von Andrea Böhm
Juli 1999
01.07.: Nach dem Todesurteil gegen den PKK-Chef Abdullah Öcalan kommt es in mehreren deutschen Städten zu Brandanschlägen gegen türkische Einrichtungen. Teilweise entsteht erheblicher Sachschaden.
Die europäische Polizeibehörde Europol nimmt offiziell die Arbeit auf. Das EU-Kriminalamt mit Sitz in Den Haag, das Nachfolger der Europol-Drogeneinheit (EDE) ist, hat neue Zuständigkeiten erhalten und ist zukünftig u.a. für die Bekämpfung von grenzüberschreitendem Terrorismus, Kinderpornographie und Fälschungen des Euro zuständig. Zugleich dürfen erstmals auch personenbezogene Daten aus allen 15 Mitgliedstaaten im zentralen Europol-Computer gespeichert und von den nationalen Polizeibehörden abgerufen werden.
06.07.: Bei einem Großeinsatz der Polizei im Hamburger Rotlichtmilieu, an dem insgesamt 200 Beamte beteiligt sind, werden vier Männer verhaftet und fünf Bordelle geschlossen. Im Visier der Polizei standen 24 Objekte, darunter der größte Hamburger Straßenstrich.
09.07.: Der Bundesrat stimmt der befristeten Einführung des elektronisch überwachten Hausarrestes zu. Der Modellversuch ist zunächst auf einen Zeitraum von vier Jahren beschränkt.
14.07.: Das Bundesverfassungsgericht billigt das systematische Abhören von Auslandsgesprächen durch den Bundesnachrichtendienst. Die bisherige Praxis der Weitergabe von Daten an die Strafverfolgungsbehörden wird mit Einschränkungen ebenfalls für verfassungskonform erklärt (Az.: 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95).
22.07.: Die Staatsanwaltschaft Potsdam gibt die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Brandenburgs Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und die beiden Stasioffiziere Karl-Joachim Wiegand und Klaus Roßkopf bekannt. Die Hintergründe der Verleihung der DDR-Verdienstmedaille an Stolpe vor zwanzig Jahren bleiben damit unaufgeklärt.
23.07.: In Hamburg wird bei einer Razzia ein mutmaßlicher Drogenhändler von einem Polizeibeamten erschossen.
26.07.: Die Berliner Polizei stuft 36 Straßen, Plätze und Adressen der Hauptstadt als „gefährliche Orte“ ein. Anfang 1997 waren es erst 20 gewesen. An diesen Kriminalitätsschwerpunkten dürfen die Beamten nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) jede Person ohne konkreten Tatverdacht kontrollieren.
27.07.: Das Gesundheitsministerium teilt mit, daß an dem von der Bundesregierung geplanten Heroin-Abgabe-Versuch 600-700 Personen in mindestens fünf deutschen Großstädten (Hamburg, Hannover, Essen, Düsseldorf und Frankfurt am Main) teilnehmen werden.
29.07.: Ein bei dem führenden Rüstungsbetrieb Daimler-Chrysler Aerospace AG (Dasa) angestellter deutscher Ingenieur wird wegen des Verdachts der Spionage für Rußland verhaftet.
30.07.: Nach Angaben des sachsen-anhaltinischen Innenministers Manfred Püchel (SPD) ist in seinem Bundesland im ersten Halbjahr 1999 die Zahl extremistischer Straftaten um fast 22% auf 512 Delikte gesunken. Das Bundesland Brandenburg verzeichnet hingegen im selben Zeitraum einen Anstieg von 50% bei fremdenfeindlichen Straftaten.
August 1999
02.08.: Ein 24jähriger Drogendealer eröffnet ohne Vorwarnung das Feuer auf einen Streifenpolizisten und tötet auf der Flucht eine unbeteiligte Passantin. Der angeschossene 37jährige Polizeibeamte erliegt nach einer Woche seinen schweren Verletzungen.
03.08: Das Amtsgericht Bernau verurteilt zwei rechtsextreme Männer, die im März einen 15jährigen afghanischen Schüler aus Ausländerhaß mißhandelt hatten, wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Gegen den 18jährigen verhängt das Gericht eine Jugendstrafe von drei Jahren, sein 27jähriger Komplize muß für zwei Jahre und zwei Monate ins Gefängnis.
09.08.: Ein Sondereinsatzkommando der Magdeburger Polizei stürmt die Wohnung eines mutmaßlichen Raubmörders und erschießt den Verdächtigen nach einem Schußwechsel. Bei dem 22jährigen soll es sich um jenen Serientäter gehandelt haben, der beim Überfall auf einen Supermarkt in Magdeburg einen 29jährigen Mann getötet hatte.
