Chronologie

zusammengestellt von Heiner Busch

April 2005

01.04.: Tödliche Hilfe für die Polizei: Thüringer Polizisten fordern einen LKW-Fahrer auf, seinen Wagen quer über die Fahrbahn zu stellen, um die „Amok-Fahrt“ eines psychisch gestörten Mannes mit einem gestohlenen LKW auf der Autobahn zu stoppen. Letzterer rast in den quer gestellten LKW und tötet den Fahrer, der nicht früh genug aussteigen kann.

02.04.: Neonazi-Konzert: Die Thüringer Polizei hat zu wenig Beamte vor Ort, um ein nach dem NPD-Landesparteitag in Pößneck stattfindendes Skinhead-Konzert aufzulösen, an dem auch der verurteilte Sänger der „Landser“ teilnimmt.

05.04.: Todesschüsse in Rudolstadt: In einem „Beziehungsstreit“ erschießt ein 34-Jähriger einen Mann und verletzt einen anderen schwer. Als die Polizei eintrifft, will der Schütze mit seiner 19-jährigen Freundin und ihrem Kind fliehen und rast nach Darstellung der Polizei mit dem Wagen auf einen Beamten zu. Zwei andere Polizisten geben insgesamt 17 Schüsse auf das Fahrzeug ab. Der Mann wird tödlich getroffen, die Frau wird bei der Aktion verletzt, das Kind bleibt unversehrt.

„Kameradschaft Süd“: Das Bayerische Oberste Landesgericht verurteilt fünf Mitglieder der Neonazi-Gruppe, die einen Anschlag bei der Grundsteinlegung des neuen jüdischen Zentrums am 9. November 2003 geplant hatte, u.a. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu Bewährungsstrafen zwischen 16 und 22 Monaten. Vier Personen waren zur Tatzeit noch minderjährig. Am 3.5. verurteilt ein anderer Staatsschutzsenat des Obersten Landesgerichts im abgetrennten Verfahren den Führer der Gruppe, Martin Wiese, zu sieben Jahren und weitere drei Mitglieder zu Haftstrafen zwischen zwei Jahren und drei Monaten und fünf Jahren neun Monten. Die Anklage stützte sich u.a. auf Telefonüberwachungen und Aussagen von V-Leuten.

06.04.: Keine terroristische Vereinigung: Das Berliner Kammergericht verurteilt den Tunesier Ihsan G. wegen Waffenbesitzes und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Gefängnis, sieht aber keine ausreichenden Beweise dafür, dass der 34-Jährige andere für Morde habe rekrutieren wollen. Die Bundesanwaltschaft, die am 8. April Revision einlegt, hatte sich bei der Anklage auf zwei V-Leute des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) gestützt.

BGS-Helikopter gegen Sprayer: In der Nacht vor Beginn eines internationalen Anti-Griffiti-Kongresses kreisen mit Nachtsichtkameras ausge­stattete Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes (BGS) über Berliner Bahngelände. Die mit der Landespolizei koordinierte Aktion führt zur Festnahme von acht Sprayern und zu Protesten von AnwohnerInnen.

09.04.: Sicherheitsüberprüfungen: Die Presse zitiert den noch unveröffentlichten Bericht der Bundesregierung zur Evaluation der Anti-Ter­ror-Gesetze von Anfang 2002. Demnach wurden auch IT-MitarbeiterIn­nen der Bundesagentur für Arbeit einer Sicherheitsüberprüfung unterworfen, um Sabotagen bei der Umsetzung von Hartz IV vorzubeugen.

12.04.: Neonazi-Gruppen verboten: Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm verbietet die „Kameradschaft Hauptvolk“ und die Untergruppe „Sturm 27“. Bei Durchsuchungen von 41 Wohnungen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-Holstein beschlagnahmt die Polizei Propagandamaterial, Schreckschusspistolen und ein Bajonett. Mitglieder der Gruppe arbeiteten 2002 als Wachschützer – u.a. in einer Asylunterkunft in Rathenow.

