Redaktionsmitteilung

So hätte es sein können: Am 27. August 2024 erschießen Polizisten im nordrhein-westfälischen Moers einen 26-Jährigen. Der schon öfter in der Psychiatrie behandelte Mann war auf Passant*innen und auf Polizisten mit Messern losgegangen. Noch am Abend desselben Tages tritt Bundesgesundheitsminister Lauterbach vor die Presse: „Es kann nicht so weitergehen, dass psychisch kranke Menschen derart ‚ausrasten‘, dass der Polizei offenkundig nur noch der Schusswaffengebrauch bleibt, um die Gefahren abzuwehren. Das Hilfs-, Unterstützungs- und Behandlungssystem muss dringend verbessert werden.“

Oder: Als Reaktion auf den Anschlag in Aschaffenburg treffen die Gesundheitsminister*innen der Bundesländer zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Sie bilden eine Task Force, die konkrete Vorschläge vorlegen soll, wie den Defiziten in der psychologisch-psychiatrischen Beratung und Versorgung von Geflüchteten begegnet werden kann.

In Wirklichkeit gab es weder den Weckruf von Minister Lauterbach, noch eine Initiative der Gesundheitsminister*innen. Reagiert und in Szene gesetzt haben sich stattdessen die Innenpolitiker- und -minister*innen. Sie verlautbaren das, was sie bei jeder Gelegenheit tun: mehr Personal, mehr Kompetenzen, mehr Befugnisse für die Polizei. Dabei folgen sie dem klassischen Muster: Ein sozialer Missstand wird so lange ignoriert und umgedeutet, bis er als „Sicherheitsproblem“ erscheint und entsprechend „behandelt“ werden wird. Wir beleuchten in den Beiträgen unseres Schwerpunkts verschiedene Aspekte der aktuellen Versicherheitlichung der Psyche.

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Nach 25 Jahren erscheinen wir ab dieser Ausgabe in leicht verändertem Gewand. Wir haben versucht, unser Cover übersichtlicher und ansprechender zu gestalten. Zugleich haben wir unseren Markennamen „CILIP“ (für „Civil Liberties & Police“) ins Zentrum gerückt. Die Modernisierung unserer Website wird folgen.

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Unser nächster Schwerpunkt wird sich dem politischen Rechtsruck in Europa widmen und dessen Auswirkungen für Polizeien und Innere Sicherheit auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten betrachten.

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