zusammengestellt von Otto Diederichs
1. Juni: Körperverletzung im Amt: In Köln (NRW) hat ein Mann, der 2016 von zwei Polizisten geschlagen, getreten und gedemütigt wurde, das Land auf Schadensersatz verklagt. Ein Verfahren gegen die Beamten war Anfang diesen Jahres gegen eine Geldbuße eingestellt worden. Durch Presseberichte wird am 23. Juni bekannt, dass die Oberstaatsanwältin (OStAin), die das Verfahren gegen die beteiligten Beamten eingestellt, den Mann jedoch dreimal wegen Widerstand angeklagt hatte, intern versetzt wurde. Offiziell sollen die Vorgänge nichts miteinander zu tun haben, aus einem Untersuchungsbericht der Generalstaatsanwaltschaft (GStA) Köln geht indes hervor, dass die OStAin dienstliche Abläufe missachtet hat.
Rassistische Angriffe: Durch eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag wird bekannt, dass es im ersten Quartal des Jahres bundesweit zu 91 islamfeindlichen Straftaten gekommen ist, darunter sechs Angriffe auf Moscheen (4. Quartal 2020: 225 / Moscheenangriffe: 21). Am 3. Juni beleidigt in Berlin ein Betrunkener zwei Frauen rassistisch und schlägt einer ins Gesicht und der anderen auf den Arm. Die Polizei nimmt ihn vorübergehend in Gewahrsam. In Berlin beleidigt ein Mann zwei Frauen rassistisch; er wird festgenommen. Wiederum in Berlin fährt eine Radfahrerin am 27. Juni auf dem Gehweg absichtlich ein spielendes Kind an. Dessen Schwester beleidigt sie rassistisch und versucht, ihr das T-Shirt zu zerreißen. Als Zeugen auf den Vorfall aufmerksam werden, flüchtet die Frau unerkannt.
„NSU 2.0“-Drohschreiben: Durch Presseberichte wird bekannt, dass im Büro der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (Die Linke) in Erfurt (Thüringen) erneut ein NSU 2.0-Drohschreiben eingegangen ist.
2. Juni: Polizeischüsse: Als Polizeibeamte bei Wahlitz (Sachsen-Anhalt) einen Motorradfahrer mit falschen Kennzeichen kontrollieren wollen, flüchtet der Mann. Daraufhin verfolgen ihn die Beamten und es wird eine Straßensperre aufgebaut. Als der Motorradfahrer diese durchbricht, schießen die Beamten auf ihn. Der Mann wird später verletzt in seiner Wohnung festgenommen und ins Krankenhaus gebracht. Am 25. Juni attackiert ein psychisch kranker Mann in der Innenstadt von Würzburg (Bayern) Passanten mit einem Messer. Mehrere Menschen werden getötet und verletzt. Die Polizisten schießen auf den Täter und nehmen ihn fest.
Ermittlungen gegen Polizist*innen: In Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) wird ein Polizeibeamter aus Thüringen unter dem dringenden Verdacht des Kindesmissbrauchs festgenommen. Durch Presseberichte wird am 8. Juni bekannt, dass in Hannover (Niedersachsen) ein Polizist ein Verkehrsschild manipuliert hat, um angebliche Falschparker belangen zu können. Eine ähnliche Tat hatte der Beamte auch im März bereits begangen. Am 14. Juni beginnt vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf (NRW) der Prozess gegen einen pensionierten Polizisten wegen 14-fachem Kindesmissbrauch und Vergewaltigung. Der Mann ist „ganz überwiegend“ geständig. Im Hessischen Landtag berichtet Landesinnenminister Peter Beuth (CDU) am 15. Juni, dass bei einem ehemaligen Beamten des Sondereinsatzkommandos (SEK), bei dem im Dezember 2020 eine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte, zehntausende kinderpornografische Dateien gefunden wurden. Bei dieser Durchsuchungen war die Polizei auch auf die rechtsextremen Chatgruppen bei der hessischen Polizei gestoßen. Am gleichen Tag leitet die Berliner Polizei ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen einen ihrer Beamten ein, der bei der Unfallaufnahme eines tödlichen Verkehrsunfalls