Chronologie

zusammengestellt von Otto Diederichs

Februar 2015

4. Februar: NSA-Affäre: Klaus-Dieter Fritsche, Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, informiert den Untersuchungsausschuss (UA) des Bundestages über ein Schreiben des britischen Geheimdienstes GCHQ, in dem dieser mit dem Abbruch der Zusammenarbeit bei der Terrorabwehr droht, weil durch den Ausschuss sensible Informationen über Abhörmaß­nahmen an die Öffentlichkeit geraten könnten. Am 5. März wird bekannt, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) dem UA rund 130 Dokumente „aus Versehen“ nicht übermittelt habe. Am 22. April wird öffentlich, dass der BND mit von der NSA gelieferten „Selektoren“ auch europäische Rüs­tungskonzerne und PolitikerInnen ausgespäht und deren Daten an die NSA (National Security Agency) geleitet habe. Die Rechtswidrigkeit der Suchbegriffe sei dem BND spätestens 2008 bekannt gewesen. Am 26. April erklärt der BND, er habe das Kanzleramt bereits 2008 informiert. Am 1. Mai wird bekannt, dass der BND die für die NSA abgefangenen Daten auch selbst ausgewer­tet hatte. Der Generalbundesanwalt prüft den Anfangsverdacht einer Straftat. Österreichs Innenministerium erklärt am 5. Mai, man habe Anzeige wegen geheimer nachrichtendienstlicher Tätigkeit zum Nachteil Österreichs erstattet. Am 12. Mai veröffentlicht die Enthüllungsplattform Wikileaks 1.380 Seiten Sitzungsmitschriften des UA, teils aus nicht-öffentlichen Sitzungen. Am 19. Mai verlangen auch Luxemburg, Belgien und die Niederlande von der Bundesregierung Aufklärung über die Rolle des BND. Bei seiner Vernehmung am 21. Mai räumt BND-Präsident Gerhard Schindler zwar Versäumnisse des Dienstes ein, warnt jedoch, dass eine weitergehende Offenlegung dessen Arbeitsfähigkeit gefährde. Erneut wer­den mehrere tausend Suchbegriffe entdeckt, die auch europäische Ziele umfassten.

5. Februar: Edathy-Affäre: Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann, der verdächtigt wird, seinen Fraktionskollegen Sebastian Edathy vor Kinderpornografie-Ermittlungen gewarnt zu haben, lässt seinen Anwalt eine neuerliche Befragung durch den UA des Bundestages absagen; wegen der ihn belastenden Aussagen des Ex-Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) Jörg Ziercke im Januar will Hartmann von seinem „umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht“ Gebrauch machen. Am 20. Februar informiert das niedersächsische Justizministerium über die bereits seit Dezember 2014 laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Göttingen gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig wegen Geheimnisverrats. Am 22. Februar wird bekannt, dass bereits vor den Durchsuchungen bei Edathy insgesamt 57 PolitikerInnen, ErmittlerInnen und sonstige AmtsträgerInnen von den Ermittlungen wussten. Am 23. Februar beginnt vor dem Landgericht (LG) Verden der Prozess gegen Edathy, der seinen Anwalt am 2. März ein Schuldeingeständnis verlesen lässt, woraufhin das Verfahren gegen eine Geldauflage von 5.000 Euro eingestellt wird.

Festnahmen mutmaßlicher Dschihadisten: Einer von zwei im Januar in Berlin festgenommenen Terrorismusverdächtigen wird wegen mangelnder Anhaltspunkte wieder auf freien Fuß gesetzt, aber bereits einen Monat später aufgrund einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft wieder verhaftet; der zweite Verdächtige bleibt in Haft. Weitere Festnahmen von Dschihad-RückkehrerInnen erfolgen am 25. Februar und am 4. März auf dem Flughafen Düsseldorf sowie am 9. März auf dem Flughafen Frankfurt/Main. Am 18. März erklärt Generalbundesanwalt Range, seine Behörde ermittle gegen 106 mutmaßliche KriegsrückkehrerInnen.

6. Februar: Drogenfahnder verurteilt: Das LG Kempten verurteilt den früheren Leiter der dortigen Drogenfahndung zu sechseinhalb Jahren Haft. Nach einer Anzeige seiner Frau wegen Körperverletzung und Vergewaltigung waren im Februar 2014 in seinem Spind 1,8 kg Kokain gefunden worden.

