von Konstanze Fritsch
Die „Clearingstelle – Netzwerke zur Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz“ ist ein von der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft finanziertes Projekt, das bereits seit 1994 an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Polizei arbeitet.
Die originäre Aufgabe der Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei bei ihrer Gründung war es, zwischen den MitarbeiterInnen der Jugendhilfe und der Polizei den Dialog anzuregen und zu institutionalisieren.[1] Dadurch sollte erreicht werden, dass Aktivitäten und Ansätze der Jugendhilfe im schwierigen Arbeitsfeld mit devianten Jugendlichen nicht durch polizeiliche Maßnahmen konterkariert wurden und beide Berufsgruppen effektive Strategien der Gewaltprävention entwickeln konnten. Die sich verändernden strukturellen Bedingungen in der Präventionslandschaft und eine verstärkte Kooperationsbereitschaft der Akteure führte zu einer Erweiterung der Zielgruppen, so dass neben der Polizei seit Beginn der 2000er Jahre auch Schule und Justiz vermehrt eine Rolle in der Projektarbeit spielen. Wegen dieser Erweiterungen wurde 2012 aus der Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei die „Clearingstelle – Netzwerke zur Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz“. Der folgende Text konzentriert sich auf die Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Polizei.[2]
In den 1990er Jahren berichteten PolizeibeamtInnen immer wieder von SozialarbeiterInnen, die den Raum verließen, wenn die Polizei eintrat. Dies ist schon lange nicht mehr so. Zwar gibt es weiterhin Felder der Sozialen Arbeit, die hochsensibel sind und in denen eine Zusammenarbeit nicht nur nicht zielführend ist, sondern sogar dem pädagogischen Prozess widerspricht, aber insgesamt ist „Kooperation“ ein beliebtes Thema. Dies hat mehrere Gründe: Sie verspricht neben der Verringerung der Kosten auch eine Reduzierung der Arbeitsbelastungen der einzelnen Berufsgruppen. Nicht zufriedenstellende Wirksamkeit des eigenen Berufsstandes soll durch andere Berufsgruppen oder durch gemeinsame Anstrengungen mit diesen ausgeglichen werden. Dabei unterscheiden sich Jugendhilfe und Polizei im Hinblick auf die von ihnen verfolgten Ziele und angewandten Verfahren; die Institutionen funktionieren nach anderen Regeln, ihre sachlichen und räumlichen Zuständigkeiten stimmen häufig nicht überein, der Umgang mit personenbezogenen Daten folgt anderen Gesetzen etc. Die jeweiligen „Systeme“ sind für Berufsfremde nur schwer nachvollziehbar, zugleich ist offenkundig, dass sie vielfach nicht zueinander passen. Deshalb soll der fachliche Diskurs zwischen den Professionen Gelegenheit bieten, über den eigenen Tellerrand zu blicken und von den anderen Sichtweisen zu profitieren. Die wesentlichen Rechtsgrundlagen, institutionellen Arbeitsstrukturen, Ziele und Methoden der Arbeit der jeweils anderen Berufsgruppe zu kennen, bildet die Basis, um in einem zweiten Schritt die Aufgaben und Kompetenzen der anderen Profession zu akzeptieren. Wer sich auf einen solchen Dialog einlässt, wird zunächst klären müssen, ob die KooperationspartnerInnen ein gemeinsames Ziel haben oder nicht, und wer was mit welchen Mitteln wozu beitragen kann. Das verlangt häufig spezifische Anforderungen an die Beteiligten – als Einzelpersonen, aber auch als Angehörige von Institutionen.
