Britannien nach den Anschlägen – Das Anti-Terror-Recht wird nochmals erweitert

von Ben Hayes

„Die Spielregeln werden sich ändern“, kündigte der britische Premier Tony Blair nach den Londoner Attentaten an. Praktisch heißt das, dass der „Krieg gegen den Terrorismus“ zu einem Krieg gegen jene ausgeweitet wird, die die Regierung für islamistische Extremisten hält.[1]

Am 7. Juli 2005 ereigneten sich jene Attentate, die man uns seit langem als unvermeidlich angekündigt hatte. Der wirkliche Schock folgte einige Tage später, als sich herauskristallisierte, dass die „Selbstmord-Bomber“ junge britische Männer gewesen waren. An der Frage, warum sie ihre Bomben in London hochgehen ließen, scheiden sich jedoch die Geister. Die Blair-Regierung und ihre Unterstützer bestreiten bei jeder sich bietenden Gelegenheit, was für die große Mehrheit der Bevölkerung längst klar war – nämlich, dass der Irak-Krieg London zumindest zu einem wahrscheinlicheren Anschlagsziel gemacht hatte.

„Vollkommen irreführend“ erscheint Innenminister Charles Clarke die Vorstellung, „dass jemand wegen unserer Entscheidung, in den Irak-Krieg zu ziehen, zum potenziellen Terroristen wird.“ Für den Labour-Abgeordneten Tony Wright ist das „gefährlicher Unsinn“. Wer so etwas behauptet, hat nach Ansicht des Premierministers den „Zug zum Terrorismus“ schon bestiegen. Andere als religiöse oder „extremistische“ Motivationen des Terrorismus sieht die Regierung nicht. Die Konsequenz dessen ist die Ausweitung des „Krieges gegen den Terrorismus“ auf den islamistischen „Extremismus“. Ein ganzer Schwall neuer Vorschläge soll die „Lücken“ in der ohnehin schon überfüllten Terrorismusgesetzgebung füllen.

Neue Straftatbestände

Am 18. Juli erläuterte der Innenminister den beiden größten Oppositionsparteien seine Pläne für drei neue Tatbestände im Terrorismusbekämpfungsgesetz. Als das Parlament zwei Tage später in die Sommerpause ging, hatten die drei großen Parteien einen „Konsens“ erzielt, dass nach der Pause, im Oktober, Strafbestimmungen gegen „terroristische Vorbereitungshandlungen“, „Terror-Ausbildung“ und „indirekte Anstiftung zum Terrorismus“ zu verabschieden seien.

Wozu die neuen Bestimmungen über „Vorbereitungshandlungen“ gebraucht werden, ist allerdings reichlich unklar. Mit zehn Jahren Haft bedroht ist bereits nach Abschnitt 57 des Terrorism Act 2000 der „Besitz eines Gegenstandes, wenn nach den Umständen der begründete Verdacht besteht, dass er der Begehung, Vorbereitung oder Anstiftung zu einem terroristischen Akt dienen könnte.“ Abschnitt 58 desselben Gesetzes macht auch das „Sammeln von Informationen“ und den „Besitz von Dokumenten“, die für terroristische Zwecke benutzt werden könnten, zu einer schweren Straftat. Nach den Aussagen des Innenministers soll die neue Bestimmung dazu beitragen, diejenigen „aufzufinden, die erhebliche terroristische Straftaten planen.“ Anzunehmen ist daher, dass es hier in erster Linie um an die Strafnormen gekoppelte neue Überwachungskompetenzen und nicht so sehr um die Ausweitung eines ohnehin schon breiten Straftatbestandes geht.

Auch die geplante Strafbestimmung der „terroristischen Ausbildung“ kann dem bestehenden Terrorism Act kaum etwas Neues hinzufügen. Denn dessen Abschnitt 54 sieht bereits jetzt Strafen von bis zu zehn Jahren für diejenigen vor, die ein Training in der Herstellung oder im Gebrauch von Waffen und Sprengstoffen geben oder empfangen oder die Personen zu diesem Zweck rekrutieren. Denkbar wäre allenfalls, dass der neue Straftatbestand auch den Besuch von Ausbildungslagern im Ausland einbezieht oder den Begriff der „Rekrutierung“ breiter fasst.

