„SIS one4all“

Dank der Kompromissbereitschaft des Parlaments sind zwar die Rechtsgrundlagen für das SIS II pünktlich zustande gekommen. Die Pläne für seine Einführung und damit zusammenhängend für die Aufhebung der Kontrollen an den Grenzen zu und zwischen den im Jahre 2004 der EU beigetretenen Staaten können jedoch trotzdem nicht gehalten werden. Auf seiner Tagung am 4. und 5. Dezember 2006 beschloss der Rat der Innen- und Justizminister nun eine Zwischenlösung: Um die Aufhebung der Grenzkontrollen nicht übermäßig hinauszuschieben, sollen die neuen Mitgliedstaaten vorerst an das bestehende SIS angeschlossen werden.[1]

Nach der ursprünglichen Planung hätte das SIS II im März 2007 betriebsbereit sein und nach einer Evaluationsphase Ende Oktober 2007 – zeitgleich mit der Aufhebung der Binnengrenzkontrollen – ans Netz gehen sollen. Schon seit Monaten waren Verzögerungen offensichtlich. Rechtsstreitigkeiten über die Auftragsvergabe für das neue System führten dazu, dass die Kommission die Arbeiten zeitweilig einstellen musste. Hinzu kamen technische Probleme mit der Kommunikationsinfrastruktur für das SIS II.

Im Oktober präsentierte das portugiesische Innenministerium eine Durchführbarkeitsstudie für eine erneute Ausdehnung des bestehenden Systems unter dem Titel „SIS one4all“.[2] Danach soll das SIS I wie schon beim Anschluss der nordischen Staaten im Jahre 1998 erneut aufgerüstet werden. Diese technischen Voraussetzungen will der Rat bis Juni 2007 geschaffen haben. Ab Januar 2008 sollen dann die Kontrollen an den Land- und Seegrenzen fallen. Ab Ende März soll dasselbe für die EU-Binnenflüge gelten. Voraussetzung bleibt jedoch, dass die nicht mehr ganz so neuen EU-Staaten in der Evaluationsphase in der zweiten Jahreshälfte 2007 beweisen, dass sie den Schengener Besitzstand voll und ganz umsetzen und d.h. vor allem die Außengrenzen der EU nach dem bekannten rigiden Muster kontrollieren können.

Die Ausdehnung des SIS I sei eine einfache und günstige Variante, behauptet das portugiesische Innenministerium. Die Aufrüstung der zentralen Infrastruktur (C.SIS) wird rund sechs Millionen Euro kosten. Das bestehende SIS wird jedoch nicht aus dem EU-Haushalt, sondern noch von den Mitgliedstaaten finanziert. Die neuen Schengen-Staaten müssen sich beteiligen. Sie haben nicht nur ihre Anteile am C.SIS, sondern darüber hinaus auch ihre nationalen SIS-Komponenten zu zahlen. Der Preis für die im Schengener Rahmen ohnehin nur begrenzte Aufhebung der Kontrollen wird für sie daher erheblich höher sein, als für die alten Mitgliedstaaten.

Die Einführung des SIS II wird sich durch die Zwischenlösung weiter verzögern. Inoffiziell ist nun von einem Termin im Jahre 2009 die Rede.[3]

(Heiner Busch)

[1]      Schlussfolgerungen des Rates über die Erweiterung des Schengen-Raumes, Ratsdok. 15801/06 v. 4./5.12.2006, S. 13-16
[2]     Ratsdok. 13540/06 v. 12.10.2006
[3]     www.networld.at/articles/0649/15/15498.shtml/print