Wegen angeblicher Ordnungswidrigkeiten hat das Ordnungsamt der Stadt Frankfurt 1.363 Verfahren gegen 1.273 Personen (90 Personen mit je zwei Verfahren) eingeleitet. Sie hatten sich an gewaltfreien Sitzdemonstrationen vor der US-Airbase Frankfurt/Main während des Krieges gegen den Irak beteiligt. Ihnen werden Verstöße gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen. Sie hätten sich nicht an die Versammlungsauflagen gehalten und sich nach Versammlungsauflösung nicht entfernt.
Die Ordnungsbehörde hat seit Anfang Juni 1.363 Anhörungsbogen an die Betroffenen verschickt. Es folgen Bußgeldbescheide, in denen eine Geldbuße von 100 Euro und 18 Euro Verwaltungsgebühr für jeden Verstoß gefordert wird. Damit ergibt sich eine Gesamtforderung an die Demonstrationsteilnehmenden in Höhe von über 160.000 Euro. In mehreren Einzelfällen werden neben den Ordnungswidrigkeiten auch Straftaten konstruiert, etwa wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (Unterhaken bei der Räumung) oder Beamtenbeleidigung.
Die Betroffenen werden gegen die Bußgeldbescheide Einspruch einlegen. Sie wollen die Rechtfertigungsgründe für diese gewaltfreien Aktionen vor den Gerichten in Hauptverhandlungen darlegen. Die bundesweite Kampagne „resist the war“ hatte zu Aktionen Zivilen Ungehorsams an kriegsbeteiligten Einrichtungen aufgerufen. Tausende haben sich an gewaltfreien Sitzblockaden vor allem vor US-Militäreinrichtungen beteiligt. Die umfangreichsten polizeilichen Räumungen fanden anlässlich der Großblockaden vor der Frankfurter US-Airbase am 15. und 29.3.2003 statt. Die Polizei nahm Hunderte von Personen für mehrere Stunden in Gewahrsam oder setzte sie anderenorts aus.
Bei einer anderen resist-Aktion in Geilenkirchen gegen die Beteiligung deutscher AWACS-Piloten am Irak-Krieg leiteten die Staatsanwaltschaften Aachen und Bonn Ermittlungen gegen die Initiatoren wegen des Verdachts des öffentlichen Aufrufs zu Straftaten ein. Diese wurden Ende Mai jedoch wieder eingestellt.
(Martin Singe, Komitee für Grundrechte und Demokratie)