Rot-rote Koalitionsvereinbarung in Berlin

SPD und PDS haben sich im Dezember 2001 auf eine Koalitionsvereinbarung für die Hauptstadt geeinigt. Über weite Strecken folgen die Koalitionäre dem Mainstream bundesrepublikanischer innerer Sicherheitspolitik, etwa in der Betonung von Prävention, der gewünschten intensiveren Zusammenarbeit mit dem Bundesgrenzschutz oder mit privaten Sicherheitsdiensten, den angestrebten Auslagerungen und Teilprivatisierungen, der Straffung der Polizeiorganisation etc. Die Feststellung, dass Sicherheit „neben dem Schutz vor Kriminalität … auch den Schutz des Einzelnen und der Öffentlichkeit vor unverhältnismäßigen staatlichen Eingriffen“ umfasse, gehört in den Bereich allgemeiner politisch-rhetorischer Bekenntnisse. In einigen Fragen verspricht die neue Regierung jedoch, einen Weg in die richtige Richtung einschlagen zu wollen. Zu diesen erfreulichen Elementen des Koalitionsvertrages gehören:

  • Die weitere Verschärfung des Demonstrationsrechts wird abgelehnt.
  • In Berlin wird es keine Videoüberwachung öffentlicher Straßen und Plätzen geben.
  • Die Reiterstaffel wird aufgelöst. (Mittlerweile hat Pferdefreund Schily die Tiere samt ihrer Reiter in den Bundesgrenzschutz übernommen.)
  • Zukünftig sollen „Berliner Polizeibeamte eine individualisierbare Kennung gut sichtbar an ihrer Uniform tragen“. (Die Gewerkschaft der Polizei hat bereits ihren Widerstand angekündigt.)
  • Durch die Novellierung des Berliner Polizeirechts (ASOG = Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz) sollen die verdeckten Polizeimethoden „an einen Straftatenkatalog gebunden und nicht mehr auf eine Generalklausel gestützt“ werden. Außerdem verpflichtet sich der Senat, dem Parlament „jährlich einen detaillierten Bericht über Umfang und Erfolg“, insbesondere über verdachtsunabhängige Kontrollen und die akustische Überwachung, vorzulegen.
  • Der Verfassungsschutz soll „zu einem Instrument moderner, wissenschaftlicher Beratung für Politik und Öffentlichkeit“ „fortentwickelt“ werden – wobei vollkommen offen bleibt, wie dies geschehen soll.

Die neue Koalition hat damit einige Absichten festgeschrieben, die an die (ehemals) grüne Programmatik erinnern; originellerweise ohne die Grünen. Es bleibt abzuwarten, was die Berliner Politik daraus macht.

(Norbert Pütter)