GPS-Überwachung: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erklärt den polizeilichen Einsatz des satellitengestützten Global Positioning Systems (GPS), das die permanente Ortung eines Senders erlaubt, für verfassungsgemäß (s. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 80, S. 87 f.). (Az.: 2 BvR 581/01)

13.04.: Todesschuss in Lübeck: Die Polizei wird alarmiert, nachdem ein 18-Jähriger seinen Vater mit einem Messer angegriffen hat. Als der junge Mann auch auf die Polizisten losgeht, zieht einer der Beamten die Waffen und trifft den Angreifer tödlich.

14.04.: Razzia gegen Islamisten: In sechs Bundesländern durchsucht die Polizei zeitgleich 30 Moscheen und Wohnungen. In München nimmt sie sechs Männer fest, die bis auf einen 47-jährigen Ägypter tags darauf wieder frei sind. Die Polizei wirft ihm und einem Tunesier Geldwäsche und Steuerhinterziehung vor. Sie hätten je eine halbe Million Euro an islamistische Organisationen im Ausland überwiesen.

Ausweisung eines Imam: Das Berliner Landesverfassungsgericht verwirft die Beschwerde des früheren Imam der Mevlana-Moschee Yakup T., den die Ausländerbehörde wegen „gewaltverherrlichender Reden“ ausweisen will. Am 22.6. gewährt das BVerfG dem Imam vorläufigen Abschiebeschutz und weist den Fall an das Verwaltungsgericht (VG) zurück.

16.04.: Demos gegen NPD-Aufmärsche: 300 Personen demonstrieren in Erfurt gegen eine NPD-Kundgebung. Als eine Gruppe Flaschen, Eier und Kartoffeln wirft, setzt die Polizei Wasserwerfer ein und spritzt wahllos in die Menge. 19 Personen werden festgenommen – darunter fünf aus der NPD-Kundgebung und 14 aus der Gegendemo. Auch in Essen geht die Polizei mit Pfefferspray und Schlagstock gegen eine linke Gegendemo vor und nimmt 18 Personen fest. Eine weitere Demonstration gegen eine NPD-Kundgebung findet in Stolberg bei Aachen statt.

18.04.: Kanther verurteilt: Im CDU-Schwarzgeldprozess verurteilt das LG Wiesbaden Ex-Bundesinnenminister Manfred Kanther zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten. Kanther will das Urteil anfechten.

19.04.: Urteil wegen Folterdrohung: Das LG Frankfurt veröffentlicht die schriftliche Begründung des Urteils vom 20.12.2004 gegen den ehemaligen Frankfurter Polizeivizepräsidenten Wolfgang Daschner und einen Kriminalbeamten. Am selben Tag teilt der hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) mit, dass das Disziplinarverfahren gegen Daschner eingestellt wird. Zudem überträgt er Daschner die kommissarische Leitung des Präsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden. Am 11.7. bestätigt der Anwalt des wegen Entführung und Ermordung des Bankierssohns Jakob von Metzler verurteilten Magnus Gäfgen die Einreichung einer Klage beim Straßburger Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Frankfurter Polizeivizepräsident hatte Gäfgen im Oktober 2002 „erhebliche Schmerzen“ androhen lassen (vgl. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 80, S. 69-74).

21.04.: Porno-Affäre: Die Staatsanwaltschaft Gera bestätigt Ermittlungen gegen 630 Thüringer Polizisten wegen Verbreitung pornografischen Materials auf Dienstcomputern. Am 8.6. spricht die Staatsanwalt­schaft von 664 Beschuldigten, 10 Prozent des Personals der Landespolizei.

22.04.: Durchsuchung bei Atomwaffengegner: Gestützt auf eine Anordnung des Amtsgerichts (AG) Heidelberg durchsucht die Polizei das Arbeitszimmer von Hermann Theisen und beschlagnahmt 1.800 Flugblätter, in denen Soldaten aufgefordert werden, sich der „nuklearen Teilhabe“ zu verweigern. Am 29.4. spricht das LG Koblenz Theisen vom Vorwurf der „Aufforderung zu Straftaten“ frei. Am 30.5. erklärt das LG Heidelberg die Durchsuchung für rechtswidrig.

