Videoüberwachung von Demonstrationen

Gleich drei neuere Gerichtsentscheidungen beschäftigen sich mit der Zulässigkeit der Kameraüberwachung von Versammlungen. Bereits am 21. August 2009 stellte das Verwaltungsgericht Münster fest, dass die polizeiliche Videobeobachtung einer friedlichen Demonstration rechtswidrig war.[1] Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bestätigte diese Entscheidung in einem Beschluss vom 23. November 2010.[2] Am 5. Juli 2010 kam das Verwaltungsgericht Berlin zu einem nach Argumentation und Ergebnis ähnlichen Urteil.[3]

Alle drei Gerichte stellen fest, dass die Beobachtung einer Versammlung durch die Polizei mit Hilfe von Kameras sowohl einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit als auch die informationelle Selbstbestimmung darstellt. Allein die Anfertigung von Übersichtsaufzeichnungen verbunden mit der technischen Möglichkeit des gezielten Heranzoomens einzelner Versammlungsteilnehmer könne zu einem Gefühl des Überwachtwerdens und damit zu einem Einschüchterungseffekt führen, der potentielle VersammlungsteilnehmerInnen in ihrer inneren Versammlungsfreiheit beeinträchtigen, im schlimmsten Fall sogar von der Teilnahme an einer Versammlung abhalten könne. Für einen solchen Grundrechtseingriff bedürfe es einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, die jedenfalls im Falle einer friedlichen Versammlung nicht durch das Versammlungsgesetz gegeben sei.

Nun könnte befürchtet werden, dass es die Bundesländer, auf die durch die Föderalismusreform die Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Versammlungsrechts übergegangen ist, in der Hand haben, durch den schlichten Erlass von gesetzlichen Regelungen die umfassende anlasslose Datenerhebung bei Demonstrationen zu ermöglichen. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in seiner einstweiligen Anordnung vom 17. Februar 2009 zum Bayerischen Versammlungsgesetz festgestellt, dass eine solche Regelung einen schweren Grundrechtseingriff darstellt und die entsprechenden bayerischen Normen deshalb vorläufig außer Kraft gesetzt.[4] Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

(Angela Furmaniak)

[1]      Verwaltungsgericht (VG) Münster: Urteil v. 21.8.2009, 1 K 1403/08
[2]     Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 23.11.2010, 5 A 2288/09
[3]     VG Berlin: Urteil v. 5.7.2010, 1 K 905.09
[4]     Bundesverfassungsgericht: Beschluss v. 17.2.2009, Az.: 1 BvR 2492/08