Terrorismus-Definition und die Folgen

Die am 6. Februar auch vom Europäischen Parlament gebilligte Terrorismus-Definition der EU zwingt die Mitgliedstaaten zur Einführung eines Tatbestandes der „terroristischen Vereinigung“ und erlaubt es, ty­pische Handlungsformen militanten Protests (u.a. Haus- und Platzbesetzungen) als „terroristisch“ zu kriminalisieren.[1] Bürgerrechtliche Kritik an diesem Rahmenbeschluss hatte der Rat durch hastig eingebaute Bekundungen abzufedern versucht: „Grundrechte wie die Versammlungs-, Vereinigungs- oder Meinungsfreiheit“ würden nicht geschmälert.

Zwei Initiativen der spanischen Präsidentschaft, die erstmals am 29. Januar eingereicht wurden, zeigen, wie wenig solche Beschwichtigungsformeln taugen. Beide Initiativen wurden in der Terrorismus-Arbeits­gruppe des Rates präsentiert, in der die politischen Polizeien und Geheimdienste oder – wie es im Text heißt – „Vertreter und Experten der den Justiz- bzw. Innenministerien unterstellten Dienststellen vereint sind, deren Aufgabe die Bekämpfung des Terrorismus ist.“ Um eine bessere Koordination der mysteriösen Dienststellen zu erreichen, will die spanische Regierung zum einen ein Standardformular für den Nachrichtenaustausch über das BDL-Netz­werk, das chiffrierte Kommunikationssystem der Inlandsgeheimdienste, einführen.[2] Kommuniziert werden soll über „Vorfälle im Zusammenhang mit radikalen gewalttätigen Gruppen, die Verbindungen zum Terrorismus aufweisen.“ Die Terrorismus-Arbeitsgruppe habe „im Laufe ihrer Arbeit feststellen müssen, dass es während verschiedener Veranstaltungen und Gipfeltreffen der Europäischen Union zu einem stetigen Anstieg von gewaltsamen Ausschreitungen und Vandalismus durch radikale Gruppen gekommen ist, die in der Gesellschaft eindeutig ein Gefühl des Schreckens hervorgerufen haben.“ Eine entsprechende „Tatbestandsdarstellung“ habe die EU in der Terrorismus-Definition geliefert. „Die Taten werden aus einem diffusen Umfeld heraus von Personen begangen, die unter dem Deckmantel unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen auftreten.“ Dieses Umfeld missbrauche seinen legalen Status und helfe „Terrororganisationen, die als solche bereits in der EU bekannt sind“, bei der Durchsetzung ihrer „ureigensten Ziele“.

Der Datenaustausch sei ein „nützliches Instrument für die Verhütung und gegebenenfalls Verfolgung gewaltgeprägter, im städtischen Umfeld verübter Aktionen radikaler Jugendlicher“. Im Prinzip soll er sich auf Personen beziehen, die „im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten“ vorbestraft sind. Allerdings könne „jedes Land im Einklang mit seinen nationalen Rechtsvorschriften Informationen über Personen austauschen, die zwar die genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, deren Verbindung mit den erwähnten Terrororganisationen aber bekannt ist.“ Auch Europol könne gegebenenfalls weitere Daten beitragen.

Mit ihrer zweiten Initiative will die spanische Regierung vom Rat eine Empfehlung für den Ad-hoc-Einsatz von „multinationalen Ermittlungsgruppen“.[3] Gemeint sind damit keineswegs gemeinsame Ermittlungsgruppen nach Art. 13 des (bisher nur von Portugal ratifizierten) EU-Rechtshilfe-Übereinkommens, die bei aller „Flexibilität“ immer noch einen Bezug zum Strafverfahren aufweisen. Der spanischen Präsidentschaft geht es vielmehr um „operative außer- oder vorgerichtliche Ermittlungen“, an denen sie nicht nur die Polizei, sondern auch „Sicherheitsdienste“ beteiligen will. Entsprechende Teams sollen gezielt „für Ermittlungen, die Beschaffung und den Austausch von Informationen, Fahndungen, Lokalisierungen und generell bei sonstigen konkreten Operationen“ gebildet werden. Wenn es gewünscht werde, sollten Europol-Mitarbeiter das Team analytisch und logistisch unterstützen.

(Heiner Busch)

[1]      Bürgerrechte & Polizei/CILIP 70 (3/2001), S. 56-58; Ratsdok. 14845/1/01
[2]     Ratsdok. 5712/02 (2. Revision v. 13.3.2002)
[3]     Ratsdok. 5715/02 (2. Revision v. 11.3.2002)