26.04.: Keine V-Leute gegen Scientology: Nach einer Entscheidung des saarländischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) darf das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Scientology nicht mehr mit „nachrichtendienstlichen Mitteln“ überwachen. Das OVG korrigierte ein Urteil des VG von 2001. (Az.: 2 R 14/03)

27.04.: Abschiebeschutz trotz Terror-Verdacht: Das VG Mainz gewährt einem indischen Sikh, der der als terroristisch eingestuften Gruppe „Babbar Khalsa“ angehört, Abschiebeschutz. Wegen seiner Religion drohe dem Mann in der Provinz Punjab Folter.

Verfassungsschutz zu rechten Straftaten: Laut Verfassungsschutzbericht Niedersachsen stieg die Zahl rechtsextremistischer Straftaten 2004 um 3,4 Prozent auf 1.306 (davon 101 Gewaltdelikte, Anstieg um 25 Prozent). Zusätzlich registrierte das LfV 521 fremdenfeindliche und antisemitische Taten (Anstieg um zehn Prozent). Laut Berliner Verfassungsschutz ist die Zahl aktiver Neonazis in der Hauptstadt um 200 auf 950 gestiegen. Die Zahl rechtsextremistischer Straftaten stieg hier von 944 auf 976. Bundesweit registrierte die Polizei 12.051 rechtsextremistische Delikte, zwölf Prozent mehr als 2003 (davon 776 Gewaltdelikte). Die Zahl aktiver Neonazis liege bei 3.800.

28.04.: Razzia gegen Wehrsportgruppe: Bei Durchsuchungen im Raum Augsburg sowie nahe Bielefeld und in Österreich hebt die Polizei mehrere Waffenlager aus und nimmt zehn Männer fest.

Anklage wegen Tätigkeit für PKK: Der Generalbundesanwalt erhebt beim Oberlandesgericht (OLG) Koblenz Anklage gegen einen 28-jäh­ri­gen Kurden, den er der Führungstätigkeit für die verbotene Kurdische Arbeiterpartei bzw. deren Nachfolgeorganisation, den Volkskongress (Kongra-Gel), beschuldigt. Er sei 2003/2004 „Gebietsleiter“ in Darmstadt und Mainz gewesen.

Mai 2005

01.05.: Berliner 1. Mai: Trotz nur geringer Sach- und Personenschäden nimmt die Polizei viele Festnahmen vor. Wegen der Auseinandersetzungen in der Walpurgisnacht ergehen 22, wegen Ereignissen am 1. Mai 44 Haftbefehle (davon 17 U-Haftbefehle und 27 Mal Haftverschonung). Schwarz uniformierte Greiftrupps des BGS sind im Einsatz. Am 13.7. verurteilt das Schöffengericht Tiergarten einen 20-jährigen Mann wegen Landfriedensbruch zu acht Monaten Jugendstrafe auf Bewährung.

Tod nach Festnahme: Ein 24-Jähriger, der laut Polizeiangaben „ohne erkennbaren Grund“ in einer Diskothek randaliert habe, wird vom Sicherheitsdienst der Disko der Polizei übergeben und kollabiert im Polizeifahrzeug. Trotz Reanimationsversuchen stirbt er in den frühen Morgenstunden in einer Klinik.

06.05.: Polizeilicher Todesschuss: Die Polizei wird wegen eines Familienstreits in ein Reihenhaus in Großenhain/Sachsen gerufen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gibt einer der Beamten im engen Treppenflur zwei Schüsse auf den offenbar angetrunkenen „brüllenden und mit zwei Messern bewaffneten Mann“ ab.

09.05.: Polizeiauto gemopst: Zwei Berliner Kripo-Beamtinnen, die an einem Lehrgang beim Bundeskriminalamt (BKA) teilnehmen, vermissen das zivile Dienstauto samt eingebautem Funkgerät.