einer Radfahrerin, auf dem Radweg geparkt hatte. Durch Presseberichte wird am 18. Juni bekannt, dass Ermittlungen gegen einen Polizeibeamten in Potsdam (Brandenburg) gegen eine Geldzahlung an eine gemeinnützige Organisation eingestellt wurden. Hintergrund ist die rabiate Festnahme und Inhaftierung eines Nigerianers im Oktober 2019. Der Mann hatte sich im Zuge der Verbringung in eine Zelle einen Finger eingeklemmt und war über Stunden ohne ärztliche Hilfe geblieben; der Finger musste später amputiert werden. Am 21. Juni wird ebenfalls durch Presseberichte bekannt, dass gegen eine Leitende Ermittlerin des Landeskriminalamtes (LKA) Hamburg aus dem Kolleg*innenkreis zwei Strafanzeigen gestellt wurden. Dabei geht es um Verfolgung Unschuldiger, Nötigung und Strafvereitelung um ihre Ermittlungsergebnisse zu schönen. Ebenfalls durch Presseberichte wird am 23. Juni bekannt, dass die StA in Bremen die Ermittlungen gegen drei Beamte der Bremer Polizei eingestellt hat. Die Beamten hatten im September 2020 die Streitigkeiten zweier arabischer Großfamilien im Internet in „zynischer, abfälliger und teils diskriminierender Art und Weise“ kommentiert und waren daraufhin mit sofortiger Wirkung in den Innendienst versetzt und disziplinarische Ermittlungen eingeleitet worden. Am 30. Juni verurteilt das LG Düsseldorf (NRW) den pensionierten Polizeibeamten wegen Kindesmissbrauch und Vergewaltigung zu sechs Jahren Haft. Am gleichen Tag verurteilt das AG Augsburg (Bayern) verurteilt einen Polizeibeamten für Beleidigung der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) auf facebook zu einer Geldstrafe von 4.400 EUR (Az: 03 Ds 101 Js 100806/20).
Asyl: Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entscheidet, dass die Handydatenauswertung von Asylsuchenden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) rechtswidrig ist. Am 3. Juni erteilt das Amtsgericht (AG) Würzburg (Bayern) einer Ordensschwester des Klosters Oberzell eine Verwarnung mit einer Geldbuße von 500 EUR wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt. Die Nonne hatte in den Jahren 2019 und 2020 jeweils einer Nigerianerin Kirchenasyl gewährt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az: 7 Cs 892 Js 4950/20). Am 7. Juni legt die Nonne Berufung gegen das Urteil ein.
Antisemitismus: In Berlin wird ein Paar beim Reinigen von „Stolpersteinen“ zum Gedenken an verfolgte Juden von einem Mann antisemitisch und volksverhetzend beschimpft. Polizist*innen stellen seine Personalien fest. Am 5. Juni wird auf die Synagoge von Ulm (Baden-Württemberg) ein Brandanschlag verübt, der Täter flüchtet unerkannt. An einer Realschule in Pfarrkirchen (Bayern) werden am 7. Juni ein antisemitischer Schriftzug und ein Hakenkreuz entdeckt. Am 10. Juni meldet die „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ (RIAS) insgesamt 141 antisemitische Vorfälle für das Jahr 2020 in Brandenburg (2019: 137); davon waren sechs direkte körperliche Angriffe (2019: 6). Die jüdische Gemeinde in Frankfurt/M. (Hessen) teilt am 11. Juni mit, dass der Thoraschrein in ihrem Gebetsraum am Flughafen mit einem Hakenkreuz beschmiert wurde. Am 16. Juni wird in einem Restaurant in Berlin ein Mann von einem anderen mit dessen Getränk beschüttet und antisemitisch beleidigt. Die Polizei stellt seine Personalien fest. Am 28. Juni stellt RIAS in Berlin seinen bundesweiten Jahresbericht vor. Danach kam es 2020 in der Bundesrepublik zu insgesamt 1909 antisemitischen Vorfällen, davon waren 167 gezielte Sachbeschädigungen, 96 Bedrohungen und 39 Angriffe. Bei Anti-Corona-Demonstrationen kam es auf 284 Versammlungen zu antisemitischen Aussagen.
