Polizeiliche Todesschüsse 2012

von Otto Diederichs

PolizistInnen haben im vergangenen Jahr 36 mal auf Personen geschossen. Acht Menschen wurden dabei getötet und zwanzig verletzt. Dies geht aus der Schusswaffengebrauchsstatistik der Innenministerkonferenz hervor, die der Redaktion vorliegt.[1]

Die Zahl der Schüsse auf Personen liegt damit exakt gleich hoch wie 2011, die der Opfer hat sich leicht erhöht (2011: 6 Tote, 15 Verletzte). Zwei Schüsse auf Menschen werden offiziell als „unzulässig“ qualifiziert.

Wie die Statistik weiter zeigt, gaben PolizistInnen im Jahre 2012 insgesamt 10.353 Schüsse (2011: 8.936) ab. Zugenommen hat dabei jedoch lediglich der Schusswaffengebrauch zur Tötung gefährlicher, kranker oder verletzter Tiere. Nahezu gleich geblieben ist dagegen die Zahl der Warnschüsse (2012: 54; 2011: 49).

Um die Hälfte zurückgegangen ist der Schusswaffengebrauch gegen Sachen (2012: 14; 2011: 30). Hinter dieser schönfärberischen Bezeichnung der Polizeistatistiker steckt nicht selten die Schussabgabe auf Fahrzeuge – etwa um eine Flucht zu verhindern. Die Grenze zum Einsatz von Waffengewalt gegen Personen ist also nur hauchdünn. Der Rückgang der Fallzahlen ist daher sehr zu begrüßen, auch wenn sich daraus kein Trend ablesen lässt.

Das polizeiliche Gegenüber

Bei der Auswertung der Fälle mit Todesfolge ist nicht zu übersehen, dass alle acht Erschossenen in irgendeiner Form bewaffnet waren und die Beamten zuvor bedroht oder angegriffen hatten. In zwei Fällen wurden Polizisten dabei verletzt, einer schwer (Fall 5).

Weiterhin ist auffällig, dass in nahezu allen Fällen die Personen psychisch erkrankt waren oder sich in psychischen Ausnahmesituationen befanden (betrunken, Fall 7; Suizidabsicht, Fall 8). Die sich aus Letzterem ergebende Frage, ob PolizistInnen für solche Situationen noch richtig ausgebildet oder durch Arbeitsüberlastung infolge von stetigem Personalabbau in stressigen (Routine-)Situationen schlicht überfordert sind, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden.

Ermittlungen eingestellt

Im Fall des Ende Februar im hessischen Maintal erschossenen Mannes (Fall 1) hat die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren gegen die beiden Polizisten sechs Wochen nach der Eröffnung wieder eingestellt. Zur Begründung heißt es, trotz der insgesamt neun abgegebenen Schüsse hätten die Beamten in „Nothilfe“ gehandelt, um einen Kollegen zu schützen.[2]

Ähnlich im Fall des Anfang November in Singen (Baden-Württem­berg) getöteten Betrunkenen (Fall 7): Hier wurde das Verfahren Anfang 2013 eingestellt, da den Beamten „kein Sorgfaltspflichtverstoß“ vorgeworfen werden könne, da sie sich „im Rahmen des Einsatzes fehlerfrei“ verhalten hätten.[3]

Für das Jahr 2011 ist der Ausgang des Ermittlungsverfahrens im Fall der in einem Frankfurter JobCenter getöteten Frau nachzutragen.[4] Sie hatte einen Polizisten mit einem Messer schwer verletzt und war von dessen Kollegin erschossen worden. Anfang 2013 wurde auch dieses Verfahren aus Notwehrgründen eingestellt.[5]

[1]   Statistik 2012 v. 7.5.2013, Statistik 2011 v. 2.5.2012; siehe Diederichs, O.: Polizeiliche Todesschüsse 2011, in: Bürgerrechte & Polizei/CILIP 101-102 (1-2/2012), S. 93-97
[2]   Frankfurter Rundschau online v. 11.4.2012
[3]   see-online.info v. 02.01.2013
[4]   siehe Diederichs a.a.O (Fn. 1), S. 96, Fall 1
[5]   Frankfurter Rundschau online v. 13.2.2013