Unterstützung bei der Konfliktlösung
Eine der vorrangigen Aufgaben des ursprünglichen Konzepts war es, in Konfliktsituationen als Vermittlerin zwischen Einrichtungen der Jugendhilfe und der Polizei aktiv zu werden und mit den Beteiligten Problemlösungen zu erarbeiten. Das Konfliktpotenzial im Schnittstellenbereich war so groß, dass eine professionelle, dem Prinzip der Neutralität verpflichtete Vermittlung hilfreich, wenn nicht sogar unabdingbar erschien. Bei der Konfliktbearbeitung werden bis heute verschiedene Methoden der Gesprächsführung, der Moderation und insbesondere der Mediation angewendet. Dieses Angebot der Clearingstelle ist in Deutschland immer noch einmalig. Meist geht es hierbei um Situationen, in denen eine Berufsgruppe mit dem Verhalten oder Vorgehen der anderen unzufrieden ist, gleichzeitig aber Interesse an einer Lösung hat. Obwohl die getroffenen Absprachen nicht rechtsverbindlich sind, zeigt die Praxis der Clearingstelle, dass diese ein hohes Maß an informeller Verbindlichkeit haben. Aus Erfahrung besteht das Bedürfnis nach Klärung von bestimmten Situationen gleichermaßen bei Polizei und Sozialarbeit. Zwei typische Beispiele für diese Vermittlungsarbeit:
Beispiel 1: Anlass für die Einbeziehung der Clearingstelle war die Kontrolle der Personalien von 43 Jugendlichen vor einem Jugendclub, die die „Operative Gruppe Jugendgewalt“ (OGJ) zusammen mit dem zuständigen Polizeiabschnitt vorgenommen hatte. Dem vorausgegangen war ein Hinweis auf eine geplante Schlägerei zwischen zwei Gruppen Jugendlicher, die am selben Tag stattfinden sollte und von der Polizei als ernst zu nehmend eingestuft wurde. Ein Polizeibeamter ging während der Maßnahme in den Club, um die Mitarbeiterinnen darüber zu informieren. Dabei zeigte sich, dass die Sozialarbeiterin von der geplanten Schlägerei bereits seit dem Vortag wusste, diese aber nicht ernst genommen und daher auch nicht die Polizei informiert hatte. Nach Aussage des Polizeibeamten zeigte sie keine Einsicht hinsichtlich des Gefahrenpotenzials, das von einer so großen Gruppe Jugendlicher auf der Straße ausging, sondern war der Auffassung, dass die Jugendlichen lediglich auf die Öffnung des Jugendclubs warteten. Die Parteien einigten sich durch die Vermittlung der Clearingstelle auf folgende Vorgehensweisen: Beide Seiten wollen sich zukünftig gegenseitig früher über (mögliche) Vorfälle informieren: Der Jugendclub benachrichtigt die Polizei auch dann, wenn die Notwendigkeit nicht unbedingt ersichtlich ist (nach dem Prinzip: Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig!). Die OGJ informiert den Jugendclub vor Beginn polizeilicher Maßnahmen. Zudem wird die OGJ im Jugendclub eine Informationsveranstaltung für Kinder und Jugendliche zu Themen wie Waffen, Gewalt, Jacken „abziehen” anbieten.
Beispiel 2: Der Vater einer durch eine Straftat geschädigten Jugendlichen sah den vermeintlichen Täter in einen Jugendclub gehen und rief die Polizei. Die Beamten gingen dem Jugendlichen nach, um ihn festzunehmen. Die Polizisten gaben sich nicht sofort als solche zu erkennen, was zu Verwirrung und Unruhe innerhalb des Jugendclubs führte. Ein Teil der Jugendlichen fühlte sich provoziert und reagierte aggressiv auf die Polizeibeamten. Es kam zu Rangeleien, weshalb die Polizei einige Jugendliche mehr als eine Stunde festhielt. Darüber hinaus wurden die Personalien von allen Jugendlichen aufgenommen, obwohl sich der Verdacht nur gegen einzelne richtete. Nach diesem Vorfall kamen mehrere Jugendliche nicht mehr in den Jugendclub. Damit wurden sie für die Soziale Arbeit unerreichbar. Die MitarbeiterInnen der Einrichtung wünschten sich von den PolizeibeamtInnen ein differenzierteres, transparenteres und diskreteres Vorgehen, damit eine Eskalation und damit verbundene negative Folgen für den Club zukünftig in ähnlichen Situationen vermieden würden. Um das zu erreichen, erbaten sie ein Gespräch mit den PolizistInnen des zuständigen Polizeiabschnitts unter der neutralen Moderation der Clearingstelle. In diesem Gespräch wurden verschiedene Punkte vereinbart, u.a. dass bei einem Einsatz in der Einrichtung mindestens einE PolizistIn sofort Kontakt zu den SozialarbeiterInnen aufnimmt, um die Vorgehensweise zu erklären.
