt, dass er Haftbefehl gegen einen Deutsch-Türken erlassen hat, der sich in Syrien der Al Nusra-Front angeschlossen haben soll. Weitere Festnahmen mutmaßlicher Dschihadisten finden statt: am 17.12. auf dem Flughafen München, am 10.01. in Dinslaken, am 12.01. auf dem Düsseldorfer Flughafen, am 15.01. in Wolfsburg, am 16.01. in Berlin (fünf Festnahmen, zwei Haftbefehle, nach vorausgegangener Durchsuchung von elf Wohnungen), am 20.01. in NRW (zwei Männer).

129b-Prozesse: Am 05.11. beginnt vor dem OLG Stuttgart der Prozess gegen drei Männer wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Einer von ihnen war im November 2013 auf einer Autobahnraststätte festgenommen worden. In seinem Wagen wurden Tarnkleidung, Nachtsichtgeräte, Medikamente und Geld gefunden. Das OLG Düsseldorf verurteilt am 13.11. vier Männer, die 2011 festgenommen worden waren, zu Haftstrafen zwischen viereinhalb und neun Jahren. Sie sollen Bombenanschläge geplant haben. Am 05.12. verurteilt das OLG Frankfurt/M. einen 20-jährigen Syrien-Rückkehrer zu drei Jahren und neun Monaten Haft. Am 08.01. beginnt vor dem Kammergericht Berlin der Prozess gegen zwei Männer wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Sie sollen im Sommer 2013 in Syrien bei „Junud al-Sham“ eine paramilitärische Ausbildung absolviert haben und an Kämpfen beteiligt gewesen sein. Am 20.01. beginnt in München der Prozess gegen einen 27-Jährigen, der Ende September 2013 nach Syrien ausgereist sein und sich dort „Junud al-Sham“ angeschlossen haben soll. Vorgeworfen wird ihm zudem der Aufruf zum Mord an einer 16-Jährigen in Deutschland. Vor dem OLG Düsseldorf wird ebenfalls ab dem 20.01. gegen zwei Frauen und einen Mann verhandelt, die für den IS als Geldbeschaffer tätig gewesen sein sollen. Die Hauptangeklagte soll ihrem in Syrien kämpfenden Mann 11.000 Euro und Kameras zur Herstellung von Propagandavideos geschickt haben.

06.11.: Polizeilicher Todesschuss: In Kassel werden Polizeibeamte zu einem Beziehungsstreit gerufen. Dabei entreißt ein 23-Jähriger einem Polizisten die Waffe und schießt mehrfach auf die Beamten; zwei werden verletzt, ein dritter erwidert das Feuer und trifft den Mann tödlich.

Veruntreuung: Durch Presseberichte wird bekannt, dass bereits seit April ein Ermittlungsverfahren gegen einen Münchner Polizeibeamten geführt wird, der rund 40.000 Euro aus der Polizeikasse veruntreut haben soll. Seit seiner Selbstanzeige ist er vom Dienst suspendiert.

07.11.: Körperverletzung im Amt:. Das Amtsgericht Frankfurt/M. ver­urteilt einen Polizisten, der im Oktober 2012 einen Deutsch-Äthiopier beleidigt und mit der Faust ins Gesicht geschlagen hatte, zu 8.400 Euro Geldstrafe. Aussagen von KollegInnen, der Mann habe sich beim Einstieg in das Polizeiauto selbst verletzt, wertet das Gericht als Schutzbehauptung.

Interpol: BKA-Vizepräsident Jürgen Stock wird zum Interpol-General­sekretär gewählt; er tritt die Nachfolge von Ronald K. Noble an.

09.11.: Verfolgung Unschuldiger: Die BPol bestätigt, dass gegen drei suspendierte Beamte ermittelt wird, die über einen längeren Zeitraum auf Berliner Bahnhöfen Wohnungslosen Straftaten angehängt haben sollen, um so ihre Erfolgsbilanz zu verbessern.

