Zahlen zu Polizeitoten in Europa

Zwischen 2020 und 2022 starben laut einer Fallstudie der spanischen Journalistin Ter Garciá in 13 EU-Ländern mindestens 488 Menschen in Gewahrsam oder bei Polizeieinsätzen.[1] Frankreich verzeichnete demnach mit 107 Fällen die meisten Ereignisse, gefolgt von Irland (71), Spanien (66) und Deutschland (60). Irland hatte mit 1,34 Todesfällen pro 100.000 Einwohner die höchste Rate. Die Angaben stammen aus Presseanfragen bei den zuständigen Polizeibehörden. Da einige Länder wie Italien und Rumänien Daten verweigerten, ist die Statistik unvollständig. Bei den gemeldeten Todesfällen waren 105 Schussverletzungen die häufigste Todesursache. Frankreich und Deutschland meldeten mit 41 bzw. 27 die meisten Schusstodesfälle. Weitere Todesursachen waren „natürlicher Tod“ (55 Fälle, davon 27 in Spanien) sowie Suizid (43 Fälle, vor allem in Spanien, Frankreich und Dänemark). Auch durch vermeintlich nicht-tödliche Waffen wie Taser starben mindestens acht Menschen.

In 55 von 488 Fällen machten die Behörden Angaben zur Nationalität, die Hälfte der Verstorbenen waren demnach Ausländer*innen. Psychische Erkrankungen spielten in 43 Fällen eine Rolle, das betrifft viele Todesfälle in Dänemark, Spanien, Frankreich und Deutschland.[2] In den Niederlanden wiesen 28 von 40 untersuchten Fällen psychische Erkrankungen auf.

Während Länder wie Portugal und Irland bereits seit den 1990er- und 2000er-Jahren Daten zu Todesfällen bei Polizeimaßnahmen veröffentlichen, begannen Frankreich und die Niederlande erst später damit. In vielen EU-Staaten fehlen zentrale Register und verbindliche Methoden, Todesfälle systematisch zu erfassen und zu analysieren. Zudem wird das Minnesota-Protokoll der Vereinten Nationen, ein Leitfaden zur Untersuchung staatlich verantworteter Todesfälle, selten konsequent umgesetzt. Auch der Europarat bestätigt das Fehlen einer gemeinsamen Definition und Methodik für die Untersuchung und Dokumentation der Fälle.

Garciá sieht den Tod von Adama Traoré in Frankreich oder Yazan Al Madani in den Niederlanden als exemplarisch für die Problematik von Polizeigewalt. Traoré starb 2016 in Gewahrsam, während Al Madani 2018 nach einem psychotischen Anfall erschossen wurde. Beide Fälle werfen demnach Fragen nach systemischen Versäumnissen und struktureller Diskriminierung auf.

Beitragsbild: Yazan Al Madani (privat).

[1]    Tod durch Polizeigewalt: Hunderte Fälle in ganz Europa, nd v. 8.11.2024
[2]    vgl. https://polizeischuesse.cilip.de/?p=1&tags=psych#chronik

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