Anschläge und Aktionen gegen Flüchtlingsunterkünfte: In Dortmund marschieren rund 40 Vermummte vor einer Flüchtlingsunterkunft auf und skandieren rechte Parolen; es kommt zu 13 Festnahmen. Auf eine bezugsfertige Unterkunft in Escheburg (Schleswig-Holstein) für Asylsuchende wird am 9. Februar ein Brandanschlag verübt. DNA-Spuren führen zu einem Nachbarn des Heimes. Im sächsischen Hoyerswerda werden am 5. März fünf Personen festgenommen, die eine noch nicht bezogene Unterkunft mit rechten Parolen beschmiert und Fensterscheiben eingeschlagen hatten. In Dortmund dringen am 5. März Neo-Nazis in eine bezugsfertige Unterkunft ein und beschmieren diese. Fotos stellen sie anschließend ins Internet. Am 3. April wird in Tröglitz (Sachsen-Anhalt) auf eine bezugsfertige Flüchtlingsunterkunft ein Brandanschlag verübt, bei dem der gesamte Dachstuhl ausbrennt. Zwei Bewohner können sich in Sicherheit bringen. Am 7. April versuchen mehrere Männer vergeblich das Eingangstor eines Flüchtlingsheimes in Wismar aufzurütteln und werfen dann Bierflachen in den Eingangsbereich. Unbekannte beschießen im hessischen Hofheim in der Nacht zum 11. April eine Flüchtlingsunterkunft mit einer Druckluftwaffe; verletzt wird niemand. In der Nacht zum 16. April wird in Solingen (NRW) die Hausfassade und der Gehsteig vor einer Flüchtlingsunterkunft mir Hakenkreuzen besprüht. Im bayerischen Hepberg wird am 17. April ein für Flüchtlinge vorbereiteter Wohncontainer angezündet. Im sächsischen Dippoldiswalde wird am 19. April ebenfalls ein Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft verübt; vier Menschen werden dabei verletzt. In Limburgerhof (Rheinland-Pfalz) setzen Unbekannte am frühen Morgen des 6. Mai ein kurz vor der Fertigstellung stehendes Heim in Brand. In der Nacht zum 16. Mai wird ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im brandenburgischen Zossen verübt. Die Polizei nimmt zwei Tatverdächtige aus der rechtsextremen Szene fest.

9. Februar: V-Mann-Akten gefunden: Es wird bekannt, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) drei Aktenordner mit 983 Seiten Berichten des V-Mannes „Tarif“, der in der Operation „Rennsteig“ (1997-2003) in der rechten Szene Thüringens eingesetzt war, aufgetaucht sind. Die Akten des V-Mannes galten seit der Schredder-Aktion im BfV im November 2011 als vernichtet.

Pegida u. Co.: In Leipzig wird eine Demonstration des örtlichen Pegida-Ablegers untersagt, weil „die notwendigen Polizeikräfte nicht zur Verfügung“ stehen. Von Februar bis Mai gibt es in diversen Städten rechte Demos mit jeweils mehreren Hundert TeilnehmerInnen. Nur in Dresden können die Rechten durchgehend mehrere tausend Personen aufbieten. Dort kommt es am 2. März im Anschluss an eine Pegida-Demon­stration mit 6.200 Beteiligten laut Polizei zu „Rangeleien“, als mehrere 100 Personen zu einem Flüchtlingscamp ziehen, „Ausländer-raus“-Parolen skandieren und Flaschen und Feuerwerkskörper werfen. In Wuppertal kommt es am 14. März zeitgleich zu Kundgebungen von Pegida (800), Hooligans gegen Salafisten (Hogesa, 300) und SalafistInnen (200); das „Wuppertaler Bündnis gegen Nazis“ mobilisiert 2.000 Personen zu einer Gegenkundgebung. Nachdem Hogesa-Leute randalieren, verbietet die Polizei (rund 1.000 BeamtInnen) die geplante Pegida-Demonstration durch die Innenstadt; acht Personen werden festgenommen.

10. Februar: Wechsel beim Verfassungsschutz: Der Präsident des hessi­schen Landesamtes (LfV) Roland Desch wird mit sofortiger Wirkung in den Ruhestand versetzt. Gründe werden nicht genannt. Am 23. Februar tritt der bisherige Leiter des Polizeipräsidiums Westhessen, Roland Schäfer, seine Nachfolge an.