10.11.: Racial Profiling: Das VG Koblenz entscheidet, dass anlasslose Kontrollen der BPol aufgrund ethnischer Merkmale in Zügen, deren Abfahrts- und Ankunftsorte in Deutschland liegen und die keine Flug- oder Seehäfen passieren, nicht zulässig sind. Geklagt hatten zwei schwarze Deutsche. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Verfahren gegen Lothar König eingestellt: Die Dresdner Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen den Jenaer Jugendpfarrer gegen Zahlung von 3.000 Euro ein. König wurde vorgeworfen, bei einer Demonstration gegen einen Nazi-Aufmarsch im Februar 2011 zur Gewalt aufgerufen zu haben. Ein erster Prozess war im Juli 2013 gescheitert.

11.11.: Polizeischuss: In einem Münchner Klinikum randaliert ein Psychiatriepatient und fügt sich selbst durch Glasscherben erhebliche Schnittwunden zu. Als er herbeigerufene Polizisten mit einem abgebrochenen Flaschenhals angreift, schießt einer der BeamtInnen und trifft ihn in den Bauch. Der Mann überlebt schwerverletzt.

11.11.: Bundespolizisten als Drogenschmuggler: Die Staatsanwaltschaft Zwickau erlässt Haftbefehl gegen zwei Bundespolizisten, die gestanden haben, mehrfach Crystal Meth aus Tschechien eingeschmuggelt zu haben. Gegen einen weiteren Beamten wird noch ermittelt.

13.11.: NSA-Affäre: Vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages bestreitet ein Unterabteilungsleiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) die massenhafte Weitergabe geschützter Daten von BundesbürgerInnen an die NSA. Am 04.12. erklärt der für das Spähprogramm „Eikonal“ zuständige BND-Abteilungsleiter, hierfür habe eine
G-10-Anordnung vorgelegen. Am 12.12. weist das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die von Grünen und Linken im September eingereichte Klage gegen die Bundesregierung und den Untersuchungsausschuss, mit der die beiden Fraktionen eine Vernehmung Edward Snowdens in Deutschland erzwingen wollten, als unzulässig ab. Am 12.10. wird bekannt, dass auf dem Laptop einer Mitarbeiterin der Bundeskanzlerin die von der NSA entwickelte Spionage-Software „Regin“ gefunden wurde.

14.11.: Polizeischuss: Im bayerischen Dingolfing wird die Polizei zu einem Restaurant gerufen vor dem Jugendliche randalieren. Als die Beamten die Personalien aufnehmen, erscheint ein betrunkener Mann mit einem langen Küchenmesser und geht damit drohend auf die Polizisten zu. Ein Beamter schießt ihm in den Oberschenkel.

15.11.: Rechte Proteste gegen Flüchtlingsheime: In Berlin demonstrieren rund 400 Personen, darunter NPD-Funktionäre, gegen eine geplante Wohncontaineranlage für Asylsuchende im Bezirk Köpenick. Am 17.11. kommt es zu ähnlichen Protesten im Stadtteil Marzahn-Hellersdorf (500 Personen) und in Buch (200). Am 22.11. endet die Demo der rechten Szene und von AnwohnerInnen bereits nach 800 Metern, weil sie von 2.500 GegendemonstrantInnen blockiert wird. Weitere Anti-Flüchtlings-Demonstrationen in Berlin finden am 08.12. und am 15.12. statt.

Spuckhauben“: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Bremer Polizei bereits im September einen Modellversuch mit „Spuckschutzhauben“ gestartet hat. Diese dürften Festgenommenen nur dann über den Kopf gestülpt werden, wenn sie BeamtInnen bespucken oder dies androhen. Seit Beginn des Versuches kam es bisher zu vier Einsätzen.

