Schleierfahndungen durch den Bundesgrenzschutz (BGS)

Wenn sie nicht vorher verlängert wird, tritt die 1998 verabschiedete Befugnis des BGS, verdachtsunabhängige Personenkontrollen in Zügen, auf Bahnanlagen und Flughäfen auch jenseits des 30 km tiefen Grenzgebietes vorzunehmen, zum Jahresende 2003 außer Kraft. Der Bundesrat hatte diese Befristung im Gesetzgebungsverfahren durchgesetzt und sich eine abschließende Bewertung vorbehalten. Auf Bitten des Bundestages wird die Bundesregierung vor Fristablauf eine Evaluation vorlegen.

In einer Kleinen Anfrage vom August 2000 hat die PDS-Fraktion eine Zwischenbilanz gefordert. In der Antwort erklärt die Bundesregierung, sie sähe „für einen vorgezogenen Zwischenbericht über den Stand der Evaluation … keine Veranlassung“.[1] Die „ständige begleitende Bewertung der Eingriffsbefugnis“ sei „zum gegenwärtigen Zeitpunkt aussagekräftig nicht abgeschlossen.“ Aus der Antwort auf die Anfrage lässt sich jedoch bereits jetzt erahnen, welcher Güte die abschließende Evaluation sein wird. Präsentiert wird lediglich die Anzahl der verdachtsun­abhängigen Personenkontrollen außerhalb (§ 22 Abs. 1a BGSG) und innerhalb des 30 km-Grenzgebietes (§ 23 Abs. 1 Nr. 3) sowie die Zahl der dabei festgestellten „illegalen Einreisen“:

Jahr Kontrollen nach
§ 22 Abs. 1a
Festgestellte unerlaubte Einreisen Kontrollen nach
§ 23 Abs. 1 Nr. 3
Festgestellte unerlaubte Einreisen
1999 206.651 2.377 387.375 5.087
2000 (1. Hj.) 159.315 797 280.728 2.288

Auf weitergehende Fragen – nach der Entfernung der Kontrolle von der Grenze, der Zahl der Personen ohne mitgeführten Ausweis, Folgeeingriffen, Auseinandersetzungen mit und Beschwerden von Kontrollierten etc. – heißt es stets, es gebe keine zentrale Erfassung oder: „hierzu wird keine statistische Anschreibung geführt.“ Ebenfalls unbeantwortet blieben Fragen nach der Effizienz der Schleierfahndung hinsichtlich organisierter (Schleuser-)Kriminalität. Die Behauptung, Personenkontrollen an einem „Kontrollpunkt“ richteten sich an alle Angetroffenen, also auch an „einheimische Personen“, lässt sich nur aufrecht erhalten, weil das Merkmal Staatsangehörigkeit gar nicht erst erhoben wird. Wie die Regierung trotz fehlender Erhebungen zu dem Urteil kommt, „dass sich die Notwendigkeit zum Erhalt dieser Norm auch nach Ablauf der zeitlichen Befristung ergeben wird“, ist ihr Geheimnis.

(Martina Kant)

[1]      BT-Drs. 14/3990 v. 14. 8.2000 und 14/4485 v. 6.11.2000