4. Juni: Rechtsextreme Polizist*innen: Die Polizei in Brandenburg teilt mit, dass sie die Zusammenarbeit mit der Sicherheitsfirma „German Security“ wegen möglicher Verbindungen in das rechtsextreme Milieu eingestellt hat. Die Firma war bereits mehrfach für die AfD im Einsatz; zudem werden bei ihr Kontakte in die Neo-Nazi-Szene und zu den „Hammerskins“ vermutet. In Hessen durchsucht die Polizei die Wohnungen und Arbeitsplätze von sechs ihrer Beamten wegen der Beteiligung an rechtsextremen Chatgruppen. Insgesamt laufen Ermittlungen gegen 20 Polizist*innen, 18 von ihnen sind SEK-Beamte; gegen weitere vier Polizisten wird zudem disziplinarisch ermittelt. Seit dem Jahr 2015 gab es in dem Bundesland 77 Verfahren wegen des Verdachts der rechtsradikalen Gesinnung; bundesweit waren es seit 2018 insgesamt 380 Verdachtsfälle. Am 10. Juni gibt Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) die Auflösung des SEK bekannt. In Freiburg (Baden-Württemberg) wird am 12. Juni ein Lette von mehreren Personen rassistisch beleidigt und durch die Straßen gehetzt; die Polizei ermittelt in diesem Zusammenhang auch gegen einen ihrer Beamten wegen Beteiligung. Im Hessischen Innenausschuss teilt Innenminister Beuth (CDU) am 15. Juni mit, dass unterdessen 56 Beamte ermittelt wurden, die an den Chatgruppen beteiligt waren; gegen 24 von ihnen werde allerdings weder strafrechtlich noch disziplinarisch ermittelt, da sie dabei nicht aktiv in Erscheinung getreten sind. Durch Medien-Recherchen wird am 18. Juni bekannt, dass es bei der zum Schutz des Bundestages in Berlin eingesetzten Polizeikräfte mehrere rechtsradikale Vorfälle gibt. So sei ein dort eingesetzter Beamter der Bundespolizei (BPol) Mitglied der „Reichsbürger“-Bewegung; ein weiterer zu Teilnahmen an Anti-Corona-Demonstrationen aufgerufen und teilgenommen hat. Ein anderer Beamter hat im Pausenraum den Hitlergruß gezeigt und auch in dienstlichen Chatgruppen würden regelmäßig rechtsextreme, antisemitische und rassistische Inhalte verbreitet. Die Bundestags-Pressestelle bestätigt lediglich drei Verdachtsfälle seit 2013, von denen sich allerdings keiner bestätigt habe. Am 24. Juni teilt Landesinnenminister Beuth (CDU) im Hessischen Innenausschuss mit, dass in einer der rechten Chatgruppen auch Kinderpornografie geteilt wurde; zudem sei die Zahl der verdächtigen Beamten auf 50 gestiegen, darunter auch acht Führungskräfte. Ebenfalls durch Presseberichte wird am 27. Juni bekannt, dass bei den deutschen Länderpolizeien aktuell zwischen 236 und 447 straf- oder disziplinarrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes von Rechtsextremismus laufen; bei BPol und Bundeskriminalamt (BKA) sind es 36 Verfahren. Am 29. Juni verurteilt das AG Alsfeld (Hessen) einen Polizeibeamten wegen Verstoß gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Im Fall seiner rassistischen Whatsapp-Chats wird er freigesprochen, da die Chats nicht öffentlich gewesen seien.
Verfassungsschutz: Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe (Baden-Württemberg) reicht ein FDP-Bundestagsabgeordneter Klage gegen die Bundesregierung ein. Er hatte mit einer parlamentarischen Anfrage wissen wollen, wie viele Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) in den letzten fünf Jahren im Ausland eingesetzt waren. Darauf hatte das Bundesinnenministerium unter Verweis auf „schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen“ die Antwort verweigert. Am 8. Juni wird durch Presseberichte bekannt, dass das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen illegal Informationen über Landtagsabgeordnete, darunter auch den SPD-Wirtschaftsminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten, gesammelt hat. Am 10. Juni verabschiedet der Bundestag ein Gesetz zur „Anpassung des Verfassungsschutzrechts“. Darin erhält der Verfassungsschutz „ergänzende Aufklärungsbefugnisse“ zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) auch bei Messenger-Diensten. Das BfV in Berlin muss einer ehemaligen Mitarbeiterin 10.000 EUR Schmerzensgeld wegen Depressionen durch Mobbing am Arbeitsplatz zahlen. Das wird am 17. Juni durch Presseberichte bekannt. Ebenfalls am 17. Juni teilt das LfV Sachsen mit, dass es die im Februar gegründete Kleinpartei „Freie Sachsen“ als rechtsextrem eingestuft hat und nachrichtendienstlich überwacht. Die Partei sei „eine überregionale Vernetzungsplattform für Rechtsextremisten aus der gesamten Bundesrepublik“. Das LfV NRW benennt in seinem „Sonderbericht zu Verschwörungsmythen und Corona-Leugner“, der am 22. Juni in Düsseldorf vorgestellt wird, für das Bundesland 25 Regionalgruppen von Corona-Leugner*innen; davon 20 Gruppen mit etwa 8.200 Mitgliedern für die Landeshauptstadt.