16.11.: Proliferation: Von den 264 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz, die das Zollkriminalamt (ZKA) 2012 und 2013 einleitete, betrafen „mehr als zwei Drittel“ den Iran, in der Regel dessen Atomprogramm, so ZKA-Präsident Norbert Drude.

17.11.: Kindesmissbrauch: In Berlin beginnt der Prozess gegen einen seit September 2013 suspendierten Polizisten wegen Kindesmissbrauch in neun Fällen; zu drei Fällen legt er ein Teilgeständnis ab.

Salafist klagt gegen Abschiebung: Das bayerische Innenministerium bestätigt, dass ein am 03.10. festgenommener und anschließend in die Türkei abgeschobener mutmaßlicher Salafist gegen seine Abschiebung klagt. Der Mann hatte sich in einem Interview ausdrücklich zum IS bekannt und stand bereits seit anderthalb Jahren unter polizeilicher Beobachtung; Hinweise auf Anschlagspläne gab es jedoch nicht.

18.11.: Fall Sebastian Edathy: Das LG Verden lässt die Anklage gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten zu. Edathy war im Februar 2013 im Zuge internationaler Ermittlungen aufgefallen. Vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Bundestages erklärt Edathy, sein früherer Fraktionskollege Michael Hartmann habe ihn bereits im Februar über die Ermittlungen und danach regelmäßig über deren Stand informiert. Die Informationen sollen von BKA-Chef Jörg Ziercke gekommen sein. Hartmann und Ziercke bestreiten dies – unter anderem vor dem PUA am 15.01. Am 29.01. stützt ein früherer Mitarbeiter Edathys dessen Version: Dieser habe ihm bereits im November 2013 mitgeteilt, dass gegen ihn ermittelt werde. Ähnlich äußert sich der Präsident des LKA Rheinland-Pfalz.

19.11.: Neuer BKA-Präsident: Jörg Ziercke wird nach zehn Jahren als BKA-Präsident in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger wird der Bremer Innenstaatssekretär Holger Münch.

22.11.: BND-Ausspähung: Die BILD-Zeitung berichtet, der BND habe von 1959 bis 1969 Axel Springer und seinen Verlag ausspioniert. Sieben „Quellen“ seien im Verlag platziert gewesen. Am 24.11. wird bekannt, dass der Verlag gegen den BND auf Herausgabe aller Akten klagt.

25.11.: Rechtsradikaler Polizist: Die Dortmunder Polizei durchsucht Wohnung und Diensträume einer ihrer Kollegen, der im Verdacht steht, den „Germaniten“ („Reichsbürger“) anzugehören. Der Beamte wurde vom Dienst suspendiert und ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

26.11.: Stuttgart 21: Wegen „geringer Schuld“ stellt das LG Stuttgart das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen zwei Polizeiführer gegen Zahlung von je 3.000 Euro ein. Bei einer Demonstration gegen das Bahnhofsprojekt im September 2010 hatten die Beamten einen harten Wasserwerfereinsatz nicht abgebrochen. Mehrere Menschen waren zum Teil schwer verletzt worden; ein Mann erblindete. Durch Presseberichte wird am 12.12. bekannt, dass die NebenklägerInnen in dem Prozess einen Großteil ihrer Anwaltskosten selbst tragen müssen. Sie trügen an dem Einsatz eine „gewisse Mitschuld“, so das LG. Am 22.01. beantragt die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt gegen den früheren Stuttgarter Polizeipräsidenten. Er habe damals nicht darauf hingewiesen, dass die Wasserwerferstöße nicht die Köpfe der DemonstrantInnen treffen dürfen. Auch die Ermittlungen gegen Ex-Ministerpräsident Mappus (CDU) laufen weiter.