13.08.: Acht Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) werden unter dem Verdacht des Rauschgiftschmuggels festgenommen. Die am Frankfurter Flughafen eingesetzten Frauen und Männer sollen Kokain aus südamerikanischen Flugzeugen in Empfang genommen und durch den Zoll geschmuggelt haben. Am 20.8. wird bekannt, daß insgesamt gegen 25 BGS-Angehörige, die am Flughafen und am Hauptbahnhof in Frankfurt ihren Dienst versahen, wegen Drogengeschäften ermittelt wird. Der Kreis der verdächtigen Personen erweitert sich bis Oktober auf 33. Die beschuldigten jungen BGS-Beamten sollen einem Netz von Ectasy-Konsumenten und Händlern angehört haben und an der Verteilung von Ecstasy-Tabletten, LSD und Haschisch in der Disco-Szene der Main-Taunus-Region beteiligt gewesen sein.
Berlins Innensenator Eckart Werthebach verlängert die Amtszeit des umstrittenen Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky um ein Jahr. Der 59jährige, der nach der Erstürmung des israelischen Generalkonsulates im Februar unter Druck geraten war, sollte ursprünglich im Oktober mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres in Pension gehen.
16.08.: Die Generalbundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen zwei mutmaßliche Führungsfunktionäre der als linksextremistisch eingestuften türkischen Organisation DHKP-C. Den beiden Männern werden Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz vorgeworfen.
18.08.: Die Bundesregierung kündigt eine Studie an, die den Nutzen der Telefonüberwachung untersuchen soll. Ziel sei es, die Abhörmaßnahmen auf das für die Kriminalitätsbekämpfung „unbedingt erforderliche Maß“ zu beschränken. Nach Angaben des Bundesdatenschutzbeauftragten stieg die Zahl der Anordnungen für Telefonüberwachungen im Jahr 1998 auf einen neuen Höchststand von 9.802, mehr als doppelt so viele wie 1995.
19.08.: Der Mörder Dieter Zurwehme wird in Greifswald von zwei Streifenpolizisten festgenommen, nachdem der Gesuchte zuvor von einem Autofahrer erkannt worden war. Nach Zurwehme war monatelang im gesamten Bundesgebiet gefahndet worden.
21.08.: Am Rande eines Volksfestes in Eggesin (Mecklenburg-Vorpommern) werden zwei Vietnamesen von Rechtsradikalen brutal zusammengeschlagen und lebensbedrohlich verletzt. Am 3.10. durchsuchen Polizei und Beamte des Bundeskriminalamtes Versammlungsorte und Wohnungen mutmaßlicher Rechtsextremisten in Eggesin.
24.08.: Fast ein Jahr nach den Übergriffen auf Besucher des Münchner Oktoberfestes erhebt die Staatsanwaltschaft München Anklage gegen vier Polizisten wegen Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung im Amt und Verfolgung Unschuldiger.
27.08.: Das Bundesinnenministerium veröffentlicht den BGS-Jahresbericht 1998. Danach hat der Bundesgrenzschutz im vergangenen Jahr in 40.201 Fällen die illegale Einreise nach Deutschland verhindert, fast 5.000 mehr als 1997. Darüber hinaus wies der BGS 60.091 Ausländer und Ausländerinnen an den Grenzen zurück und schob 69.989 Personen ab.
Der erste Polizeiwein Deutschlands mit dem Titel „Spezialprävention 1998“ wird bei einer öffentlichen Verkostung in Darmstadt kredenzt. Die Trauben der Rebsorte Weißer Burgunder waren im vergangenen Herbst auf einer 100 Quadratmeter kleinen Parzelle an der Rückseite der Polizei-Einsatzzentrale gereift.
30.08.: Das Landgericht Bremen erklärt die „Bremer Medienrazzia“ für rechtswidrig. Die Staatsanwaltschaft hatte 1996 mehrere Redaktionen und Journalistenwohnungen durchsucht, um dem (bis heute unbekannten) Behördenmitarbeiter auf die Spur zu kommen, der den Medien einen internen Entwurf des Rechnungshofberichts über Haushaltsverstöße im Bildungsressort zugespielt haben soll (Az.: 15Qs 356/96 u.a.).
September 1999
01.09.: Wegen vierfachen Mordversuches und der Planung eines Mordes werden zwei Mitglieder der „Antiimperialistischen Zelle“ vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu 13 bzw. 9 Jahren Haft verurteilt. Der Strafsenat hielt es für erwiesen, daß die beiden Angeklagten vier glimpflich verlaufene Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser von CDU-Politikern und den Sitz des peruanischen Honorarkonsuls in Düsseldorf verübt und einen weiteren Anschlag auf einen SPD-Politiker geplant hatten.