Anklage gegen Dschihadisten: Wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§129b StGB) und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat (§ 89 StGB) erhebt die Bundesanwaltschaft vor dem Oberlandesgericht (OLG) München Anklage gegen einen 21-jährigen Deutsch-Türken. Der Mann war im Juli 2014 aus Syrien zurückgekehrt, wo er sich an der Al-Nusra-Front beteiligt haben soll. Weitere Anklagen nach denselben Bestimmungen erfolgen am 9. März vor dem OLG Frankfurt/Main gegen sechs mutmaßliche Mitglieder der Al Shabab-Miliz, am 11. März vor dem OLG Düsseldorf gegen einen 22-jäh­ri­gen Deutschen (Islamischer Staat, IS), am 2. April vor dem OLG Frankfurt/M. gegen einen 28-jährigen Deutsch-Marokkaner (Al Nusra) und am 11. Mai vor dem OLG Celle gegen zwei Deutsch-Tunesier.

11. Februar: Lockspitzel-Urteile: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) veröffentlicht eine Entscheidung, wonach StraftäterInnen auch dann zu Haftstrafen verurteilt werden können, wenn sie rechtsstaatswidrig von Verdeckten ErmittlerInnen (VE) oder Lockspitzeln zu der Tat provoziert wurden. Dies sei jedoch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen (Az.: 2 BvR 209/14). Am 12. Februar verurteilt das Berliner Kammergericht einen Dealer, etwa 50.000 EUR an die Polizei zurückzuzahlen, die er von VE bei einem Scheinkauf erhalten hatte (Az.: 27 U 112/14).

NSU-Prozess: Vor dem OLG München erklären zwei Sprengstoffexper­ten, die im Juni 2004 in der Kölner Keupstraße gezündete Nagelbombe habe eine enorme Sprengwirkung gehabt; dass es keine Toten gegeben habe, grenze an ein Wunder. Ein am selben Tag vernommener Rechtsradikaler, der sich 2011 aus der Haft heraus als Informant anbot, bestreitet alle damals von ihm vor der Polizei gemachten Aussagen zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Am 25. Februar wollen sich zwei Zeugen aus der rechten Szene, die dem NSU-Trio 1998 eine Wohnung zur Verfügung gestellt und Sprengstoff besorgt hatten, an vieles nicht mehr erinnern. Am 26. Februar beantragen die Nebenklagevertreter der Familie Yozgat, die damaligen Innenminister Bayerns (Günter Beckstein, CSU) und Hessens (Volker Bouffier, CDU) sowie weitere MitarbeiterInnen des hessischen LfV als Zeugen zu laden. Die Bundesanwaltschaft ist dagegen. Vor dem Gerichtsgebäude versammeln sich am 3. März ein Dutzend Rechtsextreme zu einer angemeldeten Demonstration gegen den „Schauprozess“ und fordern die Freilassung des Angeklagten Ralf Wohlleben. Der frühere V-Mann Marcel D. (VP „Hagel“) bestreitet am 11. März je für das Amt gearbeitet zu haben oder seinen V-Mann-Führer überhaupt zu kennen – obwohl ihm das LfV Thüringen eine umfassende Aussagegenehmigung erteilt hat. Am 17. März bescheinigt ein Psychiater dem mitangeklagten Carsten S., der dem NSU im Jahr 2000 die Tatwaffe übergab, zum Tatzeitpunkt „deutliche Entwicklungsdefizite“. Am 19. März lehnt der Bundesgerichtshof erneut einen Antrag der Verteidigung auf Entlassung Ralf Wohllebens aus der U-Haft ab. Am 22. April erklärt der sächsische LfV-Präsident Gordian Meyer-Plath, das LfV Brandenburg, für das er früher tätig war, habe bereits 1998 Informationen des V-Mann „Piato“ an die Ämter Sachsens und Thüringens geliefert, wonach sich drei Neo-Nazis bewaffnen, untertauchen und Banküberfälle begehen wollten.

12. Februar: Oktoberfest-Attentat 1980: Auf Anfrage der Linksfraktion teilt die Bundesregierung mit, dass die im Januar von der Bundesanwaltschaft beim BfV und BND wegen der Aufnahme neuer Ermittlungen angeforderten Akten nicht herausgegeben würden, um die damaligen V-Leute nicht zu gefährden. Bei dem Attentat waren 13 Menschen getötet und rund 200 verletzt worden. Grund für die neuen Ermittlungen ist eine erst im Dezember 2013 bekanntgewordene Zeugin. Mit einer am 20. Mai eingereichten Klage beim BVerfG wollen Grüne und Linke die Bundes­regierung zur Auskunft verpflichten, ob V-Leute der Sicherheitsbehörden von dem Attentat wussten oder gar darin verwickelt waren.