Die „Clearingstelle – Netzwerke zur Prävention von Kinder- und Jugenddelinquenz“ bietet auch heute noch Unterstützung bei der Konfliktbearbeitung an. Die auftretenden Fälle entsprechen von der Art der Konflikte den damaligen. Allerdings ist deren Zahl deutlich gesunken, so dass maximal ein bis zwei Fälle im Jahr bearbeitet werden. Erfahrungsgemäß kennen sich die Beteiligten untereinander aus anderen Kooperationszusammenhängen (wie Arbeitskreisen oder Präventionsveranstaltungen) und können so Schwierigkeiten leichter direkt miteinander diskutieren.
Arbeitsprinzipien
Alle Angebote der Clearingstelle sind darauf ausgerichtet, die nach Unterstützung Suchenden in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu fördern und zu fordern. Die Arbeit der Clearingstelle kann nur dann erfolgreich sein, wenn das Projekt als von allen Seiten akzeptierte Einrichtung anerkannt wird. Um dies zu garantieren, arbeitet die Clearingstelle nach bestimmten Prinzipien, die ihr praktisches Handeln bestimmen:
- Neutralität: Seit Beginn des Projektes ist Neutralität das wichtigste Arbeitsprinzip der Clearingstelle. Die Clearingstelle folgt weder dem sozialarbeiterischen Grundsatz der Parteilichkeit, noch dient sie der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr. Diese Haltung sichert dem Projekt die Akzeptanz aller Berufsbereiche, ohne die die Zielsetzung gefährdet wäre.
- Transparenz: In allen Prozessverläufen legt die Clearingstelle den Beteiligten ihre bisherigen und beabsichtigten Arbeitsschritte offen und stimmt sie mit ihnen ab.
- Vertraulichkeit: Die MitarbeiterInnen der Clearingstelle sichern allen AdressatInnen ihrer Arbeit einen vertraulichen Umgang mit sensiblen Informationen zu.
- Beteiligung: Die Clearingstelle bezieht in allen Arbeitsbereichen die spezifischen Interessen der AdressatInnen ein. Für die Nachhaltigkeit ist es unabdingbar, dass die Beteiligten aktiv an den Lösungen für ihre spezifischen Problemlagen arbeiten und so die Entwicklung von Lösungsmodellen unterstützen und mittragen.
- Ganzheitlichkeit: Unterstützungsangebote der Clearingstelle sollen stets die Gesamtheit des Problems erfassen, denn die meisten Themen zeichnen sich durch die Vielschichtigkeit von Ursachen und Wirkungen aus. Zur Erfassung der systemischen Voraussetzungen und Bedarfe werden in jedem Fall die Entstehungszusammenhänge des Unterstützungsbedarfs, das Selbstverständnis der BeraterInnen, die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit sowie die Ziele des Prozesses und die Erfolgskriterien geklärt.
- Bedarfs-, Ressourcen- und Ergebnisorientierung: Lösungen setzen an den Alltagsverhältnissen und den subjektiven Erfahrungen, Handlungs- und Deutungsmustern der AdressatInnen an. Deren Beachtung und die Einbeziehung der Ressourcen der Beteiligten sind Voraussetzung für eine Stärkung ihrer Eigenverantwortung und Teilhabemöglichkeit.
Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen
Mit dem Willen und der Erfordernis zur Kooperation wuchs das Bedürfnis nach Wissenserweiterung. Schon im ersten Konzept war durch eine Befragung von MitarbeiterInnen der Sozialarbeit und der Polizei deutlich geworden, dass Kenntnisse über die jeweils andere Berufsgruppe fehlten. Dies war grundlegend für die Angebote zur Fort- und Weiterbildung..[3]
Die Clearingstelle hat in den letzten Jahren Veranstaltungsformate entwickelt, die berufsgruppenübergreifende Fragestellungen aufnehmen. Dies sind auf der einen Seite Inhalte, die sich auf Fachtagen und Diskussionsveranstaltungen mit der Kooperation untereinander beschäftigen (wie z.B. Datenschutz und Informationsweitergabe). Auf der anderen Seite handelt es sich um Themen, mit denen sich die unterschiedlichen Professionen zugleich beschäftigen (Cybermobbing etc.). Alle diese Veranstaltungen werden interdisziplinär durchgeführt, so dass Zeit für Diskussion und persönliches Kennenlernen bleibt. Ziel ist, nicht nur Wissenslücken zu schließen, sondern vorhandene Vorurteile und starre Rollenvorstellungen, „wie SozialarbeiterInnen und PolizistInnen eben so sind“, abzubauen.
