Schengen – Wunschliste des BMI

Zwar sei eine „Novellierung des Schengener Regelwerks“ unter den alten Schengener Strukturen nicht mehr möglich, diese habe aber „unter dem Dach der EU“ zu geschehen. So heißt es in einer „Notiz des deutschen Vorsitzes betr. die Fortentwicklung des Schengener Besitzstandes im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit“.[1] Das Papier datiert vom 22. April 1999, wenige Tage vor In-Kraft-Treten des Amsterdamer Vertrages und der Überführung Schengens in die Ratsstrukturen.

Die darin enthaltene Wunschliste ist für das Bundesinnenministerium nach wie vor Leitlinie, wie Staatssekretär Fritz Rudolf Körper in einem Fachgespräch des Europa-Ausschusses des Bundestags am 23. Februar 2000 verkündete. Ausweiten will man insbesondere die grenzüberschreitenden Aktivitäten im Vorfeld: Grenzüberschreitende Observationen sollen nicht nur wie im Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) vorgesehen gegen Verdächtige, sondern auch gegen deren Umfeld und zudem zu präventivpolizeilichen Zwecken möglich sein. Ferner will man Regelungen über gemeinsame Ermittlungsgruppen und den Einsatz verdeckter Ermittler. Die Kontrollierte Lieferung – bisher nur für Drogen – soll auch für Waffen, Sprengstoffe, Falschgeld, Diebesgut und Hehlerware sowie bei Geldwäsche erlaubt werden.

Die Forderungen entsprechen, wie Körper und der baden-württem­bergische Landespolizeidirektor Dieter Schneider bestätigten, dem Muster des deutsch-schweizerischen Polizeivertrags, den die schweizerische Bundesversammlung in ihrer Märzsession bereits ratifizierte. Ähnliche Verträge solle das BMI auch mit den anderen Nachbarstaaten aushandeln, forderte die Innenministerkonferenz am 15. März 2000. Für „dringlich“ hält sie insbesondere Abkommen mit Polen, Tschechien, Österreich und Dänemark.

Wenig Interesse zeigte Körper bei dem zitierten Fachgespräch des Europa-Ausschusses an der Situation der Gemeinsamen Kontrollinstanz (GKI), des Schengener Datenschutzgremiums. Angelika Schriever-Stein­berg vom Hessischen Datenschutzbeauftragten, eine der beiden deutschen VertreterInnen in der GKI, bemängelte u.a., dass die DatenschützerInnen nicht auf ein eigenes Sekretariat zurückgreifen können, sondern auf MitarbeiterInnen des Ratssekretariats angewiesen seien. Diese verbringen den Großteil ihrer Arbeitszeit damit, den Ratsarbeitsgruppen zuzudienen. Wer kontrolliert hier wen?

(Heinrich Busch)

[1]      Sch/I (99) 20 rev. 2 v. 22.4.1999