Dezember 2014

03.12.: Schleuser festgenommen: Im Müncheberg (Brandenburg) wird ein mit internationalem Haftbefehl gesuchter Schleuser aus Eritrea festgenommen. Er soll u.a. für den Ertrinkungstod von über 200 Menschen im Mittelmeer verantwortlich sein. Am 16.12. führt die Polizei eine Razzia gegen eritreische Schleuser im Rhein-Main-Gebiet sowie in Ham­burg und Dortmund durch. Sieben Personen werden festgenommen.

04.12.: Polizeilicher Todesschuss: In Husum kommt es zu einem Streit unter somalischen Flüchtlingen. Dabei verletzt ein Mann ein Ehepaar leicht mit einem Messer an den Händen, bevor dieses auf die Straße flüchten kann. Als der Mann schließlich mit mehreren Messern aus dem Haus stürmt, schießt einer der herbeigerufenen Polizisten mehrfach auf ihn und trifft ihn tödlich.

05.12.: Moscheeverein verboten: Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) verbietet den der radikal-salafistischen Szene zugerechneten Verein „Masjidu-I-Furgan“. Er steht im Verdacht, Propaganda und Unterstützung für die IS zu betreiben. Die Moschee und 16 Privatwohnungen werden durchsucht; zu Festnahmen kommt es nicht.

09.12.: Fußball-Randale: Vor dem Regionalliga-Spiel zwischen dem FC Magdeburg und dem FC Union Berlin greifen rund 250 Magdeburger Hooligans das Union-Vereinsheim sowie die Polizei an. Nach heftigen Auseinandersetzungen werden sämtliche Magdeburger AngreiferInnen vorläufig festgenommen.

11.12.: Oktoberfest-Attentat 1980: Generalbundesanwalt Harald Range gibt bekannt, dass aufgrund neuer Hinweise die Ermittlungen zum rechtsextremistischen Sprengstoffattentat von 1980 wieder aufgenommen werden. Bei dem Anschlag waren ein Täter und weitere 13 Menschen getötet und 200 schwer verletzt worden. Am 04.01. berichten die Medien, dass die Bundesanwaltschaft alle bei BfV und BND vorhandenen einschlägigen Akten angefordert hat.

15.12.: Entfernung aus dem Amt: Das VG München gibt am 15.12. einem entsprechenden Antrag des Freistaates Bayern gegen den früheren Polizeichef von Rosenheim statt. Er hatte im September 2011 einen betrunkenen Jugendlichen schwer verprügelt und war hierfür zu elf Monaten auf Bewährung verurteilt und vom Dienst suspendiert worden.

17.12.: Parlamentarisches Kontrollgremium (PKGr): André Hahn (Linke) wird zum Vorsitzenden des geheim tagenden PKGr gewählt.

18.12.: Autonome Nationalisten Göppingen: Das Innenministerium Baden-Württemberg verbietet den seit 2009 bestehenden Verein.

22.12.: Pegida: An der zehnten, seit Oktober jeweils montags in Dresden stattfindenden Demonstration der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ sollen sich rund 17.500 Per­so­nen (circa 4.500 GegendemonstrantInnen) beteiligt haben. Die Dresdner Polizei teilt am 03.01. mit, dass sie nach Anzeigen Ermittlungen gegen unbekannte TeilnehmerInnen der Pegida-Demo vom 22.12. eingeleitet hat. Sie sollen jugendliche MigrantInnen mit Schlagstöcken und Messern angegriffen und verletzt haben. In den anderen Städten übersteigt die Zahl der Gegende­mon­strantInnen regelmäßig die der Pegida-Ableger. Teilweise müssen, wie in Berlin und Köln am 05.01., die rechten Demos auf Kundgebungen reduziert oder nach wenigen Hundert Metern abgebrochen werden. Aufgrund von Drohungen gegen ihre Führungsfigur Lutz Bachmann sagt Pegida am 18.01. ihre für den nächsten Tag in Dresden geplante Demonstration ab. Die Polizei bestätigt die Drohungen unter Berufung auf Informationen des BKA und des sächsischen LKA und verhängt für den 19.01. ein generelles Verbot für Versammlungen unter freiem Himmel. Die Pegida-Demos in anderen Städten sehen sich erneut einer Überzahl von GegendemonstrantInnen gegenüber. In Duisburg kommt es am Rande zu Auseinandersetzungen zwischen einigen GegendemonstrantInnen und der Polizei. Bei einer Demonstration des Leipziger Pegida-Ablegers mit fiktiven 15.000 TeilnehmerInnen kommt es am 22.01. zu Auseinandersetzungen zwischen Hooligans und den etwa 20.000 GegendemonstrantInnen. Auch JournalistInnen werden angegriffen. 4.000 PolizistInnen sind im Einsatz. In Hannover kommt es am 26.01. zu Auseinandersetzungen zwischen rund 240 AnhängerInnen des dortigen Pegida-Ablegers, einigen der etwa 2.000 GegendemonstrantInnen und der Polizei. 42 Personen werden festgenommen.