Rechte Straftaten: Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion gab es 2014 insgesamt 10.541 rechte Straftaten; davon 496 Gewalttaten (2013: 17.042/837). 431 Menschen seien verletzt worden. Am 12. März legen die unabhängigen Opferberatungsstellen ihre Zahlen vor: Danach gab es 2014 allein in den ostdeutschen Bundes­ländern und Berlin 782 politisch rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierte Angriffe mit insgesamt 1.156 Verletzten.

Todesschussverfahren eingestellt: Die Staatsanwaltschaft Flensburg stellt die Ermittlungen gegen einen Polizisten ein, der im Dezember 2014 einen psychisch kranken Flüchtlings erschossen hatte, nachdem dieser zuvor ein somalisches Paar mit Messern verletzt und anschließend die Beamten angegriffen hatte.

15. Februar: „Konkrete Gefährdung“: Die Polizei in Braunschweig sagt einen für diesen Tag geplanten Karnevalsumzug ab. Man habe aus „zuverlässigen Staatsschutzquellen“ die Information erhalten, dass ein „Anschlag mit islamistischem Hintergrund“ geplant sei.

19. Februar: Abschiebungen: Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion wurden 2014 10.884 Asylsuchende aus Deutschland abgeschoben. Das ist die höchste Zahl seit 2006.

Hessischer NSU-Ausschuss: Bei der ersten öffentlichen Sitzung des vom hessischen Landtag eingesetzten UA kommt es zu einem Eklat, als ein früherer BfV-Linksextremismusexperte behauptet, die rechte Szene habe mit Sicherheit vor November 2011 nichts von den Straftaten des NSU gewusst. Nach allgemeinen Anhörungen zum Rechtsextremismus und zu den Ergebnissen anderer NSU-UA befragt der Ausschuss am 8. Mai eine Mitarbeiterin der Mordkommission, den Geheimschutz­be­auftragten des LfV sowie den ehemaligen LfV-Mitarbeiter Andreas T., der sich während des Mordes an Halit Yozgat am 6. April 2006 in dessen Internetcafé in Kassel aufgehalten hatte, aber die Leiche nicht gesehen haben will und sich auch nicht als Zeuge gemeldet hatte.

20. Februar: NSU-UA Baden-Württemberg: Der nach langem Hin und Her eingesetzte UA des Landtags beginnt mit seiner Arbeit. Am 2. März sagen der Vater und die Schwester des im September 2013 unter unklaren Umständen ums Leben gekommenen Rechtsextremisten Florian H. aus. Der Mann war kurz vor einem vereinbarten Treffen mit der Polizei in seinem Auto verbrannt. Die Angehörigen bezweifeln die offizielle Suizidversion. Am 9. März erklären mit dem Fall Florian H. befasste Polizeibeamte, die Staatsanwaltschaft habe ihnen Ermächtigungen für tiefer gehende Ermittlungen verweigert; der Staatsanwalt bestreitet dies. Am 16. März bestreitet ein ehemaliger Informant des LfV, dem Verfassungsschutz jemals über den NSU und Uwe Mundlos berichtet zu haben. Ein Ex-Verfassungsschützer hatte behauptet, von dem Informanten bereits 2003 entsprechende Informationen erhalten, diese jedoch nicht ernst genommen zu haben; daher gebe es auch keine schriftlichen Unterlagen. Am 17. März wird bekannt, dass die Polizei bei der Untersuchung des ausgebrannten Wagens von Florian H. 2013 etliche Gegenstände übersehen hatte; darunter eine Pistole und eine Machete. Diese wurden dem Ausschuss am Vortag von der Familie des Toten übergeben. Am 23. März teilt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft mit, dass sie die Ermittlungen im Todesfall H. wieder aufgenommen hat. Am 28. März stirbt eine Ex-Freundin von H. an ungeklärten Krampfanfällen. Sie hatte Anfang März als Zeugin vor dem UA erklärt, sie fühle sich bedroht. Laut der Obduktion am 30. März verstarb sie an einer Lungenembolie infolge eines wenige Tage zuvor erlittenen Motorradunfalls. Am 13. April befragt der UA eine weitere ehemalige Freundin von H. Ein am 15. April gehörter Zeuge aus der rechtsradikalen Szene des Landes erklärt, sich an eine frühere Bekanntschaft mit dem NSU-Trio nicht erinnern zu können. Am 20. April geht der UA der Frage nach, ob eine „Neoschutzstaffel“ (NSS) dem NSU bei der Ermordung der Heilbronner Polizistin Michèle Kiesewetter geholfen haben könnte. Laut einem Zeugen habe der NSS vermutlich gar nicht existiert.

