Graffiti-Bekämpfung in Sachsen

Auf Bundesebene ist der Gesetzentwurf zur „Graffiti-Bekämpfung“ gescheitert. Inhalt war eine Erweiterung des Sachbeschädigungsparagrafen um die Handlungsalternative der „Veränderung des Erscheinungsbildes einer Sache gegen den Willen des Eigentümers oder sonst Berechtigten“. Graffiti, die ohne eine Substanzverletzung an der Sache angebracht werden, hätten so als Straftat verfolgt werden können. Das Scheitern der Initiative rief den sächsischen Innenminister auf den Plan, der jetzt per Polizeiverordnung „illegale Graffiti“ als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro sanktionieren lässt. Für die Tatbestandserfüllung reicht es aus, auf eine Sache ohne Zustimmung des Eigentümers durch Auftragen von Farbe oder anderen Substanzen oder durch das Abtragen von Material „einzuwirken“. Damit muss noch nicht mal das äußere Erscheinungsbild verändert werden.

Der sächsische Innenminister will so die „Notbremse“ gegen das „inakzeptable Ausmaß des Graffiti-Unwesens“ ziehen und schwingt sich damit zum Ersatzstrafgesetzgeber auf. Die tatbestandliche Weite geht über das bloße Anbringen von Graffiti hinaus. Dem Wortlaut der Verordnung gemäß kann jetzt in Sachsen auch das Anbringen von Aufklebern oder das vertragsverletzende Gestalten von angemieteten Wohn- oder Geschäftsräumen bußgeldbewehrt sein.

Für die Verfolgungsbehörden erleichtert sich damit Einiges: die Erstellung von Gutachten zum Nachweis einer Substanzverletzung ist nicht mehr notwendig, ein aufwändiges Strafverfahren muss nicht in jedem Fall durchgeführt werden, das Verschicken eines Bußgeldbescheides für jedes Graffito ist ausreichend und schnell erledigt. Auch ein fehlender Strafantrag stellt kein Problem mehr dar. Dem eigentlichen Ziel kommt das Innenministerium mit der Polizeiverordnung aber nicht näher: Aller Erfahrung nach lässt sich die vorwiegend jugendliche Szene von Bußgeld- oder Strafandrohungen nicht beeinflussen. Die Anzahl der Graffiti in Sachsen wird daher wohl nicht abnehmen.

(Peer Stolle)