Nach einem Überfall auf eine Postfiliale in Teltow bei Potsdam flüchtet der bewaffnete Räuber in den Berliner Stadtteil Zehlendorf. Dort wird der Posträuber von der Polizei erschossen, nachdem er mehrere Unfälle verursacht und auf das Auto einer Zivilstreife geschossen hatte.
02.09.: Vor dem Kieler Landgericht beginnt die zweite Hauptverhandlung gegen Safwan Eid. Die Anklage wirft ihm wiederum vor, im Januar 1996 den Brand in einem Lübecker Asylbewerberheim gelegt zu haben und für den Tod von 10 Menschen verantwortlich zu sein. Der Bundesgerichtshof hatte den Freispruch des Landgerichts Lübeck vom Juni 1997 aufgehoben, da das Gericht Abhörprotokolle aus dem Gefängnis als Beweismittel nicht zugelassen hatte. Am 2.11. wird Eid mangels Beweisen erneut freigesprochen.
07.09.: Der Abschlußbericht der Mobbing-Kommission der Berliner Polizei wird eineinhalb Jahre nach seiner Fertigstellung dem Berliner Abgeordnetenhaus vorgelegt. Danach wurden von 33 untersuchten Fällen lediglich zwei als Mobbing anerkannt. Die polizeiinterne Kommission war im August 1997 nach dem Selbstmord einer 24jährigen Polizeimeisterin eingerichtet worden.
08.09.: Wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt ein Berliner Gericht einen Kurden zu einer Bewährungsstrafe von 9 Monaten und 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Der Mann hatte an den Tumulten rund um die Erstürmung des israelischen Generalkonsulates am 17.2. in Berlin mitgewirkt. Am 27.9. beginnt vor dem Landgericht Berlin der bisher größte Prozeß gegen acht kurdische Jugendliche, die ebenfalls an dem Versuch beteiligt gewesen sein sollen, das israelische Generalkonsulat zu stürmen. Am 22.10. wird in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Berlin ein kurdischer Angeklagter freigesprochen. Der Freispruch erfolgte aufgrund der widersprüchlichen Äußerungen der polizeilichen Belastungszeugen.
Mit den Stimmen der CDU/FDP-Regierungskoalition lehnt der hessische Landtag den Entlassungsantrag der SPD gegen Innenminister Bouffier (CDU) ab. Die Staatsanwaltschaft Gießen hatte im August ein Verfahren wegen Parteienverrats gegen den ehemaligen Rechtsanwalt Bouffier nach Zahlung einer Geldbuße eingestellt. Die Opposition sah in dem Akzeptieren der Geldbuße ein Schuldeingeständnis und argumentierte, der Innenminister sei damit als oberster Vorgesetzter der Polizei unglaubwürdig geworden. Am 30.9. beschließt der Landtag auf Antrag der SPD-Fraktion die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Dieser soll klären, ob Bouffier falsche Angaben vor dem Parlament gemacht hat und ob politischer Druck auf die Staatsanwaltschaft ausgeübt wurde, das Ermittlungsverfahren gegen die Zahlung einer Geldbuße einzustellen.
13.09.: Das brandenburgische Landeskriminalamt (LKA) und das Zollfahndungsamt Potsdam richten eine gemeinsame Finanzermittlungsgruppe ein. Durch die Kooperation soll der Kampf gegen die Geldwäsche in Brandenburg verstärkt werden.
15.09.: Nach einem Schußwechsel mit der Polizei wird in Wien der mutmaßliche RAF-Terrorist Horst Ludwig Meyer erschossen. Die Bundesanwaltschaft bemüht sich anschließend um die Auslieferung seiner Begleiterin Andrea Klump nach Deutschland.
Wegen der Besetzung der Hamburger SPD-Zentrale nach der Festnahme von Abdullah Öcalan am 17.2. und der Geiselnahme eines Parteifunktionärs verurteilt das Landgericht Hamburg einen Kurden zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten. Ein 26jähriger Mitangeklagter erhält eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten.
Der Bundesgerichtshof billigt den neuen § 247a der Strafprozeßordnung, der die Vernehmung von abwesenden ZeugInnen per Videokonferenz aus einem laufenden Prozeß heraus vorsieht (Az.: 1 StR 286/99).
