Police Brutality
by Norbert Pütter
Traditionally, police brutality is defined as the excessive or illegal use of physical force on the part of police officers. Based on this definition, the article discusses various approaches to arriving at an understanding of the causes for and the individual or situative, sociological, institutional as well as legal and political factors which play a role. Based on this approach it becomes apparent that police brutality can only be adequately understood if the context in which such activity takes place is adequately taken into consideration. Physical brutality is shown to be only one of several intimidating police practices. Summaries weiterlesen
Archiv der Kategorie: CILIP 067
(3/2000) Polizeiübergriffe – Polizeikontrolle
Literatur
Zum Schwerpunkt
Je nachdem, wohin man blickt, lässt sich sagen, dass die Literatur zu Polizeiübergriffen reichhaltig oder dass sie ausgesprochen spärlich ist. „Reichhaltig“ sind die Berichte der Opfer von Polizeigewalt. Dazu gehören nicht nur Nachrichten aus der Tagespresse, sondern auch die Veröffentlichungen, in denen kleine Gruppen immer wieder besonders gravierende Übergriffe dokumentieren, oder die Publikationen, in denen Menschenrechtsgruppen „Fälle“ zusammenstellen. Sieht man die Summe derartiger Primärquellen, dann ließe sich die Geschichte der bundesdeutschen Polizei auch als eine Geschichte der Übergriffe schreiben. Demgegenüber beschäftigt sich die polizeiliche und wissenschaftliche Publizistik kaum mit illegaler und/oder übermäßiger polizeilicher Gewalt; in dieser Hinsicht ließe sich allenfalls eine Verdrängungsgeschichte schreiben. Literatur weiterlesen
Chronologie
von Peter Bienwald
Juli 2000
04.07.: Strafverfahren gegen bayerische PolizistInnen: Auf eine Anfrage der Grünen im Landtag erklärt das Innenministerium, von 1997-1999 seien ca. 2.400 Ermittlungsverfahren gegen PolizeibeamtInnen eingeleitet worden; rund 2.000 endeten mit Freispruch. 680 dienstliche Ermittlungen wurden geführt und 545 Disziplinarverfahren eröffnet.
07.07.: Aufruf zur Fahnenflucht nicht strafbar: Gemäß einem Urteil des Landgerichts (LG) Berlin war ein Aufruf, der während des Kosovo-Krieges Bundeswehrsoldaten zur Desertion aufforderte, durch Artikel 5 Grundgesetz (GG) gedeckt. Die Staatsanwaltschaft kündigt Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) an. Chronologie weiterlesen
Aktuelles Polizeirecht – Wie schlecht steht es um die Bürgerrechte?
von Fredrik Roggan
Die CDU schaffe mit ihrem Entwurf für ein neues saarländisches Polizeigesetz einen „repressiven Obrigkeitsstaat“, so schimpfte jüngst der SPD-Landtagsabgeordnete Reinhold Jost. Er warnte davor, den Rechtsstaat in eine „autoritäre Instanz“ zu verwandeln.[1] Allerdings: was die CDU im Saarland legalisieren will, ist in anderen SPD-regierten Bundesländern längst geltendes Recht geworden, ohne dass SozialdemokratInnen dagegen protestiert hätten.