Dschihadismus: Das Kammergericht (KG) Berlin verurteilt einen Mann wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Kriegsverbrechen zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Sein mitangeklagter Sohn erhält eine Jugendstrafe von knapp sechs Jahren. Am 16. Juni verurteilt das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (NRW) eine Dschihadistin wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sechseinhalb Jahren Jugendhaft. Die Frau war 2013 als 15-Jährige nach Syrien ausgereist und hatte dort einen deutschen Kämpfer des „Islamischen Staat“ (IS) geheiratet und war 2018 bei ihrer Rückkehr festgenommen worden. Zugleich werden die Eltern des IS-Kämpfers wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu drei und viereinhalb Jahren Haft verurteilt. In Baden-Württemberg nimmt die Polizei bei der Einreise aus Frankreich am 24. Juni einen mutmaßlichen Dschihadisten fest. Gegen den Mann wird Haftbefehl erlassen und wegen Verdachts der Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat und versuchten unerlaubten Erwerb einer Kriegswaffe ermittelt.
5. Juni: Ausschreitungen gegen Corona-Auflagen: In Nürnberg (Bayern) kommt es zu Ausschreitungen und Flaschenwürfen von etwa 80 Personen. 13 Menschen werden in Gewahrsam genommen, ein Polizist wird durch die Flaschenwürfe verletzt. In mehreren Städten kommt es in der Nacht zum 12. Juni zu Ausschreitungen von Jugendlichen. In mehreren Parks in Berlin löst die Polizei die Partys von bis zu 2.000 Jugendlichen auf. In einem Park werden die Beamt*innen mit Flaschen beworfen. Auch in Aachen, Münster (beide NRW) und Jena (Thüringen) werden die Beamt*innen mit Flaschen beworfen. Am 19. Juni löst die Polizei in Hamburg eine Party mit 4.000 Personen wegen Verstößen gegen Corona-Auflagen und lauter Musik auf. Nach Flaschenwürfen werden zwei Beamte verletzt ins Krankenhaus gebracht. Bei der Räumung einer illegalen Party mit rund 1.400 Personen in der Innenstadt von Augsburg (Bayern) werden 15 Beamt*innen verletzt. In einem Park in Berlin greifen 60-70 Jugendliche am 23. Juni die Polizist*innen mit Flaschenwürfen an, als diese ihre illegale Party auflösen wollen; es kommt zu mehreren Festnahmen. Als Polizist*innen am 27. Juni in Hamburg eine Party mit bis zu 2.000 Personen im Stadtpark auflösen wollen, werden sie mit Flaschen und Böllern beworfen; zwei Beamte werden leicht verletzt; 10 Personen werden vorläufig festgenommen.
Repression gegen Umweltdemonstrationen: In Berlin besetzen zwischen 80 und 250 Personen an verschiedenen Stellen zwei Autobahnbaustellen; von 80 Aktivist*innen nimmt die Polizei die Personalien auf. Zudem kesselt die Polizei hier 12 Journalist*innen ein und leitet Ermittlungen gegen sie ein. Durch eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag wird am 12. Juni bekannt, dass die Polizei in Hessen an Besetzer*innen des Dannenröder Forstes bereits 15 Kostenbescheide für die Räumungen der Protestcamps und Baumbesetzungen verschickt hat. Weitere 123 Bescheide sind in Vorbereitung. Am 23. Juni befindet das AG Alsfeld (Hessen) eine Umwelt-Aktivistin für schuldig, bei der Räumung eines Protestcamps im Dannenröder Forst einen Polizisten mehrfach gegen den Kopf getreten und einem zweiten das Knie ins Gesicht gestoßen zu haben. Sie wird zu zweieinviertel Jahren Haft verurteilt; im Gericht kommt es zu tumultartigen Szenen. Ebenfalls am 23. Juni entscheidet das VG Magdeburg, dass ein Protestcamp gegen einen Autobahnausbau in einem Wald bei Losse nicht beseitigt werden muss. Die Anordnung der Stadt Stendal (sämtlich Sachsen-Anhalt) sei lediglich auf eine bauordnungsrechtliche Grundlage gestützt; ein Schutz vor Brand- und andere Gefahren für den Wald sei auch mit milderen Auflagen zu gewährleisten.