Bei dem dritten neuen Tatbestand, der „indirekten Anstiftung“, liegen die Dinge etwas klarer, seit der Innenminister angekündigt hat, dass damit die Europaratskonvention zur Terrorismusprävention umgesetzt werden könnte. Artikel 5 der Konvention, zu deren Erstunterzeichnern das Vereinigte Königreich gehört, definiert „öffentliche Provokation“ als:

„die Verbreitung oder jedes sonstige öffentliche Zugänglichmachen einer Botschaft mit der Absicht, zur Begehung einer terroristischen Straftat anzustiften, wenn ein solches Verhalten, ob es nun direkt oder nicht für die Begehung terroristischer Straftaten wirbt, die Gefahr hervorruft, dass eine oder mehrere dieser Straftaten begangen werden.[2]

Das Konzept der „indirekten Anstiftung“ ist das Kernstück der gegenwärtigen Vorschläge. Kriminalisiert werden damit nicht Handlungen, sondern Meinungen und öffentliche Aussagen.

„Rettungsschüsse“

Am 21. Juli, am Tag nachdem sich das Parlament in die Sommerpause verabschiedet hatte, veröffentlichte die Vereinigung der Polizeichefs (Association of Chief Police Officers, ACPO) ihre Vorschläge. Sie fordert unter anderem den Zeitraum, während dem Terrorismusverdächtige ohne Beschuldigung festgehalten werden können, von bisher zwei Wochen auf drei Monate auszudehnen, die Rolle des Inlandsgeheimdienstes MI5 aufzuwerten und einen neuen Straftatbestand der „unzulässigen Nutzung des Internet“ einzuführen. Der Besuch „djihadistischer“ Websites soll unter Strafe gestellt werden, auch wenn dies definitiv etwas anderes ist als die Planung eines terroristischen Anschlags.

Überschattet war der Auftritt der Polizeichefs von vier neuen versuchten Anschlägen auf das Netz des öffentlichen Verkehrs in London. Am Tag darauf warfen verdeckt agierende Polizeibeamte einen Brasilianer in der U-Bahn zu Boden und feuerten ihm vor den Augen erschrockener Pendler sechs Schüsse in Rücken und Kopf. Die neue Todesschusspolitik gegen potenzielle Selbstmordattentäter hatte ihr erstes Opfer gefunden. In den folgenden Tagen wurden über zwölf Personen im Zusammenhang mit den Attentatsversuchen des 21. Juli verhaftet, ein „Drahtzieher“ der Anschläge zwei Wochen zuvor wurde jedoch nicht gefunden. Dass es der Polizei an Befugnissen fehlen würde, lässt sich an der erfolgreichen „Jagd“ nach den Bombern jedenfalls nicht erkennen. Vielmehr fragte sich nun die Öffentlichkeit, ob die aus Israel importierte „Rettungsschuss“-Politik nicht eine Befugnis zuviel darstelle.

Zwei Wochen später, am 5. August, stellte der Premierminister einen „umfassenden Aktionsrahmen für den Umgang mit der terroristischen Gefahr“ vor und das Innenministerium veröffentlichte ein „Konsultationsdokument“ über Einreisesperren und Abschiebungen. Aus den drei neu einzuführenden Strafbestimmungen war nun ein Plan von zwölf Punkten geworden.

Verherrlichung oder Rechtfertigung des Terrorismus

Nach Punkt 2 der Erklärung Blairs wird der neue Straftatbestand der „indirekten Anstiftung“ die „Entschuldigung“, „Verherrlichung“ und „Rechtfertigung“ terroristischer Straftaten abdecken. Das lässt befürchten, dass sich auch Personen, die Sympathien für den bewaffneten Widerstand gegen die Okkupation in Palästina oder im Irak hegen, in den Fallstricken der neuen Gesetze verfangen könnten. Die Gefahr ist groß, dass Tony Blairs „Zug zum Terrorismus“ auf der extrem dünnen Linie zwischen der Sympathie z.B. für die palästinensische Sache und der Rechtfertigung der Aktionen von Selbstmordattentätern entgleist. Wie dünn die Linie ist, musste letztes Jahr Blairs Ehefrau Cherie erfahren, als man ihr nach einer Rede in Jordanien in den israelischen Medien vorwarf, solche Attentate zu rechtfertigen.