Vor einigen Jahren konnte die Clearingstelle ihre Angebote in die Ausbildungen der Berliner Hochschulen integrieren. So führen die MitarbeiterInnen Seminare an der Hochschule für Wirtschaft und Recht im Studiengang Polizei und Sicherheitsmanagement sowie an den drei Berliner Hochschulen für Soziale Arbeit durch. Ziel ist es, die Studierenden schon vor dem Eintritt ins Berufsleben auf die Sensibilität der Schnittstelle vorzubereiten. Inhalte sind neben den rechtlichen Grundlagen und Handlungsmaximen der jeweils anderen Berufsgruppe auch die Auswirkungen von Legalitätsprinzip bzw. Vertrauensschutzprinzip auf die eigene Arbeit. Dabei geht es nicht darum, „richtiges“ Verhalten zu postulieren, vielmehr soll eine differenzierte Auseinandersetzung über das berufliche Selbstverständnis in sozialarbeiterisch-polizeilichen Überschneidungskonstellationen angeregt werden.
Darüber hinaus bietet die Clearingstelle die Möglichkeit, für einzelne Gruppen von Professionellen spezifische In-House-Angebote zu entwickeln, die auf bestimmte Probleme der AdressatInnen zugeschnitten sind. Das können sozialräumlich bedeutsame Fragestellungen oder die Themen bestimmter Netzwerke sein.
Begleitung bei der Netzwerkarbeit
Die Clearingstelle berät und begleitet ihre AdressatInnen auch beim Aufbau und bei der Veränderung von Netzwerk- und Kooperationsstrukturen. Dazu gehört die Analyse der Schnittstellen von der Jugendhilfe zu den anderen Arbeitsbereichen mit der Zielstellung, Prozessabläufe zu optimieren.
Um junge Menschen dabei zu unterstützen, eine eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit zu entwickeln und einer möglichen sich verfestigenden Delinquenz vorzubeugen, ist das Zusammenwirken verschiedener Institutionen – in erster Linie Jugendhilfe, Schule, Polizei und Justiz – notwendig. Aktuell wird die Zusammenarbeit zwischen diesen Institutionen in einer vergleichenden Schnittstellenanalyse von der Clearingstelle erfasst. Dabei steht das praktische Handeln vor Ort im Fokus. Exemplarisch werden die Kommunikationsflüsse der beteiligten Akteure untereinander rekonstruiert. In der noch laufenden Aktenauswertung wurde bereits jetzt deutlich, dass die Schulen bei Delinquenz von SchülerInnen eher den Weg über die Polizei gehen als sich an das Jugendamt zu wenden – auch dann, wenn die SchülerInnen noch strafunmündig sind. Dabei zeigt sich, dass bestimmte Maßnahmen widersprüchlich sind. Beispielsweise erteilt die Polizei ein Hausverbot für die Schule, während gleichzeitig die Ordnungsmaßnahmen der Schule den Schulbesuch sicherstellen sollen. Auch wenn die Verfahren im Einzelfall von den handelnden Personen abhängig sind, so zeigt die Schnittstellenanalyse mögliche Hemmnisse der Kooperation – im praktischen Handeln der Personen vor Ort oder in der Formulierung institutioneller Handlungsempfehlungen. Angestrebt wird durch die Arbeit der Clearingstelle eine verbesserte Kooperation der beteiligten Institutionen innerhalb ihrer gesetzlichen Aufträge.
Fallkonferenzen
Im Bereich der Kinder- und Jugenddelinquenz wird seit einigen Jahren in allen Bundesländern behördenübergreifendend zusammengearbeitet. Zuerst in Hessen und Hamburg, dann auch in anderen Bundesländern wurden so genannte Fallkonferenzen durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein (regelmäßig) tagendes Gremium, das mit VertreterInnen mehrerer Institutionen (immer: Polizei, Schule, Jugendhilfe, manchmal auch Staatsanwaltschaft, Jugendgericht u.a.) besetzt ist, die sich einzelfallbezogen über kindliche bzw. jugendliche MehrfachstraftäterInnen austauschen und Maßnahmen verabreden. Es sind immer Sitzungen außerhalb der Hilfeplanung nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (§ 36 SGB VIII).
