Toll Collect is watching you!

Pleiten, Pech und Pannen kennzeichnen das Mautsystem des Toll Collect Konsortiums, dessen Einführung nunmehr im dritten Anlauf für Anfang 2005 geplant ist. In einer Presseerklärung vom 4. November 2003 machten mehrere Bürgerrechtsorganisationen deutlich, dass das Projekt nicht nur ein technisches und finanzielles Problem darstellt, sondern auch ein datenschützerisches.

In anderen europäischen Ländern arbeiten robuste und zuverlässige Systeme, die allerdings tatsächlich nur den Schwerlastverkehr zählen und abrechnen können. Das Bundesverkehrsministerium hat sich dagegen für ein technisch ausgeklügeltes Projekt entschieden, das mehr können soll, als nur Gebühren erheben: Eine On-Board-Unit (OBU) genannte kleine Box auf dem Armaturenbrett des LKW empfängt Ortungssignale der erdumkreisenden GPS-Satelliten, gleicht diese Signale mit einer gespeicherten digitalen Landkarte ab und entscheidet, ob Maut fällig ist. Periodisch sendet die Box eine SMS zur Rechnungslegung an die Toll-Collect-Zentrale. Durch diese SMS-Komponente ist das Fahrzeug jederzeit zu orten, die GPS-Koordinaten liefern ein exaktes Bewegungsprofil. 300 Kontrollbrücken, strategisch über die Autobahnen des Landes verteilt prüfen bei Durchfahrt, ob die Box auch eingeschaltet ist. Zu Beweiszwecken werden Fotos angefertigt – aber nicht nur vom ertappten Mautverweigerer. Vielmehr wird von jedem Fahrzeug, ob LKW oder PKW, ein Schnappschuss gefertigt. Die flächendeckende Erfassung motorisierter Bewegung auf Deutschlands Straßen hat damit Gestalt angenommen.

Welche Begehrlichkeiten diese Technik bei den Strafverfolgungsbehörden weckt, zeigen Ermittlungen im Falle eines LKW-Diebstahls im August 2003. Das Amtsgericht Gummersbach stellte der Staatsanwaltschaft eine Beschlagnahmeanordnung aus, die die Toll-Collect-Zentrale zur Herausgabe der Standortdaten des mit OBU ausgerüsteten Fahrzeugs zwingen sollte.[1]

(Stephan Stolle)

[1]      Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ) 2004, H. 3, S. 168