16.09.: Die Einzelheiten der Klage Otto Dreckslers gegen das Land Berlin werden bekannt. Der Berliner Polizeidirektor, der von einem V-Mann des Landesamtes für Verfassungsschutz fälschlicherweise der Scientology-Mitgliedschaft beschuldigt wurde, verlangt mindestens 50.000 DM Schmerzensgeld und weitere 17.000 DM als Entschädigung für Verdienstausfälle und Arztkosten.
17.09.: Der mit der Aufklärung der Vorgänge um das israelische Generalkonsulat am 17.2. befaßte parlamentarische Untersuchungsausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses legt einen Zwischenbericht vor. Der Berliner Polizeiführung, dem Landesamt für Verfassungsschutz und der Spitze der Innenverwaltung werden schwere Versäumnisse und Fehler vorgeworfen. Die CDU legt einen eigenen Bericht vor, nach dem weder dem Innensenator noch der Führung des Sicherheitsapparates ein Vorwurf zu machen wäre.
Vor einem Fußballspiel verhängt die Berliner Polizei erstmals Aufenthaltsverbote gegen acht einschlägig bekannte Hooligans. Szenekundige Beamte des LKA überwachen das Verbot, für drei Tage weite Teile der Innenstadt zu betreten. Am 22.9. weist das Verwaltungsgericht die Klage eines Betroffenen gegen das Aufenthaltsverbot ab.
18.09.: Die Einstellung der Ermittlungen gegen den unbekannten Berliner Polizeibeamten, der am 1. Mai seinen Schlagstock auf dem Kopf einer Demonstrantin zerschlug, wird bekannt.
21.09.: Generalbundesanwalt Kay Nehm erhebt Anklage gegen den als „Kalif von Köln“ bekannten Metin Kaplan wegen Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung und der Aufforderung zum Mord. Nach der Festnahme des türkischen Fundamentalistenführers im März war es wiederholt zu Demonstrationen von Anhängern vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe gekommen.
23.09.: Das Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet ein „Informationsfreiheitsgesetz“. Das Gesetz erlaubt es den Bürgerinnen und Bürgern, Akten von Verwaltung und Behörden einzusehen oder Aktenauskunft zu erhalten.
28.09.: Mehr als sechs Jahre nach der Erschießung des mutmaßlichen RAF-Terroristen Wolfgang Grams in Bad Kleinen erklärt der Hessische Verwaltungsgerichtshof die damalige Durchsuchung der Wohnung des ehemaligen RAF-Mitgliedes Roland Mayer für rechtswidrig. Es wird bekannt, daß im Sommer drei CIA-Agenten in München enttarnt wurden und Deutschland verlassen mußten. Das Bundesinnenministerium lehnt jede Stellungnahme zu dem Vorfall ab.
29.09.: Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Annahme einer Verfassungsbeschwerde gegen die zwangsweise Verabreichung von Brechmitteln an mutmaßliche Rauschgifthändler ab (Az.: 2 BvR 2360/95). Daraufhin verkündet Hessens Generalstaatsanwalt Christoph Schaefer die umgehende Inkraftsetzung der Verfügung, die der hessischen Polizei den Einsatz eines pflanzlichen Brechmittels erlaubt.
30.09.: Fast sieben Wochen nach dem rechtsextremistischen Überfall eines Deutschen auf einen Mosambikaner im oberbayerischen Kolbermoor erliegt das Opfer seinen schweren Verletzungen.
In Berlin treten 80 Flüchtlinge in einen Hungerstreik. Sie protestieren damit gegen die Versorgung mit Sachleistungen und gegen die unzureichende Heimunterbringung. Aufgrund des 1998 verschärften Asylbewerberleistungsgesetzes wurde den Flüchtlingsfamilien aus dem Kosovo und Bosnien-Herzegowina der bisherige Anspruch auf ein monatliches Taschengeld gestrichen.
Die zentrale Staatsanwaltschaft gegen Regierungs- und Vereinigungskriminalität mit Sitz in Berlin wird offiziell aufgelöst. Der weitaus größte Teil der 23.000 Ermittlungsverfahren wurde eingestellt. Insgesamt wurden 1.065 Menschen wegen der Toten an Mauer und Stacheldraht, Justizunrecht oder Wirtschaftsdelikten angeklagt. Bisher wurden 335 rechtskräftig verurteilt.
Oktober 1999
02.10.: In Köln protestieren 1.000 Menschen auf einer Demonstration gegen eine Kundgebung der rechtsextremen NPD.
03.10.: In der zweiten Nacht in Folge kommt es in Oldenburg zu Ausschreitungen rechtsradikaler Jugendlicher. Die Polizei nimmt drei Skinheads fest und behält sie eine Nacht in Gewahrsam.
