Der zum US-Konzern Meta gehörende Messenger-Dienst WhatsApp hat mehrere Nutzer*innen darüber informiert, dass sie von einer bislang unbekannten Quelle mit einem Trojaner ausspioniert wurden.[1] Dabei soll es sich um die Software „Graphite“ der US-israelischen Firma Paragon Solutions gehandelt haben. Unter den Betroffenen sind sieben Journalist*innen und Aktivist*innen der Seenotrettungs-NGO Mediterranea mit italienischer Vorwahl (+39); alle von ihnen haben sich zuvor kritisch mit der Migrationspolitik Italiens auseinandergesetzt.
Laut dem unabhängigen kanadischen Forschungsinstitut Citizen Lab, das die Attacken nach Analyse der ausspionierten Mobiltelefone entdeckt hatte, wurden 90 WhatsApp-Nutzer*innen in zwei Dutzend Ländern mit der Spähsoftware von Paragon angegriffen. Die Infiltration erfolgte offenbar über einen Chat, zu dem die Opfer unwissentlich hinzugefügt wurden.
Paragon wurde 2019 unter Beteiligung des früheren israelischen Premiers Ehud Barak und hochrangiger Beamter der israelischen Geheimdiensteinheit 8200 in Tel Aviv gegründet. Im Jahr 2024 wurde das Unternehmen an die US-amerikanische Private-Equity-Firma AE verkauft.
Paragon verkauft seine Produkte nach eigener Aussage nur an Regierungen. Italienische Kunden seien „zwei verschiedene Stellen, eine Polizeibehörde und eine Geheimdienstorganisation“, gewesen. Deshalb wird vermutet, dass italienische Behörden hinter den bekanntgewordenen Angriffen stecken.[2] Rom bestreitet aber jegliche Verantwortung und verweist darauf, dass auch Menschen in anderen Ländern betroffen seien. So wurde etwa der libysche Aktivist Husam El Gomati, der in Schweden lebt, mit „Graphite“ ausspioniert. Allerdings ist El Gomati ebenfalls als Kritiker des Migrationsabkommens zwischen Italien und Libyen bekannt.
Nach der Enthüllung hat auch der aus dem Südsudan stammende Aktivist David Yambio von einem Trojaner-Angriff auf sein Handy berichtet.[3] Um welche Spionage-Software es sich dabei handelte, bleibt unklar; informiert habe ihn die Firma Apple. Yambio ist ein harter Kritiker der italienischen Kooperation mit der libyschen Küstenwache und macht regelmäßig Foltervideos aus libyschen Gefängnissen bekannt.