Chronologie Juni 1996

zusammengestellt von Melanie Hillmann

01.06.:

• In Lübeck registriert die Polizei 16 Notrufe innerhalb weniger Minuten. Da sie einen absichtlichen Mißbrauch vermutet, ortet sie den Absender über eine Fangschaltung. Am Tatort stellen die Beamten fest, daß eine auf einem Faxgerät schlafende Katze immer wieder die Zielwahltaste für den Polizeinotruf gedrückt hat.

• In der Zeitschrift ”konkret” fordert das seit 25 Jahren inhaftierte RAF-Mitglied Helmut Pohl, die Auflösung der RAF.

03.06.:

• Nach Angaben der Polizeiführungsakademie in Hiltrup wurden 1995 durch Polizeischüsse insgesamt 19 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt.

05.06.:

• In Berlin beginnt die Revisionsverhandlung gegen den Kaufhauserpresser Arno Funke alias ”Dagobert”. Am 14.6. wird Funke zu neun Jahren Haft verurteilt. Das sind 15 Monate mehr als im ersten Urteil.

• Nach Angaben des Bundesinnenministeriums baten im Mai insgesamt 9.334 Flüchtlinge in der Bundesrepublik um Asyl.

11.06.:

• Acht Monate nach Aufnahme derErmittlungen wegen Betruges gegen ca. 400 Berliner Wachpolizisten sind bis auf 140 Fälle alle anderen Verfahren eingestellt. Bei den falsch geführten Dienstplänen sei ”Schlamperei im Spiel” gewesen.

• In Potsdam beginnt der Prozeß gegen einen Polen, der beschuldigt wird, im August 1995 einen Polizeibeamten erstochen zu haben.

12.06.:

• Durch den Kuramtsleiter von Göhren auf Rügen wird bekannt, daß der Verfassungsschutz 55 Zeltplatzwärter angesprochen hat, ”Kahlköpfige, Buntgescheckte, Punker und Langhaarige” als verdächtige Personen an das LfV Mecklenburg-Vorpommern zu melden. 13.06.: Der Präsident des bayerischen Verfassungsschutzes, Gerhard Forster erklärt, sein Amt beobachte derzeit 14 kriminelle und mafiöse Gruppierungen in Osteuropa.

• Die Bonner Koalitionsparteien einigen sich auf einen Gesetzentwurf zum ”Großen Lauschangriff”: Das Abhören in Privatwohnungen soll danach nur aufgrund richterlicher Anordnung, und nur wenn ein begründeter Verdacht auf eine besonders schwere Straftat vorliegt, zulässig sein. Auf die Einführung einer Videoüberwachung von Privatwohnungen wird zunächst verzichtet. Am 19.6. wird der Lauschangriff im Bundeskabinett gebilligt.

• In Bremen stellen sich zwei Männer und eine Frau den Strafverfolgungsbehörden; sie werden beschuldigt, als Mitglieder einer ”kriminellen Vereinigung” die Zeitschrift ”radikal” hergestellt zu haben. Sie werden von rund 100 Demonstranten begleitet.

17.06.:

• In Cottbus wird ein 28jähriger Mann zu vier Jahren Haft verurteilt, weil er mit zwei Mittätern Ende 1993 einenpolnischen V-Mann erschlagen hatte.

• In München wird von einem Tankwart ein 25jähriger Polizist erschossen, als er die Tankstelle überfallen will.

19.06.:

• Die Berliner Staatsanwaltschaft veranstaltet in Geschäftsräumen des rechtsextremen ”Verlag der Freunde” eine Razzia. Es werden mehrere tausend Exemplare der Zeitschrift und andere Druckschriften beschlagnahmt.

20.06.:

• Das Landgericht in Berlin gibt der Klage des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Uwe Lehmann-Brauns auf freie Meinungsäußerung statt. Lehmann-Brauns darf danach Manfred Stolpe als Stasi-Mitarbeiter bezeichnen. Stolpe reicht in Potsdam eine Unterlassungsklage gegen Lehmann-Brauns ein.

• In Bremen ergeht gegen Friedrich Hennemann, den ehemaligen Chef des Vulkan-Werftenverbundes, aufgrund von Fluchtgefahr ein Haftbefehl. Ihm wird Untreue in einem besonders schweren Fall vorgeworfen.

23.06.:

• Bei Protesten gegen den Papst-Besuch in Berlin nimmt die Polizei insgesamt 33 Personen fest.

26.06.:

• Nach einem Beschluß des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes dürfen die REPUBLIKANER weiterhin vom Verfassungsschutz als extremistisch und verfassungsfeindlich bezeichnet werden. Das Landgericht Lüneberg stellt das Verfahren gegen 17 mutmaßliche Mitglieder der Göttinger ”Autonomen Antifa (M)” ein. Im Zuge der Ermittlungen gegen die Gruppe waren fast 14.000 Telefongespräche abgehört und 30 Hausdurchsuchungen durchgeführt worden.

29.06.:

• Ein bulgarisches Ehepaar, das seit einem Jahr im Kirchenasyl in Berlin lebt, wird vom Amtsgericht Tiergarten zu je fünf Monaten Haft auf fünf Jahre zurBewährung verurteilt. Ihnen wird ein Verstoß gegen das Ausländergesetz vorgeworfen.
Melanie Hillmann ist Studentin am ”Otto-Suhr-Institut” der ”Freien Universität Berlin”