7. Juni: Organisierte Kriminalität (OK): Im Rahmen einer weltweiten Aktion in 16 Staaten durchsucht die Polizei über 100 Objekte in mehreren Bundesländern. Auslöser der Fahndungsaktion ist das amerikanische FBI, dem es gelungen ist Kryptohandys von Kriminellen zu knacken. Am 8. Juni durchsucht die Polizei in NRW mehr als 30 Objekte eines kriminellen Clans unter dem Verdacht des bandenmäßigen Betruges und der Geldwäsche. Vier Personen werden festgenommen, Bargeld, Schusswaffen und eine Villa werden beschlagnahmt. Durch Presseberichte wird am 9. Juni bekannt, dass die Polizei 16 Objekte in Bayern, NRW und Sachsen-Anhalt von mutmaßlichen Computerbetrügern durchsucht hat. Sie sollen Bahntickets im Wert von 450.000 EUR illegal gebucht haben. Ermittelt wird gegen 20 Personen. Am 24. Juni durchsucht die Polizei in Dortmund, Werl und Bochum (alle NRW) insgesamt 21 Objekte eines kriminellen Clans wegen bandenmäßigem Drogenhandel und Verstößen gegen das Waffengesetz. Sieben Haftbefehle werden vollstreckt; auch in Berlin finden Durchsuchungen bei einem arabisch-stämmigen Clan statt. Am 30. Juni teilt die Staatsanwaltschaft (StA) Köln (NRW) mit, dass gegen 53 Beschuldigte wegen Geldwäsche und Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird. Die Bande soll rund 7,5 Tonnen Gold in die Türkei geschmuggelt haben um Gewinne krimineller Organisationen zu waschen; drei Beschuldigte befinden sich in Untersuchungshaft.
Rechtsextremismus: Vor dem OLG Düsseldorf (NRW) erhebt die Bundesanwaltschaft (BAW) Anklage gegen drei Männer wegen Mitgliedschaft in einer weltweit agierenden rechtsextremen kriminellen Vereinigung über deren Internet-Plattform „Internationale Goyim Partei (IPG)“ sie volksverhetzende Inhalte verbreitet haben sollen. In einer Corona-Teststelle in Berlin greift ein Mann am 8. Juni zwei Mitarbeiter mit einem Spachtel an, ruft rechtsradikale Parolen und zeigt mehrfach den Hitlergruß; er wird festgenommen. Durch Presseberichte wird am 11. Juni bekannt, dass vor dem OLG München (Bayern) bereits seit April der Prozess gegen eine Frau stattfindet, der vorgeworfen wird, Politiker, eine muslimische Gemeinde und einen Flüchtlingshilfeverein bedroht, sowie einen Anschlag geplant zu haben. Zudem soll sie Kontakte zum rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) gehabt haben. Am 14. Juni beschimpft in Berlin ein Mann sowohl Passanten wie auch eintreffende Polizist*innen volksverhetzend. Er wird festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt. In dem am 15. Juni in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 werden dem Rechtsextremismus in Deutschland etwa 33.300 Personen zugeordnet, von denen 13.300 als potentiell gewaltorientiert eingestuft werden. Der brandenburgische Verfassungsschutzbericht 2020, der am 23. Juni in Potsdam (Brandenburg) vorgestellt wird, beziffert die Zahl der Rechtsextremisten in dem Bundesland auf 2.860 Personen. Am 24. Juni verbietet Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Torsten Benz (CDU) die rechtsextremistische Vereinigung „Nationale Sozialisten Rostock“; die Polizei durchsucht vier Wohnungen und Arbeitsstätten. In Hamburg durchsucht die Polizei am 30. Juni die Wohnungen von mehreren Verdächtigen, die rechtsradikale Inhalte im Internet verbreitet haben; in einer Wohnung finden sie zudem eine SS-Uniform und mehrere Schusswaffen.
