Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 11. November 2009 zwei DemonstrationsbeobachterInnen ein Recht auf Schmerzensgeld zugesprochen.[1] Helga Dieter und Ulrich Billerbeck waren anlässlich der Castor-Transporte im Herbst 2001 für das Komitee für Grundrechte und Demokratie im Wendland unterwegs. Außerhalb der Demonstrationsverbotszone waren sie aus ihrem Auto heraus in „Unterbindungsgewahrsam“ genommen und mehrere Stunden unter unzumutbaren Bedingungen festgehalten worden. Im März 2007 stellte das Amtsgericht Uelzen die Rechtswidrigkeit der Freiheitsentziehung fest. Sowohl das Landgericht Lüneburg als auch das Oberlandesgericht Celle wiesen jedoch in der Folge die Amtshaftungsklage der Komitee-AktivistInnen ab. Die „maßgebliche Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion“ sei „bereits durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme“ erfüllt.
Das BVerfG belehrt die niedersächsischen Gerichte nun eines Besseren: Der „Schutzauftrag des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes“ gebiete einen „Anspruch auf Ausgleich des immateriellen Schadens“, umso mehr in Fällen des illegalen Freiheitsentzugs. Auch die Bedingungen des Gewahrsams seien allzu oberflächlich als bei Großeinsätzen unvermeidbar gerechtfertigt worden.
„Zu beanstanden ist weiter, dass das Oberlandesgericht in der mindestens zehnstündigen Festsetzung der Beschwerdeführer keine nachhaltige Beeinträchtigung gesehen hat, ohne die abschreckende Wirkung zu erwägen, die einer derartigen Behandlung für den künftigen Gebrauch grundrechtlich garantierter Freiheiten – namentlich die durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Teilnahme an Demonstrationen oder deren von Art. 2 Abs. 1 GG (dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, E.S.) umfasste Beobachtung – zukommen konnte und die der Rechtsbeeinträchtigung ein besonderes Gewicht verleihen kann.“ Über die Höhe des Schadensersatzes muss nun erneut das Landgericht Lüneburg entscheiden. Die beiden Demo-BeobachterInnen hatten nur 500 bzw. 2.000 Euro verlangt.
(Elke Steven)