Januar 2015

06.01.: Anti-Nazi-Demonstrant freigesprochen: Das LG Dresden spricht einen Teilnehmer der Anti-Nazi-Demonstration im Februar 2011 vom Vorwurf des Landfriedensbruchs und der schweren Körperverletzung frei, verurteilt ihn jedoch wegen Beleidigung eines Polizeibeamten zu 4.000 Euro Geldstrafe. In einem ersten Prozess war der Mann im Januar 2013 zu 22 Monaten Haft verurteilt worden. Verteidigung und Staatsanwaltschaft legen Revision gegen das LG-Urteil ein.

09.01.: BKA-Alarmplan: Nach dem Anschlag auf „Charlie Hebdo“ löst das BKA einen Alarmplan mit „Sofortmaßnahmen bei terroristischen Ereignissen im Ausland“ aus, der alle Sicherheitsbehörden anweist, schnellstmöglich und „grundsätzlich verdeckt“ die Aufenthaltsorte von islamistischen GefährderInnen und ihrem Umfeld zu ermitteln.

20.01.: Polizeischuss: In Elsterwerda (Brandenburg) ruft ein Mann die Polizei zu seiner Wohnung, da er sich bedroht fühle. Bei deren Eintreffen verbarrikadiert er sich jedoch. Als die BeamtInnen die Tür aufbrechen, greift er sie mit einem Messer an. Daraufhin schießt ein Polizist auf ihn und verletzt den 36-Jährigen.

22.01.: BGH-Urteil zu Hooligans: Der Bundesgerichtshof bestätigt ein Urteil des LG Dresden gegen drei Fußball-Hooligans, wonach Hooligangruppen als kriminelle Vereinigung eingestuft werden können, was Strafen von bis zu fünf Jahren Haft ermöglicht (Az.: 3 StR 233/14).

26.01.: Kriminelle Polizisten: Vor dem LG Kempten beginnt der Prozess gegen den früheren Leiter der dortigen Drogenfahndung. Nach einer Anzeige seiner Frau wegen Körperverletzung und Vergewaltigung waren im Februar 2014 im Spind des Beamten 1,8 kg Kokain gefunden worden. Zu Prozessauftakt legt er ein Teilgeständnis ab.

Gewalt gegen Flüchtlinge: Laut einer Dokumentation von „Pro Asyl“ und der Antonio-Amadeu-Stiftung kam es 2014 zu 153 Angriffen auf Flüchtlingsheime, davon 35 Brandanschläge. Die meisten Anschläge gab es in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Sachsen und Bayern. Zudem wurden 77 tätliche Angriffe auf Flüchtlinge dokumentiert.

30.01.: BND: Medien berichten unter Berufung auf BND-Akten, dass der Auslandsgeheimdienst täglich rund 220 Mio. Metadaten über Telefonate und SMS abgreife. Etwa zwei Millionen Datensätze würden ausgewertet und bis zu zehn Jahren gespeichert.