BKA-Gesetz teilweise verfassungswidrig

Verschiedene Vorschriften des Gesetzes über das Bundeskriminalamt (BKAG) verstoßen gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 1. Oktober 2024 (Az. 1 BvR 1160/19) festgestellt und den Bundestag verpflichtet, bis spätestens 31. Juli 2025 nachzubessern. Die Verfassungsbeschwerde wurde von Rechtsanwält*innen, Aktivist*innen und Fußballfans erhoben und von der NGO Gesellschaft für Freiheitsrechte koordiniert. Im Urteil bemängelte das Gericht die Befugnis des BKA zur heimlichen Überwachung der Kontaktpersonen von Tatverdächtigen im Bereich des Terrorismus sowie die Verarbeitung bereits erhobener personenbezogener Daten in den Datenbanken von Bund und Ländern.

Zur Überwachung der Kontaktpersonen arbeitete das Gericht zunächst heraus, dass heimliche Überwachungsmaßnahmen einen besonders schweren Grundrechtseingriff darstellen, der nur bei einer „wenigstens konkretisierten Gefahr“ für ein bedeutendes Rechtsgut gerechtfertigt werden könne. Dafür müsse eine „spezifische individuelle Nähe“ der über­wachten Person zur aufzuklärenden Gefahr bestehen, die die bisherige Regelung in § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKAG nicht hinreichend vorschreibe.

Auch hinsichtlich der Weiterverarbeitung bereits gespeicherter Daten sah das BVerfG die sog. Eingriffsschwelle, also die Anforderungen für das polizeiliche Tätigwerden, als zu gering an. Nach der bisherigen Regelung genügte schon der Umstand, dass eine Person einer Straftat beschuldigt wurde (ohne verurteilt zu sein) als Anlass für die Speicherung. Das Gericht verlangt hingegen eine „Negativprognose“, nach der eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehen muss, dass die gespeicherten Daten zur Verhütung oder Verfolgung zukünftiger Straftaten gebraucht werden. Zudem bedürfe es ausdifferenzierter Regelungen zur Speicherdauer. Dies ist von erheblicher praktischer Bedeutung, da in polizeilichen Datenbanken Informationen über viele Bürger*innen gespeichert sind, ohne dass diese davon wissen. Erst wenn sie beispielsweise als Aktivist*innen oder Fußballfans mit einer Gefährderansprache adressiert oder bei einer Verkehrskontrolle besonders gründlich untersucht werden, zeigt sich, wie die Speicherungen das Handeln der Polizei steuern. Es ist zu hoffen, dass das nun vorliegende Urteil diese Speicherpraxis zumindest ein wenig eindämmen wird.

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