G 10-Maßnahmen 2014

Martina Kant

Anfang 2016 legte das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestages seinen Bericht über die Abhör- und Postkontrollmaßnahmen der Geheimdienste des Bundes (Bundesamt für Verfassungsschutz – BfV, Bundesnachrichtendienst – BND und Militärischer Abschirmdienst – MAD) nach dem Artikel 10-Gesetz (G 10) für das Jahr 2014 vor.[1]

Individuelle Überwachungsmaßnahmen nach § 3 G 10 wurden 2014 insgesamt in 109 Fällen angeordnet. Davon liefen beim BfV im 1. Halbjahr 75 Maßnahmen (2. Hj.: 73), beim BND 32 (2. Hj.: 35) und beim MAD zwei Maßnahmen (1. Hj.: 1). Als weitüberwiegenden Anlass gibt der Bericht „Islamismus“ an, gefolgt vom „nachrichtendienstlichen Bereich“, was auch immer das PKGr damit sagen möchte. Die Zahl der sog. Hauptbetroffenen, das sind die Verdächtigen, gegen die sich eine Überwachungsmaßnahme richtet, lag im ersten Halbjahr 2014 bei 351, im zweiten Halbjahr bei 345 Personen. Als (unverdächtige) Nebenbetroffene gibt das PKGr 380 bzw. 308 Personen an. Hierbei handelt es sich z.B. um Personen, deren Telefonanschluss ein Verdächtiger benutzt. Bei 380 Betroffenen aus mittlerweile eingestellten Maßnahmen (144 Hauptbetroffene, 236 Nebenbetroffene) entschied die zuständige G10-Kom­mis­sion, dass sie über die Überwachung informiert werden.

Zur „strategischen“ Überwachung der Telekommunikation vom Ausland nach Deutschland und umgekehrt durch den BND nach § 5 G 10 ordnete das dafür zuständige Innenministerium Maßnahmen in den sog. Gefahrenbereichen „Internationaler Terrorismus“, „Proliferation“ und „Illegale Schleusung“ an. Hierbei durchsucht der BND mittels Suchbegriffen (Selektoren) den Datenstrom. Die G 10-Kommission genehmigte im Bereich Terrorismus 973 (841 formale/132 inhaltliche) Suchbegriffe, im zweiten Halbjahr nur noch formale: 949. Formale Suchbegriffe sind z.B. Telefonnummern, E-Mailadressen; inhaltliche Begriffe sind Suchwörter zu einem bestimmten Gefahrenbereich wie z.B. bestimmte chemische Stoffe oder Namen. Im Bereich Proliferation waren es im 1. Halbjahr 10.238 formale und 1.432 inhaltliche Begriffe; im zweiten Halbjahr nur noch 2.087 formale Suchbegriffe. Im Bereich „Schleusung“ waren es im ersten Halbjahr 28 formale Suchbegriffe. Auffällig ist auch der starke Rückgang der formalen Suchbegriffe im Bereich Proliferation; hier lag deren Anzahl in den letzten Jahren immer bei über 10.000. Gründe nennt der Bericht nicht. Möglicherweise hat der BND auch hier seinen Se­lek­torenbestand – wie schon bei den NSA-Selektoren und denen für die eigene Erfassung außerhalb des G 10-Gesetzes – bereinigt.

Als Ergebnis der Durchsuchung des Datenstroms „qualifizier­ten“ sich im Bereich „Internationaler Terrorismus“ 14.604 Telekommunikationsverkehre (zu über 90 Prozent SMS, gefolgt von Verkehrsdaten); nachrichtendienstlich „relevant“ waren davon 63 Verkehre. Ob „qualifiziert“ gleichbedeutend mit „erfasst“ ist, bleibt unklar. Ob die „qualifizierten“ Verkehre daher schon eine Auswahl der tatsächlich erfassten sind, führt der Bericht nicht aus. Bei „Proliferation“ waren es 10.588 Verkehre, von denen zwei relevant waren. Die 28 formalen Begriffe zur Schleusung erbrachten 17 Verkehre, von denen jedoch keiner relevant war. Im Vergleich zu früheren Jahren sind die „qualifizierten“ Verkehre insgesamt auf einen Bruchteil zurückgegangen (2009-2012 zwischen 850.000 und über 37 Mio.); dass der Grund hierfür, wie der BND angibt, allein der bessere Spam-Filter sei, ist zu bezweifeln. Strategische Überwachungsmaßnahmen nach § 8 G 10 führte der BND im ersten Halbjahr in sechs Fällen, im zweiten Halbjahr in vier Fällen durch. Anlass waren Entführungen deutscher Staatsangehöriger im Ausland.

[1]      BT-Drs. 18/7423 v. 29.1.2016

Bild: Stefan Funke from Frankfurt, Germany, DE-CIX GERMANY – Switch Rack (6218137120), CC BY-SA 2.0

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