Das Polizeirecht ist in den letzten Monaten wieder einmal Gegenstand reger gesetzgeberischer Aktivität. Nur wenige Bundesländer haben derzeit keine Reform ihres Polizeirechts vor sich oder soeben eine hinter sich gebracht. Die Videoüberwachung öffentlicher Plätze wurde im sächsischen Polizeigesetz (§ 38 II) schon verankert, in Brandenburg wird sie gerade diskutiert. Auch sonst haben diese beiden ostdeutschen Bundesländer ihren Landespolizeien weitgehende Befugnisse eingeräumt. Mit seinem Polizeigesetz von 1983 hinkt Bremen weit hinterher, wird aber voraussichtlich noch dieses Jahr mit „einem Schlag“ nahezu alle Ermächtigungen für die Polizei legalisieren, die in anderen Bundesländern z.T. schon seit Jahren gelten: die verschiedenen Befugnisse zur verdeckten Datenerhebung durch technische Mittel, Verdeckte ErmittlerInnen, V-Personen und große Lauschangriffe ebenso wie die (in Bayern schon seit 1994 geltende) Schleierfahndung, das Aufenthaltsverbot (sog. erweiterter oder qualifizierter Platzverweis) und natürlich die inzwischen unvermeidliche Videoüberwachung öffentlicher Plätze.[2] Aktuelles Polizeirecht – Wie schlecht steht es um die Bürgerrechte? weiterlesen
Stabilitätspakt für Südosteuropa – Polizeihilfe mit Abhängigen
von Anastassia Tsoukala
Der im Juni 1999 in Köln unterzeichnete sogenannte Balkan-Stabilitätspakt ist nicht nur das Dach für diverse Wirtschaftshilfsprogramme, sondern auch für Initiativen der Polizeikooperation zwischen den Staaten der Region und mit denen des „Westens“. Zentraler Punkt dieser Zusammenarbeit ist wie üblich die Bekämpfung organisierter Kriminalität und der illegalen Einwanderung. Dass die Machtverhältnisse zwischen den Helfenden und den Hilfsempfängern ungleich sind, versteht sich dabei von selbst.[1]
Die Notwendigkeit einer stärkeren regionalen Kooperation war zwar schon Thema einer Außenministerkonferenz von sechs Balkan-Staaten in Belgrad 1988 gewesen. Erst mit dem Ende der Blockkonfrontation aber entwickelte sich eine Reihe von Initiativen zur Förderung der Stabilität, Sicherheit und des wirtschaftlichen Wohlstandes der Region. In den frühen 90er Jahren traten mehrere Balkanstaaten breiter angelegten regionalen Kooperationsstrukturen bei, etwa der Mitteleuropäischen Initiative oder der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation. Nach dem Vertrag von Dayton 1995 wurden weitere regionale Kooperationsforen lanciert – wie der Royaumont-Prozess desselben Jahres unter der Ägide der OSZE oder die Südost-Europäische Kooperationsinitiative, die regionale Kooperation und Integration der Balkan-Staaten in den europäischen Zusammenhang fördern sollte. Stabilitätspakt für Südosteuropa – Polizeihilfe mit Abhängigen weiterlesen
Polizeiliche Todesschüsse 1999: Ministerielle Schwierigkeiten beim Zählen
von Otto Diederichs
Jeweils zum Jahresende müssen alle Länderpolizeien sämtliche Fälle von Schusswaffengebrauch durch PolizeibeamtInnen an ihre Innenministerien melden. Dort werden sie gesammelt und anschließend an die Polizei-Führungsakademie (PFA) in Hiltrup übermittelt. Die PFA ihrerseits führt die Meldungen der 16 Länderinnenministerien zu einer Statistik zusammen, die dann vom Vorsitzenden der Innenministerkonferenz veröffentlicht wird. So war es jedenfalls bisher.
Schon in der Vergangenheit zog sich dieses einfache Prozedere derart in die Länge, dass mit der Veröffentlichung durch die Innenministerkonferenz (IMK) frühestens im Herbst des Folgejahres zu rechnen war. Wesentlicher Grund dafür war die schleppenden Weitermeldung der Zahlen an die PFA. Diese zog vor zwei Jahren die Konsequenzen und beschleunigte das Verfahren: Sie fordert die Daten der einzelnen Länder bis zum Ende des ersten Quartals ein. Säumige Ministerien werden gegebenenfalls gemahnt. Bei der PFA selbst geht es dann relativ schnell. Schon nach wenigen Wochen kann sie der IMK ihre Auswertung vorlegen. Polizeiliche Todesschüsse 1999: Ministerielle Schwierigkeiten beim Zählen weiterlesen
Andere Länder – ähnliche Sitten – Polizeiübergriffe und Kontrolle in Großbritannien und Frankreich
von Heiner Busch
„Überall ist es besser, wo wir nicht sind.“ Dass die Kritik an Polizeiübergriffen und fehlender Kontrolle in Deutschland nicht nach diesem Motto betrieben werden kann, belegen die Erfahrungen aus Großbritannien und Frankreich, zu denen wir zwei Kollegen befragt haben.