24. Februar: Rocker: Der Bundesinnenminister verbietet den „Satudarah MC“. In mehreren Bundesländern durchsuchen Spezialeinsatzkomman­dos (SEK) Vereinsräume und Wohnungen von Mitgliedern des Vereins. Am 4. März durchsucht die Polizei im Ruhrgebiet 25 Objekte des „Gremium MC“. Waffen und Drogen werden sichergestellt, 22 Rocker vorläufig festgenommen. Aufgrund eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Koblenz wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung durchsuchen SEKs am 21. April in Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-West­falen Wohnungen und Clubräume der „Hells Angels“.

25. Februar: Polizeischuss: In Stuttgart ruft ein Mann bei der Polizei an und droht damit, um sich zu schießen. Als Polizeibeamte vor Ort erscheinen, schießt er mit einer Softair-Waffe auf sie. Die Beamten schießen zurück, ein Schuss trifft den Mann in den Bauch. Er überlebt.

Verurteilung von DschihadistInnen: Das LG München verurteilt eine 30-jährige Frau wegen Mitgliedschaft in der Al Nusra-Front zu anderthalb Jahren Haft auf Bewährung. Weitere Verurteilungen aufgrund von Anklagen nach den §§ 89 und 129b StGB ergehen am 27. März vor dem OLG Stuttgart gegen drei Männer (zwischen drei und viereinhalb Jahren Haft), am 28. April gegen einen 28-Jährigen vor dem LG Frankfurt (zwei Jahre und fünf Monate), am 29. April gegen einen 21-Jährigen vor dem OLG München (dreieinhalb Jahre Jugendstrafe).

Internet-Drogenhandel: Die Leipziger Polizei fasst zwei Männer, die in großem Umfang über das Internet Drogen verkauften. In der Folge werden insgesamt rund 360 Kilo Haschisch, Kokain, LSD und Ecstasy im Gesamtwert von ca. vier Millionen Euro sichergestellt. Am 11. März kommt es bundesweit zu 38 weiteren Hausdurchsuchungen.

27. Februar: Stille SMS: Laut Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hat das BfV 2014 rund 142.000 „stille SMS“ zur Standortermittlung von Zielpersonen versandt. Das BKA verschickte 27.000 und die Bundespolizei (BPol) etwa 39.000.

28. Februar: Soli-Demo für Flüchtlinge: In Dresden demonstrieren rund 3.500 Menschen für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge. Aufgerufen hatten Kirchen, Gewerkschaften, Parteien und NGOs.

„Konkrete Anschlagsgefahr“: Die Bremer Polizei warnt nach Hinweisen des LfV und des Landeskriminalamts vor einem Anschlag. In der Innenstadt patrouillieren schwer bewaffnete PolizistInnen. Zudem gibt es Durchsuchungen bei einem Verdächtigen und im „Is­lamistischen Kulturzentrum“ (IKZ). Mehrere Personen werden in Gewahrsam genommen, zwei Personen festgenom­men, aber noch in der Nacht wieder frei gelassen. Am 1. März werden die Sicherheitsmaßnahmen „zurückgestuft“. Durch Presseberichte wird am 6. März bekannt, dass die Behörden davon ausgingen, dass bereits vier Personen aus Frankreich für einen Anschlag eingereist waren. Am 20. März wird ein Vermerk des LfV Bremen bekannt, wonach der Hinweis auf das IKZ von einer Person stammte, die selbst vom LfV als suspekt eingestuft worden war.

März 2015

2. März: Freispruch für Polizisten: In Bremen wird ein Beamter vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen. Er hatte bei einer gewalt­tätigen Auseinandersetzung im Juli 2011 einen unbeteiligten Mann ins Gesicht geschlagen, der einen Platzverweis nicht befolgt haben soll.

BND geflutet: Unbekannte stehlen in der Nacht im BND-Neubau in Berlin Wasserhähne. Es entsteht ein Wasserschaden in Millionenhöhe. Die Polizei ermittelt wegen „Zerstörung von Bauwerken“.

3. März: Illegale Einreisen: Laut der Antwort der Bundesregierung auf einen Anfrage der Linken hat die Bundespolizei (BPol) 2014 insgesamt 57.000 illegale Einreisen festgestellt (2013: 33.000).

9. März: Militärischer Abschirmdienst (MAD): MAD-Chef Christof Gramm will BewerberInnen für die Armee einem „Basischeck“ unterziehen können. Sein Dienst habe bereits mehr als 20 ehemalige BundeswehrsoldatInnen identifiziert, die in die Kampfgebiete in Syrien und im Irak ausgereist seien.

