Im Jahr 2000 wurden acht PolizistInnen im Dienst getötet. Diese hohe Zahl von Todesfällen war Anlass für eine besondere Art von Public-Private-Partnership: Gefördert insbesondere mit den Geldern der Gewerkschaft der Polizei und „strukturell“ von der Innenministerkonferenz, untersucht das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen die Häufigkeit von Angriffen gegen PolizeibeamtInnen sowie die situativen und personellen Konstellationen, die zu Gewalthandlungen führten. Neben gesichertem empirischen Wissen will die Studie Empfehlungen geben, wie die Sicherheit von PolizistInnen verbessert werden kann. Die Untersuchung ist auf zwei Jahre angelegt; im Mai 2001 wurde ein Zwischenbericht vorgelegt. Zu Grunde lagen ihm Berichte der Innenministerien und die Auswertung von rund 1.000 Fragebögen, die von PolizistInnen ausgefüllt wurden, die zwischen 1985 und 2000 Opfer von Angriffen geworden waren. Die wichtigsten Befunde der repräsentativen Stichprobe sind:
- Trotz des Anstiegs im Jahr 2000 hat die Gewalt gegen PolizeibeamtInnen insgesamt abgenommen: verglichen mit den Vorjahren gab es in der zweiten Hälfte der 90er Jahre weniger durch Angriffe verletzte PolizistInnen, weniger Angriffe mit Tötungsabsicht und weniger Angriffe mit Schusswaffen auf die Polizei.
- Polizeibeamte tragen im Vergleich mit der Normalbevölkerung ein erhöhtes Risiko, mit Tötungsabsicht angegriffen zu werden. Allerdings ist das Risiko, getötet zu werden, für PolizistInnen geringer als für die NormalbürgerInnen.
- Die Angriffe fanden überwiegend bei Dunkelheit, im öffentlichen Raum und in eher bürgerlichen Vierteln statt. Drei Viertel der Täter waren deutscher Nationalität; fast immer handelte es sich um Männer; überwiegend waren die Täter alkoholisiert; knapp die Hälfte war „polizeibekannt“.
- Die angegriffenen BeamtInnen waren mehrheitlich auf Funkstreife. Die Angriffsorte galten als ungefährlich. Angriffe mit Tötungsabsicht entwickelten sich überproportional häufig aus Fahrzeugkontrollen und Situationen ohne vorherigen Körperkontakt. Die Überprüfung verdächtiger Personen, das Verhindern einer Flucht sowie das Ansprechen und Verfolgen von Personen wurden als besonders gefährlich identifiziert.
Mit Spannung darf man den Endbericht erwarten, der in einem Jahr vorliegen soll. Schon jetzt lässt sich sagen, dass sowohl das Stereotyp von den besonders gewalttätigen Ausländern als auch das von der steigenden Gewaltbereitschaft (gegenüber der Polizei) widerlegt werden konnte. Dass sich trotz dieser Entdramatisierung die Auftraggeber auch in ihrer Aufrüstungsstrategie (von der Ausstattung mit Schutzwesten über die Hand an der Waffe bei Verkehrskontrollen bis zur Einführung von Deformationsmunition) bestätigt sehen, stimmt allerdings wenig optimistisch.
(Norbert Pütter)