G 10-Novelle vorgelegt

Am 26.1.2001 hat die Bundesregierung im Bundesrat ihren Gesetzentwurf zur „Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses“ vorgelegt.[1] Mit dem Gesetz reagiert die Regierung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die strategische Fernmeldekontrolle des Bundesnachrichtendienstes (BND). Das Gericht hatte einige Bestimmungen des G 10-Gesetzes als verfassungswidrig beanstandet und eine Frist bis zum 30.6.2001 gesetzt, um verfassungsgemäße Regelungen herzustellen. Der vorliegende Entwurf beinhaltet eine Neufassung des gesamten G 10-Gesetzes sowie Folgeänderungen u.a. im BND- und Verfassungsschutzgesetz. Verbesserungen gegenüber der bestehenden Rechtslage betreffen Kompetenzen und Ausstattung der G 10-Kommission sowie die Vernichtungs-, Protokollierungs- und Kennzeichnungspflichten. Während zu erwarten ist, dass diese Bestimmungen im Gesetzgebungsverfahren wieder zurückgeschraubt werden, räumt die Novelle den Geheimdiensten weitere Überwachungsmöglichkeiten ein. Drei Beispiele:

  • Der Katalog der Straftaten, wegen derer die Dienste lauschen dürfen, ist erheblich erweitert worden. Zu den alten Staatsschutzdelikten wie Hochverrat, Landesverrat, Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates treten nun Volksverhetzung, Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub oder Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion – sofern sie die „freiheitliche demokratische Grundordnung“ gefährden. Mit dieser Ausweitung wird offenkundig das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten nachhaltig durchlöchert.
  • Bislang darf der BND im Rahmen der strategischen Fernmeldeüberwachung nur den satellitengestützten Verkehr überwachen. Künftig soll der Dienst auch in den internationalen Festnetzen mithören und mitlesen dürfen.
  • Der BND darf zukünftig auch internationale Telekommunikationsbeziehungen überwachen, „um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib und Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu erkennen“, wenn „die Belange der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer Weise berührt sind“. Diese auf Geiselnahmen im Ausland zugeschnittene Regelung gibt dem BND ein zukunftsträchtiges, globales Betätigungsfeld.

Statt Demokratisierung oder Rückbau der Geheimdienste dient das neue G 10-Gesetz deren Existenzsicherung. Die Dienste werden endgültig als Akteure der „Verbrechensbekämpfung“ anerkannt, die Überwachungsmöglichkeiten erheblich ausgeweitet.

(Norbert Pütter)

[1]      BR-Drs. 54/01 v. 26.2.2001