Degradiert: Die Disziplinarkammer des Münchner Verwaltungsgerichts (VG) degradiert einen Polizeihauptmeister um zwei Stufen zum Polizeimeister. Er hatte im Januar 2013 eine bereits gefesselte Frau auf der Wache so schwer geschlagen, dass er ihr das Nasenbein und die Augenhöhle brach. Bereits im August 2013 war der Beamte zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Stuttgart 21: Das Amtsgericht (AG) Stuttgart verurteilt den früheren Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt zu 15.600 Euro Geldstrafe. Er habe im September 2010 mit einer entsprechenden Anweisung das rüde Vorgehen seiner BeamtInnen verhindern können, durch das mindestens 160 DemonstrantInnen teils schwer verletzt wurden.

11. März: Polizeilicher Todesschuss: In Memmingen (Bayern) wollen Polizeibeamte auf offener Straße einen Haftbefehl gegen einen 48-Jährigen vollstrecken. Daraufhin zieht dieser ein Messer. Als der Einsatz von Pfefferspray erfolglos bleibt, schießt ein Beamter und trifft den Mann in die Brust; er stirbt im Krankenhaus.

Prozess wegen Zugschießerei: Wegen versuchten Mordes verurteilt das LG Kempten einen Mann zu lebenslanger Haft, der sich im März 2014 in einem Zug gemeinsam mit einem Komplizen eine Schießerei mit Polizisten geliefert hatte. Auf der Flucht wurde der Mittäter vom Zug überrollt und starb, der Angeklagte überlebte schwer verletzt.

Polizeischüsse: Als ein SEK in Stuttgart zwei Männer festnehmen will, die zuvor bei einer Drogenbeschaffungsfahrt observiert wurden, überfahren die Männer einen Beamten und verletzen ihn schwer. Seine Kollegen schießen und treffen die Männer in Arme und Beine.

13. März: Ermittlungen wegen toter Anti-IS-Kämpferin: Die Duisburger Staatsanwaltschaft gibt bekannt, dass sie im Fall einer Frau, die auf Seiten kurdischer Freischärler gegen den IS in Syrien gekämpft hatte, Ermittlungen gegen Unbekannt aufgenommen hat. Das Verfahren sei eingeleitet worden, weil das deutsche Strafrecht auch bei der Tötung deutscher Staatsangehöriger im Ausland Anwendung finde.

16. März: Benzinklau: Das LG München verurteilt einen Polizisten zu einer Geldstrafe von 7.500 Euro. Im Laufe von zwei Jahren hatte er etwa 100 Liter Benzin aus Dienstwagen abgezweigt und privat verbraucht.

18. März: EZB-Proteste: Bei den Protesten gegen die EU-Krisenpolitik kommt es anlässlich der Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt/Main bereits am Morgen zu schweren Ausschreitungen. Laut Polizei gibt es bis Mittag 350 Festnahmen und über 220 Verletzte, darunter 90 PolizistInnen. Die Blockupy-Demons­tration am Nachmittag mit 17.000 bis 20.000 Personen verläuft friedlich.

20. März: V-Leute: Thüringens rot-rot-grüne Landesregierung erklärt, alle V-Leute des LfV umgehend abzuschalten. Bis Jahresende fänden nur noch „Nachsorgetreffen“ statt. Ausnahmen soll es nur in „begründeten Einzelfällen zum Zweck der Terrorismusbekämpfung“ geben.

Polizeischüsse: Nach einem Banküberfall in Bielefeld schießen PolizistInnen auf die flüchtenden Täter. Einer wird von zwei Schüssen in den Oberschenkel getroffen, nachdem er zuvor einen Beamten mit einer Schusswaffe bedroht hatte. Der zweite wird kurz Zeit später gefasst.

23. März: NSU-UA-Vorsitzende tritt zurück: Nach Vorwürfen der Befangenheit gibt Nadja Lüders (SPD) den Vorsitz im UA des nordrhein-westfälischen Landtages ab. Sie hatte 1999 als Anwältin einen Polizistenmörder mit Kontakten ins rechtsradikale Milieu vertreten.

NPD-Verbot: Das BVerfG fordert Beweise, dass sich in der NPD-Par­teispitze keine V-Leute des Verfassungsschutzes mehr befinden. An dieser Frage war 2003 das erste Verfahren gescheitert Der Bundesrat übergibt dem Gericht am 15. Mai eine Liste, wonach im April 2012 die letz­ten elf noch in den NPD-Führungsgremien aktiven V-Leute abgeschaltet worden seien.

