Chronologie – Juli 1997

zusammengestellt von Martina Kant

01.07.:• Ein Amokläufer verletzt in Berlin einen Polizisten, einen Passanten und sich selbst mit einem Messer schwer und wird erst mit einem Schuß in die Beine von der Polizei gestoppt.
• Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) darf die Polizei bei der Fahndung nach Schwerkriminellen Abhörwanzen in Autos verstecken und zu diesem Zweck das Kraftfahrzeug öffnen, da Autos nicht unter den Wohnungsbegriff fallen.
• Die Staatsanwaltschaft Rostock nimmt Ermittlungen wegen Strafvereitelung im Amt gegen zwei Polizisten auf. Sie sollen sich nach einem Überfall von Rechtsradikalen auf Camper geweigert haben, Anzeigen aufzunehmen.03.07.:• Der Jahresbericht 1996 von Amnesty international listet für die letzten zwei Jahre mehr als 40 Fälle rassistischer Übergriffe deutscher Polizisten auf MigrantInnen oder Deutsche ausländischer Herkunft auf.04.07.:• In Frankfurt/Oder beginnt der erste von mehreren Prozessen um die Hintergründe des Brandanschlags auf die Asylunterkunft im brandenburgischen Dolgenbrodt 1992. Vor Gericht stehen mehrere Dorfbewohner wegen Falschaussage und Anstiftung zur Tat. Sie sollen den Täter für den Anschlag bezahlt haben. Ein 23jähriger wird zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten und 4.500 DM Geldbuße wegen Meineids verurteilt.
• Nach Angaben des Bundesinnenministeriums sank die Zahl der Asylsuchenden im ersten Halbjahr 1997 gegenüber dem Vorjahr um fast 8% auf 52.888.07.07.:• Es wird bekannt, daß ein falscher Arzt drei Monate lang im Auftrag des BGS auf dem Frankfurter Flughafen Abschiebehäftlinge auf ihre Reisetauglichkeit untersucht und ihnen in 27 Fällen vor der Abschiebung Valium verabreicht hat. Gegen den Jura-Studenten und den Leiter des Frankfurter Grenzschutzamtes wird ermittelt.

08.07.:• Das sächsische Landespolizeigesetz wird durch Beschluß des Kabinetts verschärft. Es soll verdachtsunabhängige Kontrollen im 30 km breiten Grenzgebiet und auf wichtigen Straßen sowie Durchsuchung des Fahrzeugs und Identitätsfestellung der Insassen ermöglichen.
• Das Verwaltungsgericht Hannover erklärt zwei Platzverweise während der Chaos-Tage 1996 für rechtswidrig. Der 70 Hektar große Park, aus dem die Kläger und rund 1.800 weitere Personen verwiesen wurden, sei kein einzelner ‚Ort‘ im Sinne des niedersächsichen Gefahrenabwehrgesetzes.
• Auf der Suche nach einem 24jährigen Libanesen stürmt ein Sondereinsatzkommando der Berliner Polizei dessen Wohnung und mißhandelt seine Familienangehörigen mit Schlägen. Gegen die Beamten werden Anzeigen wegen Körperverletzung im Amt erstattet.09.07.:• Der BGH bestätigt die Verurteilung des früheren DDR-Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski zu einem Jahr auf Bewährung wegen illegaler Waffengeschäfte.
• Nach einem Beschluß des BVerfG ist auch der Besitz von geringen Mengen an Cannabisprodukten zum Eigenverbrauch strafbar, wenn der Besitzer den Kauf öffentlich bekannt gibt und damit zur Nachahmung anregen könnte. (Az.: 2 BvR 910/97)10.07.:• Die Ausgaben des Bundesnachrichtendienstes (BND) werden künftig dem Kanzleramt zugeordnet, dessen Etat sich dadurch 1998 von 547,8 auf 1017,9 Mio. DM erhöht.14.07.:• Das BVerfG lehnt einen Eilantrag der SPD auf Zeugenvernehmung von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) im Bonner Plutonium-Untersuchungsausschuß ab.16.07.:• Das Bundesinnenminsterium und Baden-Württemberg unterzeichnen eine ‚Sicherheitspartnerschaft‘ zur verstärkten Kooperation von BGS und Länderpolizei entlang der Grenze zum Elsaß und der Schweiz als Ausgleichsmaßnahme für den Wegfall der Grenzkontrollen durch das Schengener Abkommen.17.07.:• Nach vier BGH-Entscheidungen kann Geldwäsche in Zusammenhang mit Drogenhandel genauso hart bestraft werden wie der Drogenhandel selbst. Die Höchstrafe für Geldwäsche beträgt 10 Jahre, für Drogenhandel 15 Jahre Haft. (Az.: 1 StR 791/96 u.a.)
• Das Anti-Folter-Komitee des Europarates rügt in seinem Inspektionsbericht Mißhandlungen von MigrantInnen auf Polizeidienststellen, in Gefängnissen und im Abschiebegewahrsam.21.07.:• In Berlin durchsuchen fünf Polizeibeamte die Redaktionsräume der autonomen Monatsschrift ‚Graswurzelrevolution‘ aufgrund einer Klage des Schriftstellers Lothar Buchheim gegen eine Romankritik.
• Zwei mit Haftbefehl gesuchte RAF-Sympathisanten stellen sich der Bundesanwaltschaft. Ihnen wird vorgeworfen, Anschluß an die RAF gesucht und sich mit Waffen ausgestattet zu haben. 1989 waren sie mit falschen Identitäten abgetaucht.23.07.:• Der deutsche Privatagent Werner Mauss und seine Frau Ida werden in Bogota/Kolumbien nach acht Monaten unter Auflagen aus der Haft entlassen. Sie werden beschuldigt, regelmäßig mit der Guerilla zusammengearbeitet und in Entführungsfällen Vermittlungstätigkeiten übernommen zu haben. Dabei soll Mauss hohe Gebühren und einen Teil des Lösegeldes kassiert haben.24.07.:• In München wird von einer Polizistin ein geistig verwirrter Mann erschossen. Er hatte sie mit einem Fleischermesser bedroht.29.07.:• Mit einem Großaufgebot von 500 Polizeibeamten und vom SEK werden in Berlin drei besetzte Häuser geräumt und fünf Jugendliche festgenommen. 300 Sympathisanten demonstrieren am Abend gegen die Räumungen. Noch am selben Abend erwirken zwei Besetzer eine einstweilige Verfügung zur Rückkehr in ihr geräumtes Haus.
• Die in Deutschland verurteilte Landshut-Entführerin Souhaila Andrawes wird zur Verbüßung ihrer Reststrafe nach Oslo überstellt.

Martina Kant ist Politikwissenschaftlerin und Mitarbeiterin der ‚Arbeitsgruppe Bürgerrechte‘ an der FU Berlin.