„Fast immer proletarisch, häufig schwarz, politisch aktiv, arbeitslos oder besonders verletzlich – will heißen: obdachlos, mit Alkohol- oder Drogenproblemen etc.“ So charakterisiert Trevor Hemmings[1] das typische Opfer polizeilicher Übergriffe in Großbritannien. Fabien Jobards[2] Beschreibung für Frankreich kommt dem sehr nahe: Von Übergriffen betroffen seien in der Regel diejenigen, die sich in der „polizeilichen Arena“ aufhalten. Diese Arena ist die Straße. Sie ist der Raum politischer Demonstrationen, aber auch der Lebensraum der meisten ImmigrantInnen, der Obdachlosen, derjenigen, die mit großer Familie in beengten Verhältnissen wohnen und Ruhe nur draußen finden, der Raum der kleinen informellen Geschäfte und der offenen Drogenszenen. Hier finden Kontrollen und Razzien statt, werden Platzverweise durchgesetzt und Leute aufgegriffen. Auf der Straße richten sich Übergriffe gegen Kollektive. Andere Länder – ähnliche Sitten – Polizeiübergriffe und Kontrolle in Großbritannien und Frankreich weiterlesen
Die Hamburger „Polizeikommission“ – Tragfähiges Modell unabhängiger Polizeikontrolle?
von Rolf Gössner
Erstmalig in der Bundesrepublik wurde 1998 unter dem rot-grünen Senat der Freien und Hansestadt Hamburg eine spezielle außerparlamentarische Einrichtung zur Kontrolle der Polizei geschaffen. Es handelt sich zwar nicht um einen Polizeibeauftragten, wie ihn die Grün-Alternative Liste in der letzten Legislaturperiode noch gefordert hatte, sondern um eine Art Polizeikontroll-Kommission, die demgegenüber eine abgespeckte Aufgabengestaltung, aber vergleichbare Befugnisse aufzuweisen hat. Der Pferdefuß ist allerdings, dass diese Kommission vom Innensenator berufen wird und lediglich aus ehrenamtlich tätigen Personen zusammengesetzt ist.
Die Hamburger Grün-Alternative Liste (GAL) hatte 1995 ein Gesetz zur Einführung eines/r Polizeibeauftragten in die Bürgerschaft eingebracht. Dieses sah eine Art Mischmodell vor, in dem einem unabhängigen Polizeibeauftragten die Hauptrolle und einer Polizei-Kontroll-Kommission eine unterstützende Rolle zugewiesen wurde. In der Kommission sollten unabhängige Fachleute/WissenschaftlerInnen, VertreterInnen von Strafverteidiger- und Rechtsanwaltsvereinigungen, PolizeigewerkschafterInnen und sonstige PolizeirepräsentantInnen sowie die Datenschutz-, Ausländer-, Frauen-, Drogen- und Behinderten-Beauftragten beteiligt sein.[1] Dieser Entwurf scheiterte jedoch an den damaligen Machtverhältnissen. Erst mit der rot-grünen Regierungskoalition konnte der Versuch unternommen werden, aus den gerade in Hamburg erkannten Kontrolldefiziten im Zusammenhang mit den dortigen Polizeiskandalen der vergangenen Jahre politische Konsequenzen zu ziehen: So schuf man einerseits eine zentrale polizeiinterne Ermittlungsgruppe (Dezernat Interne Ermittlungen D.I.E.), die sich – allerdings als „Teil des Räderwerks“ – aller entsprechenden Vorfälle annehmen und sie ermitteln soll. Andererseits wurde – neben den traditionellen Organen der justiziellen und parlamentarischen Kontrolle – eine Polizeikommission ins Leben gerufen, die als niedrigschwellige Anlauf- bzw. Beschwerdestelle sowohl für BürgerInnen als auch für Polizeibedienstete konzipiert und mit besonderen Kontrollbefugnissen ausgestattet ist. Die Hamburger „Polizeikommission“ – Tragfähiges Modell unabhängiger Polizeikontrolle? weiterlesen