In Berlin war eine sehr uneinheitliche Praxis festzustellen: In einigen Bezirken gab es grundsätzlich keine Fallkonferenzen, in anderen wurden sie – wenn auch sporadisch – praktiziert. Angesichts der uneinheitlichen Praxis im Land Berlin ergab sich die Notwendigkeit, einheitliche und verbindliche Verfahrensweisen festzulegen. Im Rundschreiben 3/2004 der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport[4] wurden bereits „Aufgaben der Jugendhilfe im Rahmen der Prävention krimineller Karrieren und beim sachgerechten Umgang mit jungen Intensivtätern“ beschrieben, so z.B. die Empfehlungen zur Gründung von Präventionsräten zur Verminderung von Kinder- und Jugenddelinquenz oder Regelungen von Verfahren zur Meldung von Intensiv- und SchwellentäterInnen von der Polizei an die Jugendhilfe.
Brauchte das Land Berlin ein weiteres Instrument zu diesem Thema? Mit der Bearbeitung dieser Frage wurde die „Ressortübergreifende Arbeitsgruppe Kinder- und Jugenddelinquenz“ unter Federführung der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung beauftragt. VertreterInnen des Beauftragten für Informationsfreiheit und Datenschutz waren aktiv in den Prozess eingebunden. Besonders deutlich wurde in diesem Prozess, dass die Vorgehensweise der Berliner Bezirke (auch im Kontakt zu der Polizei) sehr unterschiedlich war. Dies fiel besonders dort auf, wo mehrere Bezirke in den Bereich einer Polizeidirektion fallen. Durch das Rundschreiben 5/2011 der Senatsverwaltung wurden die Aufgabenstellungen der beteiligten Stellen konkretisiert; Fallkonferenzen wurden abgelehnt.[5]
Jugendhilfe im Strafverfahren
Im Sommer 2009 stellte die Arbeitsgemeinschaft Berliner Öffentliche Jugendhilfe (AG BÖJ) den Bedarf nach der Entwicklung einheitlicher Standards für die Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe (JGH) fest. Auf dieser Grundlage beauftragte die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung die Clearingstelle, den Fachaustausch der JGH-KoordinatorInnen der Bezirke über die „Zusammenarbeit der Jugendhilfe im Strafverfahren mit der Polizei“ zu begleiten und dabei den Fokus ausdrücklich nicht ausschließlich auf die Zielgruppe der Intensiv- und MehrfachtäterInnen zu richten. Die seit 2010 vorliegenden „Standards in den Arbeitsbeziehungen von der Jugendhilfe im Strafverfahren zu der Polizei“ waren das Ergebnis eines von vielen Anregungen und Abstimmungen geprägten intensiven Fachaustauschs. Sie sollen die SozialarbeiterInnen der Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützen und ggf. auch die Einarbeitung neuer MitarbeiterInnen erleichtern.[6]
Die hier erprobte Vorgehensweise wurde ab 2012 auf die Beziehungen zwischen der Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe (JGH) und der Jugendarrestanstalt sowie zu den für den Jugendvollzug zuständigen Haftanstalten in Berlin übertragen. Seit 2014 sind auch Standards für diesen Bereich festgeschrieben.[7] Als abgestimmte, berlin-einheitliche Fachstandards leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsentwicklung und -sicherung der Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe (JGH).
Folgen – Erfolge
In den zwei Jahrzehnten ihres Bestehens hat sich die Arbeit der Clearingstelle gewandelt. Einige der ursprünglichen Instrumente wurden weiterentwickelt (Fortbildungen), andere eingeführt (gegenseitige Hospitationen zwischen Polizei und Sozialarbeit) und wieder andere wurden eingestellt (bestimmte Arbeitskreise). Die Clearingstelle ist zu einem festen Bestandteil der institutionellen Strukturen im Feld von Jugendhilfe und Jugenddelinquenz in Berlin geworden. Dabei ist die Vermittlung in einzelnen Konfliktfällen zurückgetreten gegenüber der Entwicklung von Strukturen und der Moderation in der Entwicklung fachlicher Standards für die Überschneidungsfelder von Jugendsozialarbeit mit polizeilichen und strafjustiziellen Belangen. Als neutraler Akteur verschafft die Clearingstelle allen Beteiligten ein Verfahren, in dem ihre Interessen gehört und, wenn möglich, Berücksichtigung finden können.