18.05.: Drogenbericht der Bundesregierung vorgestellt: Der Bericht verzeichnet die niedrigste Zahl der „Drogentoten“ seit 2000. 1.385 Personen starben 2004 nach dem Konsum illegaler Drogen. Die Zahl der Opiatabhängigen liege bei 120.000-150.000, davon seien 60.000 in einer Substitutionsbehandlung.

20.05.: Rechtswidriger Polizeikessel: Das VG Lüneburg erklärt die nächtliche mehrstündige Einkesselung von 500 AKW-GegnerInnen beim Castor-Transport im Wendland am 12. November 2003 für unverhältnismäßig. Die Aufstellung von Polizeiketten entlang der Bahnlinie hätte ausgereicht. (Az.: 3 A 252 und 254/03)

27.05.: Anklage gegen zwei Polizisten: Wegen des Todes eines Asylsuchenden aus Guinea-Bissau, der am 7. Januar in einer Dessauer Gewahrsamszelle verbrannte, klagt die Staatsanwaltschaft Dessau zwei Polizisten der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge an. Sie hatten u.a. den Alarm des Rauchmelders ignoriert.

Keine Anklage gegen Röwekamp: Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren gegen den Bremer Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) wegen des Brechmitteleinsatzes ein, an dem am 7. Januar der 35-jährige Laye-Alama Condé aus Sierra Leone gestorben war (s. Bürgerrechte & Polizei/CILIP 80, S. 75-80).

28.05.: „Weimar gegen Intoleranz und Faschismus“: 2.000 Personen beteiligen sich an Aktionen gegen den „Thüringentag“ der „Nationalen Jugend“. Die Neonazi-Veranstaltung wird vorzeitig abgebrochen.

30.05.: Führerscheinentzug schwieriger: Der Bundesgerichtshof entscheidet im Falle eines verurteilten Drogenhändlers, dass der Führerscheinentzug als Zusatzstrafe nur in Frage komme, wenn die verurteilte Person eine Gefahr für den Straßenverkehr darstelle. (Az.: GSSt 2/04)

Juni 2005

06.06.: Linkes Wohnprojekt geräumt: Nach einer langen Auseinandersetzung mit dem neuen Eigentümer räumen vermummte und behelmte Polizisten am frühen Morgen die Yorckstraße 59 in Berlin-Kreuzberg.

09.06.: Freispruch für Mzoudi rechtskräftig: Der Bundesgerichtshof bestätigt das Urteil des OLG Hamburg. Der Marokkaner Abdelghani Mzoudi ist damit endgültig vom Vorwurf der Beihilfe zu den Attentaten des 11. Septembers 2001 entlastet. Am 21.6. reist Mzoudi freiwillig aus und kommt der trotz Freispruch beschlossenen Abschiebung durch die Hamburger Ausländerbehörde zuvor.

16.06.: Großer Lauschangriff: Der Bundestag beschließt den von SPD, Grünen und CDU/CSU im Vermittlungsausschuss erzielten Kompromiss zur Neuregelung des Großen Lauschangriffs. Der Bundesrat zieht tags darauf nach.

17.06.: Graffiti-Strafnorm: Der Bundestag segnet mit den Stimmen von SPD, CDU und der Mehrheit der Grünen eine Ergänzung des Tatbestands der Sachbeschädigung ab, die für Graffiti Haftstrafen bis zu drei Jahren vorsieht. Am 8.7. stimmt auch der Bundesrat zu.

Haftstrafen wegen Misshandlung: Wegen der schweren Misshandlung eines Punks verurteilt das LG Frankfurt/Oder drei junge Männer aus der rechten Szene zu neun bzw. zehn Jahren Haft und die zwei Mittäterinnen zu zwei Jahren auf Bewährung.