Andere werden nicht so leicht davon kommen wie Cherie Blair. Entschuldigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung des Terrorismus werden nach Tony Blairs Zwölf-Punkte-Plan zu Gründen für Einreisesperren oder Abschiebungen (Punkt 1), für die Schließung von Moscheen (Punkt 11) oder für den extensiveren Gebrauch von „Kontrollanordnungen“, aufgrund derer Hausarrest und andere Freiheitsbeschränkungen verhängt werden können (Punkt 7). Die Einzigen, die nach der Verabschiedung des „Prevention of Terrorism Act“ im März dieses Jahres solchen Anordnungen unterworfen wurden, waren die elf ausländischen Personen, die Ende 2001 ohne Strafverfahren verhaftet und erst Ende 2004 nach einem Urteil der Lordrichter wieder freigelassen wurden.[3]

Die Forderung der Polizeichefs, Terrorismus-Verdächtige bis zu drei Monaten ohne Beschuldigung festzuhalten, muss vor dem Hintergrund der Regierungspläne gesehen werden, „neue Verfahrensvorschriften“ einzuführen (Punkt 6) und mehr Geld für „Sonderrichter“ zur Verfügung zu stellen (Punkt 8). Bei beiden Vorschlägen geht es letztlich um die versteckte Wiedereinführung der von den Lords 2004 für illegal erklärten Haft ohne Strafverfahren. Es geht um von der Regierung ernannte Richter, um geheim gehaltene Beweismittel, um geheime Verhandlungen, um Anwälte, die nicht von den Angeklagten ausgewählt, sondern durch das Sondergericht bestellt wurden. All das widerspricht anerkanntermaßen Art. 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), den die Regierung bereits im Jahre 2001 außer Kraft gesetzt hat.

Ebenfalls ausgedehnt werden sollen die im Terrorism Act 2000 enthaltenen Kompetenzen zum Verbot „terroristischer“ und „extremistischer“ Organisationen (Punkt 9). Die Regierung kündigte bereits das Verbot von „Hizb-ut-Tahrir“ und aller Nachfolgeorganisationen von „Al Muhajiroun“ an. Die jetzt wegen „extremistischer“ Positionen angegriffene Hizb-ut-Tahrir bekennt sich seit fünfzig Jahren zur Gewaltlosigkeit. Shami Chakrabarti, Direktor der Bürgerrechtsorganisation Liberty, warnte davor, „der Politik autoritärer Regime im Nahen Osten nachzueifern, die mit ähnlichen Verboten Generationen von Dissidenten radikalisiert haben.“ Dabei geht es nicht um das bloße Organisationsverbot. Wer verbotene Organisationen fortführt, riskiert bis zu zehn Jahren Haft. Kriminalisiert werden auch verschiedenste Formen der aktiven und passiven Unterstützung wie das Tragen von Kennzeichen verbotener Organisationen, das mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft wird.

„Inakzeptable Verhaltensweisen“

Das Problem der rechtlichen Unbestimmtheit der „indirekten Anstiftung“ will die Regierung offenbar auf ausländerrechtlichem Weg umschiffen. Die Entscheidung, wer als „Hassprediger“ abgeschoben wird oder nicht einreisen darf, trifft die Exekutive alleine. Die vom Innenministerium geführte Liste „inakzeptabler Verhaltensweisen“ nicht-briti­scher Bürger im In- oder im Ausland umfasst die ganze Bandbreite öffentlicher Meinungsäußerung: das „Schreiben, Herstellen, Veröffentlichen oder Verteilen von Propagandamaterial“, das „öffentliche Reden oder Predigen“, „das Betreiben einer Website“ oder „den Missbrauch einer Verantwortungsposition als Lehrer, Gemeindeleiter oder Jugend­arbeiter“. Abschiebungen oder Einreisesperren sind möglich, wenn durch Meinungsäußerungen Ansichten ausgedrückt werden,

„die nach Auffassung der Regierung den Terrorismus fördern oder andere zu terroristischen Taten provozieren, den Terrorismus rechtfertigen oder verherrlichen, sonst erhebliche Straftaten fördern oder andere zu solchen provozieren, zu Hass und damit zu Gewalt zwischen den im Vereinigten Königreich lebenden Gemeinschaften aufstacheln oder Gewalt bei der Verfolgung politischer Ziele befürworten.“

Diese rein exekutiven Befugnisse werden durch das Konzept der „indirekten Anstiftung“ erweitert. Das Außenministerium füllt derzeit eine Datenbank ausländischer „Extremisten“, und das Innenministerium er­stellt eine „Liste“ extremistischer Websites, Buchläden, Zentren, Netzwerke und privater Organisationen im Inland.