8. Juni. Racial Profiling: Bei der Berliner Antidiskriminierungsstelle sind bis Anfang des Monates 52 Beschwerden gegen Polizist*innen wegen rassistischer Diskriminierungen eingegangen. Während die Polizei keine dieser Beschwerden als berechtigt ansieht, stuft die Ombudsstelle fünf davon als berechtigt oder teilweise berechtigt ein. Durch Presseberichte wird am 17. Juni bekannt, dass die Polizei in Berlin rechtswidrig eine ethnische Zugehörigkeit von Täter*innen in Verbindung mit Trickdiebstählen in Strafanzeigen bis hin zur Kriminalstatistik vermerkt. Die Berliner Datenschutzbeauftragte fordert die Datenbestände zu bereinigen.
9. Juni: Sammelabschiebung: In Kabul landet ein deutscher Abschiebeflug mit 42 Männern. Es ist die 39. Sammelabschiebung seit Ende 2016; insgesamt wurden damit 1.077 Männer abgeschoben.
13. Juni: Polizeiliche Todesschüsse: In Wuppertal (NRW) wird die Polizei gerufen, weil in einem Mehrfamilienhaus ein Mann randaliert. Als Polizisten in seine Wohnung eindringen, werden sie nach StA-Angaben vom 14. Juni , von dem Mann mit einem Messer beworfen und dann mit einem Knüppel und einem „anderen Gegenstand“ angegriffen. Ein Beamter gibt daraufhin Schüsse aus einer Maschinenpistole auf den Mann ab. In Frankfurt/M. (Hessen) wird die Polizei am 22. Juni wegen einer „Gefährdungslage“ in einem Wohnhaus alarmiert. Als die Beamten eintreffen, stoßen sie dort auf einen mit einer Schusswaffe und einem Messer bewaffneten Mann, der sie angreift. Ein Polizist wird verletzt. Daraufhin werden mehrere Schüsse auf ihn abgegeben und der Mann zieht sich wieder in seine Wohnung zurück; das SEK wird hinzugezogen; diese finden den Mann leblos auf. Die Obduktion ergibt, dass er an einem Schuss in die Seite verblutet ist. In Freudenstadt (Baden-Württemberg) ruft eine Frau am 24. Juni die Polizei wegen häuslicher Gewalt. Während die Polizei noch versucht den Konflikt zu schlichten, zieht der Mann plötzlich ein Messer und greift die Beamten an. Ein Polizist gibt daraufhin mehrere Schüsse auf ihn ab; der Mann stirbt noch vor Ort.
Verschwundene Waffen und Munition: Durch eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus wird bekannt, dass im Juni 2020 erneut eine Dienstwaffe der Polizei verschwunden ist. Es ist seit 2010 der 11. Fall, darunter auch eine Maschinenpistole; nur fünf der verschwundenen Waffen wurden wiedergefunden. Durch Presseberichte wird am 16. Juni bekannt, dass bei einem hessischen Polizeibeamten, der im Verdacht steht, Dienstmunition unterschlagen zu haben, eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat. Waffen oder Munition wurden nicht gefunden.
14. Juni: Rechtsradikalismus bei der Bundeswehr: Durch Presseberichte wird bekannt, dass die Bundeswehr gegen Soldaten einer NATO-Mission in Litauen wegen Verdacht des Mobbings, sexueller Nötigung und Singens antisemitischer und rechtsextremer Lieder ermittelt. Insgesamt wird gegen 10 Soldaten ermittelt, vier wurden nach Deutschland zurück beordert. Am 16. Juni wird bekannt, dass der ganze Panzergrenadierzug der beteiligten Soldaten aus Litauen abgezogen wird. Zudem wird bekannt, dass ein Vorgesetzter den Vorfall zwar in einem internen Vermerk festgehalten, aber keine Meldung erstattet hatte und dass außerdem seit Anfang April ein Fehlbestand von 569 Schuss Munition bekannt war.
15. Juni: „Reichsbürger“: In dem in Berlin vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 werden der deutschen „Reichsbürger“-Szene etwa 20.000 Personen zugeordnet, von denen 2.000 als potentiell gewaltorientiert eingestuft werden.