18.06.: Rechter „Heldenkult“ in Halbe (Brandenburg): 105 Neonazis, die laut Auflage des OVG Cottbus nicht näher als 300 Meter an den größten Soldatenfriedhof in Deutschland heran dürfen, und rund 800 Nazi-GegnerInnen demonstrieren – bewacht von 1.000 PolizistInnen.

28.06.: „Junge Freiheit“ und Verfassungsschutz: Laut Urteil des BVerfG widerspricht die im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht 1994 und 1995 erfolgte Bezeichnung der Rechtspostille als „rechtsextremistisch“ der Pressefreiheit. (Az.: 1 BvR 1072/01)

Holger Pfahls gesteht: Der Ex-Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz räumt vor dem LG Augsburg ein, als Rüstungsstaatssekretär 1990/91 zusammen umgerechnet 1,5 Mio. Euro Schmiergeld vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber entgegengenommen zu haben.

Juli 2005

01.07.: Bundespolizei: Der Bundesgrenzschutz heißt ab sofort Bundespolizei und trägt künftig blaue Uniformen.

Online-Demo: Das AG Frankfurt/M. verurteilt einen Aktivisten von „Libertad“ wegen Nötigung zu 90 Tagessätzen à 10 Euro. Die Organisation hatte aufgerufen, die Lufthansa-Homepage am Tag der Aktionärsversammlung mit Anfragen zu überhäufen und zu blockieren.

06.07.: Übergriffe bei Durchsuchung: In Berlin, Potsdam und Eisenhüttenstadt durchsucht die Polizei 15 Wohnungen von Angehörigen der linken Szene, teilweise ohne Anordnung. In Berlin-Kreuzberg treten SEK-Beamte Türen ein. Ein Mann wird aus dem Hochbett gerissen und fällt in die Scheiben einer zuvor zerstörten Zimmertür.

07.07.: Haft für kritischen Polizisten: Das LG Hamburg verurteilt Thomas Wüppesahl wegen versuchter Beteiligung an einem Raubmord und illegalem Waffenbesitz zu viereinhalb Jahren Haft.

08.07.: Biometrie-Pass beschlossen: Der Bundesrat billigt die Passverordnung, eine Zustimmung des Bundestages ist nicht nötig.

DNA-Analyse erweitert: Der Bundesrat genehmigt die bereits vom Bundestag beschlossene Änderung der Strafprozessordnung. DNA-Pro­ben können nun auch bei möglichen Wiederholungstätern nicht-erheb­licher Straftaten genommen werden. Bei freiwilliger Abgabe und bei Tatortspuren entfällt die richterliche Anordnung.

Informationsfreiheitsgesetz: Nach dem Bundestag stimmt auch der Bundesrat dem Einsichtsrecht der BürgerInnen in Akten von Bundesbehörden zu.

14.07.: Neonazi-Verein verboten: Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) verbietet den Strausberger Verein ANSDAPO (Alter­native Nationale Strausberger Dart Piercing und Tattoo Offensive), der sich noch vor kurzem selbst als „Kameradschaft“ bezeichnete. 21 Wohnun­gen werden durchsucht.

19.07.: Entschädigung wegen Haftbedingungen: 2.000 Euro spricht das OLG Karlsruhe einem Gefangenen zu, der während fünf Monaten
U-Haft in einer Gemeinschaftszelle mit unter neun Quadratmetern Grundfläche untergebracht war. Die „nicht gesondert entlüftete“ Toilette war nur durch einen Vorhang abgetrennt. (Az.: 12 U 300/04)

20.07.: GelöbNIX-Demo: Rund 700 Personen demonstrieren bei strömendem Regen gegen die Bundeswehr-Gelöbnisfeier im Berliner Bendlerblock. Die umliegenden Straßen sind wie im Vorjahr von 1.400 PolizistInnen sowie Feldjägern abgesperrt.

21.07.: Verfassungsschutzgesetz verfassungswidrig: Der sächsische Ver­fassungsgerichtshof erklärt den Großen Lauschangriff im Landesverfassungsschutzgesetz für verfassungswidrig. Der Gesetzgeber muss die Bestimmung bis Mitte 2006 ändern (s. S. 83 in diesem Heft).