25. März: Verdächtiges Bargeld: Ein Polizist aus Kaiserslautern wird in U-Haft genommen. Ende Februar hatte man bei ihm genauso viel Bargeld gefunden wie zuvor bei einem Banküberfall erbeutet wurde.

Falschaussage: Das AG Tiergarten (Berlin) verurteilt einen Polizist zu einer Geldstrafe von 6.300 Euro. Er hatte versucht, einen Kollegen, der bei der 1. Mai-Demo 2014 einen unbeteiligten Mann mit Pfef­ferspray attackiert hatte, mit einer Falschaussage zu entlasten. Der von seinem Hundertschaftsführer angezeigte Sprayer war bereits im Juni 2014 zu drei Jahren und neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

26. März: Verbot von Dschihadisten-Gruppe: Der Bundesinnenminister verbietet die Vereinigung „Tauhid Germany“ als Nachfolger der bereits 2012 verbotenen Gruppierung „Millatu Ibrahim“. Zeitgleich werden in vier Bundesländern 26 Objekte durchsucht.

28. März: Neonazi-Aufmarsch: Am 10. Jahrestag des Mordes an einem Punker marschieren in Dortmund rund 500 Neonazis auf. Ihnen stehen über 2.000 GegendemonstrantInnen gegenüber.

April 2015

1. April: Kannibalismus: Das LG Dresden verurteilt einen Kriminalbeamten wegen Mordes zu achteinhalb Jahren Haft. Er hatte im November 2013 einen Mann auf dessen Willen hin getötet und zerstückelt. Täter und Opfer kannten sich aus einem Kannibalen-Forum im Internet.

2. April: Gelder abgezweigt: Das AG München verurteilt einen Polizisten wegen Untreue zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Der Mann war für die Verwaltung von Verwarnungsgeldern und anderen Einnahmen zuständig und hatte über neun Monate hinweg insgesamt 40.000 Euro abgezweigt; im April 2014 hatte er sich gestellt.

8. April: Racial Profiling: Vor dem VG München beginnt ein Prozess um eine Kontrolle durch die BPol. Kläger ist ein Deutscher mit indischen Wurzeln, der im Januar 2014 in einem Regionalzug offensichtlich wegen seiner Hautfarbe eine Identitätsfeststellung über sich ergehen lassen musste. Mündliche Anhörungen in ähnlichen Verfahren finden im April vor dem VG Köln und im Mai vor dem VG Dresden statt.

11. April: Flüchtling angeschossen: In Leipzig wird ein syrischer Flüchtling von mehreren Männern zusammengeschlagen und angeschossen.

14. April: G7-Proteste: Im Anschluss an eine Kundgebung mit rund 3.000 TeilnehmerInnen gegen das G7-Außenministertreffen in Lübeck kommt es zu kleineren Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mit 3.500 BeamtInnen im Einsatz ist.

15. April: 129b-Verfahren: In einer bundesweit koordinierten Aktion lässt die Bundesanwaltschaft sieben Mitglieder der Türkischen Kommunistischen Partei/Marxisten-Leninisten verhaften und fünf Wohnungen durchsuchen. Die Partei sei eine terroristische Auslandsvereinigung und wolle durch bewaffneten Kampf den türkischen Staat abschaffen. Gegen fünf weitere Männer, die in Griechenland, Frankreich und der Schweiz verhaftet werden, ergehen Auslieferungsersuchen.

27. April: Polizeilicher Todesschuss: In Grünstadt (Rheinland-Pfalz) wird die Polizei zu einem lautstarken Ehestreit gerufen. Als die BeamtInnen eintreffen, öffnet ihnen der Mann die Tür und geht mit einem Küchenmesser auf sie los. Nach einem erfolglosen Einsatz von Pfefferspray gibt ein Beamter zwei Schüsse auf ihn ab und trifft ihn im Bauchbereich. Der Mann stirbt am nächsten Tag im Krankenhaus.

30. April: Anschlag verhindert: Im Oberursel (Hessen) nimmt ein SEK in der Nacht ein Ehepaar fest, das einen Anschlag vorbereitet haben soll. Bei der Wohnungsdurchsuchung werden eine Rohrbombe, Zünder, eine Übungspanzerfaust, Teile eines Sturmgewehrs und Munition gefunden. Das als Anschlagsziel vermutete Radrennen „rund um den Finanzplatz Eschborn/Frankfurt“ am nächsten Tag wird von der Polizei abgesagt.

