Bespitzelung des Berliner Sozialforums

Am 12. Juni 2006 hatte der „Spiegel“ erstmals berichtet, dass das Berliner Sozialforum (BSF) seit seiner Gründung im Jahre 2002 von Spitzeln des Verfassungsschutzes unterwandert war. Seit Ende letzten Jahres ist klar, dass insgesamt fünf V-Männer auf das BSF angesetzt waren – einer der Abteilung Verfassungsschutz des Berliner Innensenats, vier des Bundesamtes (BfV).[1] Von diesen freien Mitarbeiter der Schnüffelbehörden konnten zwischenzeitlich vier enttarnt werden, das BSF hat allerdings beschlossen, die Namen nicht bekanntzugeben.

Vor dem Verfassungsschutzausschuss der Berliner Abgeordnetenhauses erklärten Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes Claudia Schmid bereits am 22. Juni 2006, dass das BSF selbst nicht auf der Liste der Beobachtungsobjekte stehe. Ziel der Überwachung seien vielmehr „autonome“ Gruppierungen (wie FelS, Autopool und Antifaschistische Linke Berlin) gewesen, die der Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ etikettiert. Die dabei angefallenen „Erkenntnisse“ über das BSF und die gesamte Berliner Linke hat der Verfassungsschutz jedoch gerne in Kauf genommen. Sowohl die Begründung der Überwachung als auch der Umgang mit dem Skandal zeigen, dass der Geheimdienst auch unter einer „rot-roten“ Regierung wie in Berlin unkontrollierbar und strukturell undemokratisch bleibt.

Den Ausschussmitgliedern tischte der Senat fünf Ordner (800 Blatt) Akten auf, die sie in 48 Stunden einsehen durften. Viele Stellen waren abgedeckt, und es ist sehr zu bezweifeln, ob die Unterlagen vollständig waren. Von den Betroffenen hat bisher nur der FU-Pro­fessor Peter Grottian Einsicht in seine Akten erhalten. Obwohl ihre Namen in den Akten mehrfach auftauchten, wurde den anderen ca. 80 Personen dieses Recht bisher pauschal verweigert, weil „eine Ausforschung des Erkenntnisstandes und der Arbeitsweise des Berliner Verfassungsschutzes zu befürchten“ sei. Stellvertretend für das Sozialforum haben nun zwei Personen Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht. (Spenden zu deren Finanzierung bitte an „Haus Sozialforum Berlin“, Konto-Nr. 401 865 1600, GLS Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67, Stichwort: VS-Skandal)

(Corinna Genschel)

[1]      Eine Chronologie des Skandals sowie weitere Materialien finden sich auf der Homepage des BSF, www.sozialforum-berlin.de.