23.07.: Schießerei mit der Polizei: In Mittelstetten bei Fürstenfeldbruck wird ein 18-Jähriger, der unerlaubt mit dem Auto seiner Mutter unterwegs ist, von mehreren Streifenwagen gestellt. Als er mit einer Handfeuerwaffe – eine Schreckschusspistole, wie sich später zeigt – auf die Beamten schießt, erwidern diese das Feuer. Der im Bauch getroffene junge Mann wird per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht.

25.07.: Guinea hilft bei Abschiebungen: Während der kommenden zwei Wochen werden Regierungsbeamte aus Guinea Conakry in einem Raum der Hamburger Ausländerbehörde abgewiesene afrikanische Asylsuchende begutachten, die ihnen die Ausländerbehörden Hamburgs, Nordrhein-Westfalens und Sachsen-Anhalts vorführen lassen. Wenn sie der Meinung sind, dass es sich um GuineerInnen handelt, können sie sofort die für die Abschiebung erforderlichen Pässe ausstellen. Die Kosten des Aufenthaltes zahlen die beteiligten deutschen Behörden.

26.07.: Asylstatistik vorgelegt: Die Zahl der Asylsuchenden ist auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Im ersten Halbjahr 2005 haben 14.428 Flüchtlinge in Deutschland um Asyl ersucht, 23 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. 24.624 Anträge bearbeitete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im ersten Halbjahr, 250 Personen wurden als asylberechtigt anerkannt, 1.244 erhielten Abschiebeschutz.

27.07.: BVerfG zur präventiven Telefonüberwachung: Die im niedersächsischen Polizeigesetz enthaltene Befugnis der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) zum Zwecke der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten ist verfassungswidrig. Der Bund habe die TKÜ zur Strafverfolgung abschließend geregelt, der Landesgesetzgeber habe daher keine Kompetenzen für Regelungen zur „Vorsorge für künftige Strafverfolgung“. Das BVerfG fordert erneut einen besonderen Schutz des Kernbereichs der Intimsphäre. (Az.: 1 BvR 668/04)

28.07.: Geiselnahme unblutig beendet: Ein Mobiles Einsatzkommando stürmt eine Hamburger Bank, in der ein 29-jähriger Bankräuber zunächst zwei Frauen in seiner Gewalt hatte. Der mit einer ungeladenen Gaspistole bewaffnete Mann leistet bei der Festnahme keinen Widerstand.

Neonazi-Parole nicht strafbar: Der Bundesgerichtshof spricht drei Mitglieder der „Kameradschaft Karlsruhe“ rechtskräftig frei. Die von ihnen auf einem Anrufbeantworter verwendete Parole „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ sei nicht mit dem Original („Unsere Ehre heißt Treue“ bzw. „Blut und Ehre“) verwechselbar und deshalb kein verbotenes „nationalsozialistisches Kennzeichen“ im Sinne des § 86a StGB. „Nationalsozialistisch klingende“ Parolen seien nicht strafbar. (Az.: 3StR 60/05)

Dresdner Bombenleger verurteilt: Zu zwölf Jahren Haft verurteilt das LG Dresden einen 64-Jährigen, der am 6.6.2003 eine Bombe in einem Koffer auf dem Dresdner Bahnhof platziert hatte, um die Deutsche Bank zu erpressen. Der Angeklagte insistierte bis zum Schluss, dass die Bombe nicht scharf gewesen sei.

31.07.: „Gendreck weg“: Unter diesem Motto versuchen 300 UmweltaktivistInnen eine „Feldbefreiung“. Sie wollen den Monsanto-Genmais auf dem Feld eines Großbauern in Hohenstein (Brandenburg) ausreißen. Dies gelingt nur ansatzweise, weil sich ein Aufgebot von 280 PolizistInnen samt Reiter- und Hundestaffel in den Weg stellt. 58 Demonstrierende werden festgenommen.