Illegaler Waffenhandel: Durch einen Medienbericht wird bekannt, dass ein BND-Mitarbeiter 2009 in mindestens einen illegalen Panzertransport verwickelt war. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Rechtsradikaler Polizeischüler: Das VG Aachen bestätigt die Entlassung eines Polizeischülers, der sich in einem Internet-Chatroom rassistisch und menschenfeindlich geäußert hatte.

Mai 2015

1. Mai: Mai-Demonstrationen: In Weimar stürmen circa 50 Rechtsextreme die DGB-Kundgebung. Mehrere Personen werden ver­letzt. Die Polizei nimmt 29 Neo-Nazis fest. In Hamburg kommt es bei zwei Demonstrationen der linken Szene nach kurzer Zeit zu Ausschreitungen. Die Polizei löst die Versammlungen auf.

Ermittlungen gegen SEK-Beamte: Durch Medienberichte wird bekannt, dass die Aachener Staatsanwaltschaft gegen mehrere BeamtInnen eines Düsseldorfer SEK wegen versuchten Totschlages ermittelt. Sie hatten bei der Festnahme eines Kölner Großmarkthändlers im Juni 2011 insgesamt über 100 Schüsse abgegeben.

4. Mai: Video zeigt Übergriff: Das AG Herford spricht zwei Männer vom Vorwurf frei, bei einer Verkehrskontrolle im Juni 2014 einen Po­li­zisten angegriffen und verletzt zu haben. Ein Video zeigte, dass die Gewalt vielmehr von dem Beamten ausging; gegen ihn wird nun ermittelt.

6. Mai: Razzia gegen Rechtsextremisten: In mehreren Bundesländern durchsucht die Polizei Wohnungen der „Old School Society“ (OSS). Sie soll Anschläge auf Moscheen und Flüchtlingsheime geplant haben. Vier Personen werden festgenommen, gegen fünf weitere wird ermittelt.

MAD-Affäre: Medien berichten unter Berufung auf einen Bericht des Verteidigungsministeriums, dass die Firma Heckler & Koch Ende 2013 den MAD aufgefordert hatte, gegen mehrere JournalistInnen vorzugehen, die kritisch über das Sturmgewehr G36 berichtet hatten, was die Bundeswehrführung jedoch ablehnte. Am 8. Mai entlässt Ver­teidigungs­mi­nisterin Ursula von der Leyen (CDU) den ehemaligen Abteilungsleiter, der das Heckler & Koch-Ersuchen an den MAD unterstützt hatte.

13. Mai: Schmerzensgeld: Das LG Traunstein verurteilt einen Polizisten, der in der Neujahrsnacht 2013 in Wasserburg (Bayern) grundlos einen Mann geschlagen hatte, zu 6.500 Euro Schmerzensgeld. In erster Instanz war der Beamte zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Gefahrengebiete: Das Oberverwaltungsgericht Hamburg erklärt die Rechtsgrundlage für die Einrichtung von „Gefahrengebieten“, in denen die Polizei ohne Verdacht kontrollieren darf, für verfassungswidrig. Geklagt hatte eine Frau, die in der Walpurgisnacht 2011 kontrolliert, durch­sucht, mit einem Aufenthaltsverbot belegt und für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen worden war. (Az.: 4 Bf 226/12)

17. Mai: Flüchtlinge misshandelt: Die Staatsanwaltschaft Hannover bestätigt, dass sie gegen einen BPol-Beamten ermittelt, der in mehreren Fällen Flüchtlinge in Gewahrsamszellen misshandelt, gedemütigt und Fotos davon ins Internet gestellt haben soll. Bei einer Hausdurchsuchung war zudem eine illegale Waffe gefunden worden. Bei einem früheren Vorfall habe der Beamte zudem einem Kollegen die Waffe an den Kopf gehalten. Auf Bitten der Vorgesetzten an die übergeordnete Dienstelle, den Vorfällen nachzugehen, sei jedoch nichts geschehen. Am 24. Mai kündigt BPol-Präsident Dieter Romann die Einrichtung einer ihm direkt unterstellten „Sonderbeschwerdestelle“ an.

Polizeilicher Todesschuss: Als Polizisten in Rodgau (Hessen) die Einweisung eines 74-Jährigen in die Klinik durchsetzen wollen, schießt der Rentner. Die Beamten schießen zurück und verletzen ihn tödlich.

20. Mai: Ausreise verhindert: In Berlin durchsuchen Polizeibeamte die Wohnung eines mutmaßlichen Dschihadisten und beschlagnahmen seinen Ausweis, um ihn an der Ausreise nach Syrien zu hindern.

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