Der Innenminister verfügt seit langem über ausgedehnte Befugnisse zur Abschiebung und Einreiseverweigerung, aber auch zur Aberkennung der britischen Staatsbürgerschaft, wenn die betroffene Person eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt. Schwierigkeiten bereitet der Regierung dabei der auch in den Human Rights Act übernommene Art. 3 EMRK, der die Abschiebung in Drittstaaten untersagt, in denen die betroffene Person Folter, inhumane oder erniedrigende Behandlung riskiert. Die Gerichte haben immer wieder auf dieser Vorschrift beharrt. Diese Hürde möchte die Regierung nun durch eine Serie von „memoranda of understanding“ (MoUs) umgehen, in denen Drittstaaten zusichern, dass sie abgeschobene Personen nicht misshandeln. Die erste solche Erklärung unterzeichnete Anfang August Jordanien. In dem MoU ist die Verhängung der Todesstrafe jedoch nicht ausdrücklich ausgeschlossen.

Wie nicht anders zu erwarten, ging Blair in Punkt 3 seiner Erklärung auch auf Asylsuchende los und bediente die rechtsgerichteten Medien: Man werde automatisch allen das Asyl verweigern, „die sich am Terrorismus beteiligen oder irgendwo damit zu tun haben.“ Was der Premier­minister verschweigt, ist, dass die Geheimdienste seit Jahren Flüchtlinge überprüfen und dafür sorgen, dass ihnen die Anerkennung verwehrt wird.

Grenzschutz mit oder ohne Identitätskarte?

Die Vorschläge zur Sicherung der britischen Grenzen beschränken sich bisher auf den Aufbau einer Datenbank über internationale Extremisten, denen die Einreise verweigert werden soll. Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass die Agenda ausgedehnt wird. Im Gespräch war bereits die Idee, eine eigenständige Grenzpolizei aufzubauen. Die Vorstufe dazu sind die immer häufigeren gemeinsamen Operationen von Polizei und Einwanderungsbehörden.

Die Regierung hat sich bisher bemüht, den unpopulären Gesetz­entwurf über die Einführung von Identitätskarten aus der Terrorismusdebatte herauszuhalten. Sowohl Blair als auch sein Innenminister Clarke betonten, dass alle „Überwachung der Welt“ die Anschläge in London nicht verhindert hätte. Am 13. Juli nahm Clarke jedoch in Brüssel an einer eigens einberufenen Sitzung der Justiz- und Innenminister der EU teil, bei der er seinen 24 Amtskollegen als Reaktion auf die Londoner Anschläge die EU-weite Einführung biometrischer Personalausweise empfahl. Wie nicht anders zu erwarten, dienten die Anschläge auch dazu, die seit langem propagierte Vorratsspeicherung von Telekommunkations-Verbindungsdaten zu rechtfertigen.[4]

Warum seid ihr so unzufrieden?

Die Regierung präsentiert die Attentate als Angriff auf „unsere Lebensweise“. „Unsere Freiheit“ und Großzügigkeit hätten es zu lange erlaubt, dass Leute die „unsere Werte“ nicht voll akzeptieren, in unser Land kommen konnten. „Die Zeit des Multikulturalismus ist vorbei“, ließ der Premierminister durch den stellvertretenden Innenminister erklären. Assimilieren oder verschwinden, lautet die Botschaft.

Das britische Recht verlangt von Einbürgerungswilligen schon heute eine Prüfung der Englischkenntnisse, die Teilnahme an einer „Bürgerschaftszeremonie“ und einen Treueschwur auf Britannien und die Monarchie. Jetzt schlägt der Premierminister in Punkt 10 seiner Erklärung eine „Integrationskommission“ vor, die sich um jene „Teile der Gemeinschaft“ kümmern soll, die „gegenwärtig in unzureichendem Maße integriert“ seien. Auf einer Bustour durch die Städte im Norden der Insel sollte Innenstaatssekretärin Hazel Blears den Kontakt zu asiatischen Jugendlichen suchen und den Boden für die neue Kommission bereiten.

