Sicherheits- und Ordnungsgesetz MV verfassungswidrig

Nachdem in den Jahren ab 2017 in den meisten Bundesländern die Polizeigesetze verschärft wurden, erhoben einige Protestbündnisse Verfassungsbeschwerden gegen die Gesetze. Anfang Februar 2023 veröffentlichte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Entscheidung zur Beschwerde des Bündnisses SOGenannte Sicherheit sowie der NGO Gesellschaft für Freiheitsrechte gegen das Sicherheits- und Ordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (SOG MV).[1] Das Gesetz enthielt eine Vielzahl von Regelungen zur verdeckten Datenerhebung, die das BVerfG nun beanstandete. Unter anderem ging es um die polizeilichen Befugnisse zur Observation von Personen, zur Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen, zum Einsatz von Vertrauenspersonen und verdeckten Ermittler*innen, zur Überwachung von Wohnräumen und Telekommunikation sowie zur Online-Durchsuchung. Das BVerfG hielt dazu fest, dass der Anlass für die Maßnahmen, die sog. Eingriffsschwelle, voraussetze, dass zumindest eine konkretisierte Gefahr für hinreichend gewichtige Rechtsgüter, etwa Leib, Leben und Freiheit einer Person, die Sicherheit von Bund und Ländern sowie den Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen, bestehe. Überwachungsmaßnahmen seien hingegen nicht zulässig, wenn nur diffuse Anhaltspunkte für zukünftige Gefahren bestünden.

Weiterhin beanstandete das BVerfG, dass einige der polizeilichen Befugnisse nicht dem Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung genügen. Hierzu machte das Gericht detaillierte Vorgaben. Insbesondere müssen Regelungen gefunden werden, wie mit einmal erhobenen Daten, die kernbereichsrelevante Informationen enthalten, umgegangen wird. Die Maßstäbe des Bundesverfassungsgerichts wirken über Mecklenburg-Vorpommern hinaus. Ähnliche wie die für verfassungswidrig befundenden Regelungen des SOG MV finden sich auch in den Polizeigesetzen von Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Hessen und Rheinland-Pfalz[2] – und werden dort nun überarbeitet werden müssen.

[1]   Bundesverfassungsgericht: Beschluss vom 9.12.2022, Az. 1 BvR 1345/21
[2]   Koch, T.: Handlungsbedarf im Gefahrenabwehrrecht: Das Bundesverfassungsgericht präzisiert die Maßstäbe für verdeckte Datenerhebungen, verfassungsblog.de v. 14.2.2023

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