05.10.: Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) legt den Korruptionsbericht 1998 vor. Danach hat sich in NRW die Zahl der Ermittlungsverfahren bei Korruptionsdelikten zwischen 1994 und 1998 mit insgesamt 2.770 Fällen mehr als versechsfacht.
07.10.: Bei einer bundesweiten Razzia in der rechtsextremistischen und satanischen Szene, bei der 20 Objekte in Thüringen, Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen durchsucht werden, stellt die Polizei umfangreiches verbotenes Propagandamaterial sicher.
Das Bundesinnenministerium veröffentlicht die Asylstatistik für den Monat September. Danach gab es im September 8.429 Asylanträge, 12% weniger als im Vorjahresmonat. Die Anerkennungsquote lag mit 365 Flüchtlingen bei 4,7%.
09.10.: In Frankfurt am Main findet die bislang größte Kurden-Demonstration mit rund 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern statt. Die friedlich verlaufende Veranstaltung steht unter dem Motto: „Nein zur Todesstrafe. Freiheit für Abdullah Öcalan.“
10.10.: Bei einem nächtlichen Überfall auf ein Asylbewerberheim im niedersächsischen Bad Grund werden zwei Schwarzafrikaner schwer verletzt, die gesamte Einrichtung des Heimes wird zertrümmert. Zehn bis zwölf maskierte und mit Baseballschlägern bewaffnete Personen hatten das Gebäude gestürmt und konnten nach der Tat unerkannt entkommen.
13.10.: Der Ex-Bundeswehrgeneral und ehemalige Berliner Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) wird als neuer Innenminister Brandenburgs vereidigt.
Die Bundesanwaltschaft verfügt die Aufhebung des Haftbefehls gegen die mutmaßliche RAF-Terroristin Barbara Meyer.
15.10.: In Passau wird ein psychisch Kranker von einem Polizisten erschossen, nachdem der Mann bei einer Kontrolle einen anderen Polizisten mit einem Messer angegriffen hatte.
18.10.: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) teilt mit, daß vier Polizeikommissare wegen rechtsextremistischer Umtriebe vom Dienst suspendiert wurden. Die Männer sollen mehrfach rechte Parolen von sich gegeben und bei einer privaten Feier lautstark rechtsextremistisches Liedgut abgespielt haben.
19.10.: Die Entführung eines ägyptischen Passagierflugzeuges nach Hamburg wird am späten Abend unblutig beendet. Der Täter, ein junger Araber, verläßt die Maschine freiwillig und wird von einem Mobilen Einsatzkommando überwältigt. Als Motiv gibt der Mann an, in einem europäischen Land oder den USA Asyl erzwingen zu wollen.
20.10.: Das Verfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommerns verbietet die Schleierfahndung außerhalb eines 30 km breiten Streifens an der polnischen Grenze. Das Gericht gibt damit einer Beschwerde von fünf Bürgern gegen das erst 1998 verabschiedete Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes statt. Die Richter bewerteten verdachtsunabhängige Kontrollen außerhalb des Grenzgebietes als unzulässige Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.
22.10.: Der Erfolg monatelanger Ermittlungen der Hamburger Polizei gegen die internationale Rauschgiftkriminalität wird bekannt. Die Fahnder der SoKo 983 haben seit ihrer Gründung im Oktober 1998 insgesamt 46 verdächtige Mitglieder dreier kurdischer Großfamilien verhaftet und 52 Kilogramm Heroin beschlagnahmt.
26.10.: Die Münchner Polizei kündigt an, daß ihre Beamten für die Ermittlungen im Mordfall einer 19jährigen Frau zukünftig jeden männlichen Passanten – sofern die Täterbeschreibung passe – zum DNA-Speicheltest bitten werden.
28.10: Das Bundesinnenministerium gibt bekannt, daß 1998 mehr als 18.700 illegal eingeschleuste AusländerInnen aufgegriffen wurden, rund 8% mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig nahmen die Grenzbehörden 1.780 „Schleuser“ fest.
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) verkündet die Zustimmung der UN-Mission für den Kosovo (Unmik) zur geplanten zwangsweisen Rückführung von Kosovo-Albanern, die ihrer Ausreiseverpflichtung als abgelehnte Asylbewerber nicht nachkommen.
Im niedersächsischen Northeim wird auf das Haus des neonazistischen „Kameradschaftsführers“ Rüdiger Hesse ein Brandanschlag verübt.
Das Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder) bestätigt das 1997 vom Innenministerium Brandenburg erlassene Verbot der rechtsextremen „Kameradschaft Oberhavel“.
Andrea Böhm studiert Politologie an der FU Berlin und ist Redaktionsmitglied von Bürgerrechte & Polizei/CILIP.