Ohne eine Verbindung zu Schengen und zu Europol werde die Schweiz zu einer „Insel der Unsicherheit“, so lautet seit Jahren das Credo des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements, des schweizerischen Justizministeriums. Die Schweiz wird zwar auch mittelfristig nicht der EU beitreten. Dem polizeipolitischen Ziel ist man jedoch einiges näher gekommen. Polizeikooperations- und Rückübernahmeabkommen mit Frankreich und Italien wurden 1998 geschlossen und vom schweizerischen Parlament im Frühjahr ohne viel Federlesen ratifiziert. Die am 27. April 1999 unterzeichneten Polizei-Verträge mit Deutschland und Österreich schließen vorerst den Reigen der bilateralen Abkommen mit den EU-Nachbarstaaten.[1]
Anders als mit Frankreich und Italien einigte man sich mit Deutschland und Österreich auf Formen des automatisierten Datenaustauschs, die denen des Schengener Informationssystems (SIS) sehr nahe kommen. Das BKA sowie die zuständige Stelle im österreichischen Inneministerium einerseits sowie andererseits das schweizerische Bundesamt für Polizeiwesen liefern sich gegenseitig Daten, die sie über ihre nationalen Fahndungssysteme auch nachgeordneten Polizeibehörden zur Verfügung stellen können. Die Fahndungszwecke entsprechen denen des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ): Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung, Ermittlung des Aufenthaltes von Vermißten, ZeugInnen und Personen, die wegen geringfügiger Straftaten von den Justizbehörden gesucht werden, polizeiliche Beobachtung und Sachfahndung. Daten von abzuschiebenden oder zurückzuweisenden DrittausländerInnen werden zwischen Österreich und der Schweiz nur konventionell ausgetauscht. Im Vertrag mit Deutschland ist eine einseitige automatisierte Lieferung von deutscher Seite vorgesehen. Die Schweiz erhält damit Zugang zu rund 50% der SIS-Daten.
Was die grenzüberschreitende Zusammenarbeit betrifft, gehen die Vereinbarungen mit Deutschland und Österreich selbst über das SDÜ hinaus. Weder die grenzüberschreitende Nacheile noch die Observation werden an zeitliche oder räumliche Begrenzungen gebunden. Die Observation soll – anders als im SDÜ – auch zu präventiven Zwecken erlaubt sein. Kontrollierte Lieferungen soll es nicht nur bei Drogen, sondern auch bei einer Reihe anderer Waren geben. Mit Deutschland wurde schließlich der Einsatz verdeckter Ermittler (VE) im Territorium des jeweils anderen Staates – auch bei Vorfeldermittlungen – vereinbart. Deutsche VE werden sich nicht nur in der Schweiz tummeln dürfen, wenn deutsche Ermittlungen in die Schweiz hineinreichen. Vielmehr kann die schweizerische Seite künftig auf deutsche VE für Verfahren zurückgreifen, die nicht den geringsten Bezug zum Nachbarland haben. Gleiches gilt umgekehrt. Eine derartige Regelung gibt es bisher in keinem anderen internationalen Vertrag.