Schleuserkriminalität: Auf einem Autobahnrastplatz wird ein LKW-Fahrer durch Klopfgeräusche auf vier minderjährige afghanische Flüchtlinge aufmerksam. Er informiert die Polizei; die Beamten befreien die Jugendlichen aus einem plombierten Container und leiten Ermittlungen gegen den LKW-Fahrer ein. Am 28. Juni durchsucht die Polizei in Berlin Objekte von drei Verdächtigen unter dem Verdacht des Menschenhandels; in einer Lagerhalle werden13 Vietnamesen entdeckt. Nach BKA-Angaben gilt Berlin als „Dreh- und Angelpunkt“ vietnamesischer Menschenhändler.
16. Juni: Häuserkämpfe: Vor einem besetzten Haus in Berlin werden Barrikaden errichtet um gegen eine gerichtlich angeordnete Brandschutzprüfung am nächsten Tag zu protestieren. Als die Polizei erscheint, werden sie angezündet, ein Dutzend Vermummte bewirft dabei die Beamt*innen. 60 Beamt*innen sollen verletzt worden sein. Nachdem die Verhandlungen wegen der Prüfung am Morgen des 17. Juni scheitern, bricht die Polizei die Eingangstür mit einem Rammbock und Trennschleifern auf. Die eindringenden Polizist*innen werden mit Feuerlöschern besprüht und vom Dach des Hauses mit Böllern, Bengalos und anderen Gegenständen beworfen, 22. Beamt*innen werden angeblich verletzt. Gegen Mittag kann die Begehung stattfinden, sie verläuft ruhig und störungsfrei; gravierende Mängel werden bei der Begehung des Brandschutzexperten nicht festgestellt . Am Abend nehmen etwa 2.000 Personen an einer Protestdemonstration teil. Vereinzelt werden dabei Flaschen auf die Polizei geworfen, ansonsten bleibt es weitgehend ruhig; sieben Personen werden festgenommen. Stadtweit kommt es später zu wenigen Sachbeschädigungen und Brandstiftungen.
17. Juni: Stasi-Unterlagenbehörde: Die Stasi-Unterlagenbehörde wird geschlossen und die dort gelagerten Akten der DDR-Staatssicherheit an das Bundesarchiv überstellt. Sie sollen jedoch auch dort für Antragsteller*innen offen bleiben.
Angriffe auf Polizist*innen: In Frankfurt/M. (Hessen) wehrt sich ein Fahrraddieb massiv gegen seine Festnahme. Mit einem Flacheisen schlägt er einem Beamten so wuchtig auf den Kopf, dass dieser in ein Krankenhaus gebracht werden muss; seine Kollegin wird leicht verletzt. Der Täter kann festgenommen werden. Am 18. Juni beleidigt in Berlin ein Mann eine Polizeibeamtin sexistisch und äußert sich allgemein volksverhetzend. Gegen eine Personalienfeststellung leistet er Widerstand. Der Mann wird festgenommen und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auf einem Bahnhof in München (Bayern) wird am 22. Juni die Polizei gerufen, weil sich ein Mann weigert eine Corona-Maske zu tragen und herumpöbelt. Die eintreffenden BPol-Beamt*innen greift er an und schlägt einer Beamtin seine Gitarre gegen das Bein. Er wird festgenommen. Am 26. Juni wird die Polizei zu einem Jugendzentrum in Helmbrechts (Bayern) gerufen, weil dort ein betrunkener Jugendlicher mit einem Messer herumfuchtelt. Als die Beamten eintreffen, wirft er das Messer auf sie; er wird festgenommen. Am gleichen Tag werden in Allenbach (Bayern) bei der Festnahme eines Obdachlosen, der über den Zaun eines Werksgeländes klettert, zwei Polizisten verletzt. Ein Beamter wird ins Gesicht getreten, der andere leichter verletzt. Beide Beamte werden im Krankenhaus behandelt.
18. Juni. Demonstrationen gegen Corona-Auflagen: Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Hessen bestätigt ein Verbot der Stadt Kassel für eine am nächsten Tag geplante Anti-Corona-Demonstration wegen zu erwartender Verstöße gegen Auflagen; die Verbote für zwei Gegendemonstrationen werden hingegen aufgehoben (AZ: 6L 1137/21 KS).
21. Juni: Terroranschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt: Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 übergibt seinen Abschlussbericht an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU). Darin werden eklatante Missstände beim Berliner Staatsschutz festgestellt.