Polizeiübergriffe auf AusländerInnen – Kaum Chancen vor Gericht
von Anja Lederer und Heiner Busch
Spätestens seit den Berichten von amnesty international und der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen hat die deutsche Öffentlichkeit anerkennen müssen, dass polizeiliche Übergriffe gegen AusländerInnen keine Erfindung böswilliger KritikerInnen sind, sondern tagtägliche Realität. Diese wird allerdings nur selten gerichtsnotorisch.
Hintergrund dieser Realität ist ein gesellschaftliches Klima, in dem unterschieden wird zwischen „guten“ AusländerInnen, „die uns nützen“, und „schlechten“, „die uns ausnützen“. Auch der im Zuge der „green card“ geführten Debatte um eine gesetzliche Regelung der Zuwanderung liegt offensichtlich die Prämisse zugrunde, dass noch zu viele AusländerInnen dieser zweiten Kategorie in der BRD leben. Dieses Klima hat Auswirkungen auf die Kriminalpolitik und damit auf das polizeiliche Handeln. Die ausländische Bevölkerung, die schon traditionell besonderer „krimineller Energie“ verdächtig ist, gerät in weitaus stärkerem Maße als sogenannte NormalbürgerInnen ins Visier der Polizeibehörden und wird so fast zwangsläufig häufiger Opfer von deren Übergriffen. Polizeiübergriffe auf AusländerInnen – Kaum Chancen vor Gericht weiterlesen
Ausmaß von Polizeiübergriffen und ihre Sanktionierung – Über das Problem einer zahlenmäßigen Erfassung
von Martina Kant
Als amnesty international im Mai 1995 die Dokumentation „Ausländer als Opfer – Polizeiliche Mißhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland“ veröffentlichte, schlugen die Wellen hoch. Polizeiführung, Innenministerkonferenz und Polizeigewerkschaften stellten sich schützend vor die deutsche Polizei. Von unzulässigen Verallgemeinerungen, pauschalen (Vor-)Verurteilungen und Verunglimpfungen der gesamten Polizei war die Rede. Verlässliches offizielles Datenmaterial über das Ausmaß polizeilicher Übergriffe und ihre Sanktionierung durch Straf- und Disziplinarrecht gibt es jedoch bis heute nicht. Es ist offenbar auch nicht erwünscht.
Mehr als 70 Berichte hatte amnesty international (ai) zwischen Januar 1992 und März 1995 über Vorfälle erhalten, bei denen PolizistInnen während des Dienstes „gegen Menschen in unverhältnismäßiger oder ungerechtfertigter Weise Gewalt angewandt oder in ihrem Gewahrsam befindliche Personen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen haben sollen“.[1] Vor der Veröffentlichung des Berichts hatte ai die Innenministerkonferenz um entsprechende Daten gebeten, erhielt aber lediglich die Auskunft, dass „weder bei den Innenministerien der Länder noch beim Bundesministerium des Innern berufsständische Statistiken über Straf- und Ermittlungsverfahren geführt werden“.[2] Ausmaß von Polizeiübergriffen und ihre Sanktionierung – Über das Problem einer zahlenmäßigen Erfassung weiterlesen