Dass gerade Blears diesen Auftrag wahrnahm, muss erstaunen. Vor und nach den Anschlägen hatte die Staatssekretärin britische AsiatInnen mit ihren Erklärungen in Rage versetzt: Die asiatische Gemeinschaft müsse – Gleichstellungsgesetz hin oder her – damit rechnen, stärker als der Rest der Bevölkerung kontrolliert und durchsucht zu werden. „Warum seid ihr so unzufrieden?“, fragte Blears ihr asiatisches Publikum in Leeds, Bradford and anderen Städten. Sie erhielt zwei voraussehbare Antworten: Erstens wegen der unverhältnismäßigen Kontrollen und Durchsuchungen und zweitens wegen der britischen Außenpolitik insbesondere im Irak.

Vorgeschmack auf das Kommende?

Seit den Anschlägen vom 7. Juli hat das Institute of Race Relations (IRR) eine Zunahme rassistisch motivierter Angriffe festgestellt. Der Hass auf (vermeintliche) Muslime ist so blind, dass auch ein Sikh-Tempel attackiert wurde.[5] Die British National Party verteilte Flugblätter mit Bildern der Anschläge und der Frage: „Ist es nicht an der Zeit, dass Sie auf die BNP hören?“ Der Hass wurde „indirekt angestiftet“ durch ein fast konstantes mediales Sperrfeuer. „Got the bastards“, titelte etwa die „Sun“ auf ihrer Frontseite nach der Festnahme des letzten Attentäters vom 21. Juli. Die penetrante Werbung für die dreiteilige TV-Serie „Der Kult der Selbstmord-Bomber“ wurde so oft wiederholt, dass man den Eindruck hatte, die Serie würde jeden Abend erneut ausgestrahlt. Die Summe dieser Berichte lautet: Der Islam ist eine „gefährliche Religion“.

Statewatch hat seit dem 7. Juli die politischen Reaktionen auf die Anschläge dokumentiert. Am 11. August, kurz vor Abschluss dieses Artikels, erreichte uns eine Erklärung der AnwältInnen Birnberg, Peirce and Partners, dass einige ihrer Mandanten am Morgen verhaftet worden seien. Informiert wurden die AnwältInnen von Familienangehörigen der Betroffenen. „Das Innenministerium hat uns nicht unterrichtet, obwohl man dort weiß, dass und von wem die Leute rechtlich vertreten werden.“ Einen der Verhafteten holte sich die Polizei direkt in der psychiatrischen Klinik, in der er behandelt wird, seit man ihn nach dem Urteil der Lordrichter Ende 2004 aus der Administrativhaft entließ.

Unbekannt war auch der Aufenthaltsort der Verhafteten. Einige Angehörige vermuteten, dass man sie ins Woodhill-Hochsicherheitsge­fängnis gebracht habe. „Dort verweigerte man uns jeden Zugang. Informell haben wir mittlerweile erfahren, dass die Gefangenen von Woodhill aus in andere Gefängnisse verteilt wurden. Das ist“, so fassen die AnwältInnen zusammen, „exakt dasselbe Szenario der Verhaftung und Verweigerung rechtlichen Beistands wie im Dezember 2001 und es sind dieselben Betroffenen. Nach dem Urteil des House of Lords und der Freilassung der Inhaftierten im Dezember 2004 hatte uns das Innenministerium versichert, dass so etwas nicht wieder vorkommen würde.“

Ben Hayes ist Mitarbeiter von Statewatch in London.
[1] sämtliche Nachweise, soweit nicht eigens vermerkt, unter www.statewatch.org/news
[2] Konvention zur Terrorismusprävention v. 16.5.2005, Sammlung der Europaratsverträge Nr. 196, http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ListeTraites.asp?CM=1&CL=GER &NT=196&NU=999
[3] siehe Hayes, B.: Dreißig Jahre britisches Anti-Terror-Recht, in: Bürgerrechte & Polizei/ CILIP 80 (1/2005), S. 45-50
[4] siehe unter www.dataretentionisnosolution.com die diesbezügliche Petition der Bürgerrechtsorganisationen
[5] IRR news service, www.irr.org.uk/2005/august/ha000015.html