Tod in Polizeigewahrsam: In Münster (NRW) wird ein Randalierer festgenommen. Im Polizeigewahrsam klagt er über Unwohlsein und erleidet im Beisein einer Ärztin einen Herzstillstand. Er wird reanimiert und stirbt wenig später im Krankenhaus. Die Hintergründe sind unklar. Am 23. Juni entdecken Mitarbeiter im Polizeigewahrsam in Kassel (Hessen) eine tote Frau. Die stark betrunkene Obdachlose war in der Innenstadt auf der Straße gestürzt und beinahe überfahren worden. Eine Streife hatte sie daraufhin zur Ausnüchterung in Gewahrsam gebracht.
23. Juni: Alternative für Deutschland (AfD): Das AG Köln (NRW) verurteilt einen Teilnehmer einer AfD-Wahlkampfversammlung, der im April 2019 in eine Gruppe von Gegendemonstrant*innen gefahren war, wegen gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie Unfallflucht zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung und einer Schmerzensgeldzahlung von 250 EUR. Sein Führerschein wird eingezogen. Durch Presseberichte wird am 28. Juni bekannt, dass die GStA den früheren baden-württembergischen AfD-Abgeordneten Stefan Räpple angeklagt hat, öffentlich zu Straftaten aufgerufen zu haben. Räpple soll im August 2020 bei der gewaltsamen Erstürmung der Berliner Reichstagstreppe dabei gewesen sein und im September 2020 auf einer Anti-Corona-Demonstration in Mainz (Rheinland-Pfalz) zum gewaltsamen Sturz der Bundesregierung aufgerufen haben. Am 30. Juni wird durch Presseberichte bekannt, dass das OLG Stuttgart (Baden-Württemberg) ein erstinstanzliches Urteil des Landes bestätigt, wonach ein ehemaliger StA und heutiger AfD-Abgeordneter im Jahr 2018 zurecht aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde. Der Mann habe in besonders schwerwiegender Weise „kontinuierlich beamtenrechtliche Kernpflichten, insbesondere die Pflichten zur Verfassungstreue sowie der Neutralität und Mäßigung“ verletzt.
24. Juni: Polizist*innen gerettet: In Bochum (NRW) retten vier Schüler und ein Autofahrer einen Polizeibeamten und dessen Kollegin aus ihrem brennenden Streifenwagen. Bei einer Einsatzfahrt war der Wagen gegen einen Baum geprallt und hatte Feuer gefangen; die Beamt*innen wurden dabei schwer verletzt.
25. Juni: Rechtsextremer Mordanschlag bei Kassel: Der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) durch den Rechtsextremisten Stephan Ernst vernimmt als ersten Zeugen einen früheren Staatsschutzbeamten und den ehemaligen Leiter des Verfassungsschutzes. Beide berufen sich bei entscheidenden Fragen auf Erinnerungslücken.
26. Juni: Presseangriffe: Bei der Demonstration gegen ein neues Versammlungsgesetz in Düsseldorf (NRW) werden zwei Journalisten von Polizeibeamten mit dem Schlagstock angegriffen.
28. Juni: Abschiebungen: Nach einer Woche in Abschiebehaft wird eine pakistanische Familie auf Veranlassung der Abschiebebehörde Kriftel (Hessen) für unbestimmte Zeit wieder aus der Hafteinrichtung entlassen.
29. Juni: „Identitäre Bewegung“: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg lehnt eine Klage der „Identitären Bewegung“ gegen die Berichterstattung des Verfassungsschutzes ab. Die Einstufung der „Identitären“ als „Verdachtsfall“ und „gesichert rechtsextrem“ sei nicht zu beanstanden.
Drohschreiben an Politiker*innen: Das LG Stuttgart (Baden-Württemberg) verurteilt einen Mann und eine Frau wegen Bedrohung und versuchter Sachbeschädigung zu Haftstrafen von je zwei Jahren und vier Monaten. Sie hatten über Monate Drohbriefe mit den Absendern „Militante Zelle“ oder „Revolutionäre Aktionszellen“ an Empfänger*innen aus Politik, Justiz und Verbänden verschickt.
30. Juni: Taser: Der Brandenburgische Polizeipräsident teilt mit, dass bereits seit März in einem Landkreis und bei einer Einsatzhundertschaft in Cottbus (Brandenburg) Elektro-Taser getestet werden. Der Test läuft bis 2022.